„Wir sind betrogen worden!“

Diakonisches Werk der EKD e.V. für die Aktion „Brot für die Welt“, Februar 2009

Auszug aus der Studie „Energie vom Acker“

Bericht aus der indonesischen Wirklichkeit

Energie_vom_AckerYohanes hat heute nichts mehr. Seine Heimat, das Dorf Boro im Distrikt Sanggau in der indonesischen Provinz West-Kalimantan, wurde schon vor mehr als zwanzig Jahren vom Palmölboom erfasst. Der 70-Jährige erzählt, was das für die Menschen und ihre Umwelt bedeutete. „Wir sind zu bloßen Zuschauern degradiert, wie die Palmölindustrie unseren Wald zerstört.“ beginnt Yohanes seinen Bericht über zwanzig Jahre Erfahrung mit Palmöl. Er gehört zur Volksgruppe der Dayak. „1985 kam die erste Firma in unser Dorf. Damals war ich Dorfvorsteher und hatte das meiste Land. Fünf Hektar davon waren bepflanzt, mit Gummibäumen und Trockenreis. Der Rest war Wald. Jede Familie musste Land abgeben, ohne Entschädigung. Im Gegenzug sollten wir Palmölbauern werden.“

Yohanes war damals froh über die Möglichkeit, mit Palmöl Geld verdienen zu können. Vertraglich wurde zwischen der Firma PTPN XIII und ihm vereinbart, dass das Unternehmen allen Bauern nach vier Jahren ein Stück Land zurückgibt, urbar macht und mit Ölpalmen bepflanzt. Aber, so Yohanes, „die Versprechungen wurden nie eingehalten. Nur zwei Bauern bekamen Land, auf Kredit. Wir anderen wurden nie Palmölbauern, wir bekamen auch keine Arbeit auf der Plantage. Stattdessen wurden wir von Jahr zu Jahr ärmer, unser Überleben wurde immer schwieriger.“

Protest einzulegen wagten die Bauern während der Suhartodiktatur nicht, auch 1995 nicht, als das zweite Unternehmen ihnen Land abnahm. Das malaysische Unternehmen „Ganda Prima legte eine Großplantage über zwei Landkreise an. Neunzehn Dayak-Siedlungen wurden einfach ausradiert. Auf dem Papier existieren wir nicht mehr! Auf der Karte steht: Staatsland. Unsere traditionellen Landrechte gelten nicht.“

Die Dayak mussten den Wald unentgeltlich abgeben, in der Regel sieben bis zehn Hektar. Das Unternehmen legte eine Kernplantage an und sollte laut Vertrag den Bauern nach 48 Monaten zwei Hektar mit Ölpalmen bepflanzt übergeben, so genannte Plasmaplantagen, für die sich die Bauern hoch verschuldeten. So sollte die Wirtschaftskraft der lokalen Bevölkerung verbessert werden. „Bis heute warten die meisten von uns vergebens darauf“, sagt Yohanes. „Nur sieben Familien haben ihre Kleinplantage bekommen, aber auf Land, das früher anderen gehörte und zudem unfruchtbar ist. So entstehen Konflikte mit den ehemaligen Landbesitzern, Konflikte, die bis in die nächste Generation reichen.“

Im Jahr 2000 kam das nächste Unternehmen, PTMAL, walzte über Nacht die Gummibäume der Dayak mit Bulldozern nieder und schlug den noch bestehenden Wald kahl. „Sogar der Schutzwald Tembawang musste weichen. Das gesamte Gebiet ist ökologisch zerstört. Wir sind betrogen worden, wir haben mit dem Wald unsere Lebensgrundlage komplett verloren. Einige sind zu lebenslangen Kulis auf der Plantage geworden, wir anderen haben nichts mehr, sind marginalisiert und leiden.“ Im letzten Jahr haben die Bauern vor Hunger eine Plantage abgeerntet. Nun sitzt Yohanes´ Nachbar im Gefängnis.

In West-Kalimantan wurden 1,5 Millionen Hektar Wald vernichtet, um Plantagen Platz zu machen. Tatsächlich bepflanzt sind nur 0,4 Millionen Hektar. Der Rest ist ökologisch degradiert. Wegen der hohen Nachfrage nach Palmöl für Energie und Treibstoff will die indonesische Regierung weitere drei Millionen Hektar für Plantagen freigeben, vor allem in den Bergen im Grenzgebiet zu Malaysia.

Die Bauern erhalten nicht, wie vereinbart, nach 25 Jahren ihr Land zurück. Stattdessen sollen sie neue Verträge unterschreiben. „Doch wir wollen nicht mehr. Wenn wir unsere Rechte einfordern, bedroht das Unternehmen uns! Es gilt kein Versprechen, kein Vertrag. Wir brauchen dringend Hilfe. Wir ersehnen nichts als Wahrheit und Gerechtigkeit.“

Marianne Klute von der Menschenrechtsorganisation Watch Indonesia! sprach am 19. Dezember 2007 in Bodok mit Yohanes, Bauer aus dem Dorf Boro, Distrikt Sanggau, West-Kalimantan, Indonesien, der dem Bund der Palmölbauern SPPS angehört.

Die komplette Studie „Energie vom Acker“ können Sie hier herunterladen (PDF, 1,1 MB)


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