Friedensnobelpreis für Bischof Belo und den Vertreter des Nationalen Widerstandsrates (CNRM) José Ramos Horta
Heidelberg/Berlin, den 11. Oktober 1996
Wir begrüßen die ausgewogene Entscheidung des Komitees, Bischof Belo, als Vertreter des Volkes, und José Ramos Horta, als Vertreter der politischen Bewegung, mit dem Preis zu ehren und beglückwünschen die beiden Preisträger, die sich seit vielen Jahren unermüdlich für eine friedliche Lösung des Osttimor-Konfliktes und für die grundlegenden Menschenrechte einsetzen. Wir freuen uns insbesondere, daß das Friedensnobelpreiskomitee die Situation in Osttimor nicht vergessen hat, angesichts der Tatsache, daß das Augenmerk der Weltöffentlichkeit in den letzten Monaten eher auf die indonesische Hauptstadt Jakarta gerichtet war: Die auf Betreiben der Regierung erfolgte Absetzung der Oppositionspolitikerin Megawati Sukarnoputri als Parteivorsitzende der PDI und die Stürmung ihrer Parteizentrale am 27. Juli führten zu den schwersten Unruhen seit vielen Jahren und haben lndonesien der internationalen Öffentlichkeit als ein Pulverfaß vorgeführt. Osttimor ist seit 21 Jahren von lndonesien völkerrechtswidrig besetzt. Mehr als 200.000 Menschen sind seitdem direkt oder indirekt an den Folgen des Krieges ums Leben gekommen. Trotz der massiven Menschenrechtsverletzungen und der fortwährenden Verletzung internationalen Rechts, fehlte es der internationalen Staatengemeinschaft bislang am politischen Willen, lndonesien zu einer Lösung des Konflikts zu drängen. Dieser fehlende Druck machte es der indonesischen Regierung möglich, an ihrem bisherigen Kurs festzuhalten. Wir verbinden mit der Entscheidung des Nobelpreiskomitees die Hoffnung, daß die Menschen in Osttimor jetzt mehr die nötige internationale Unterstützung in ihrem Streben um Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit bekommen. Vom 25.-29. Oktober wird Bundeskanzler Helmut Kohl als erster westlicher Regierungschef nach den Unruhen im Juli in offizieller Mission lndonesien besuchen. Dieser Besuch bietet Gelegenheit, gegenüber der indonesischen Regierung für eine friedliche und gerechte Lösung des Osttimor-Konfliktes einzutreten. Wir sind der Auffassung, daß angesichts der gravierenden Menschenrechtsverletzungen in lndonesien und Osttimor und der fortwährenden Unterdrückung jeglicher Opposition der Staatsbesuch nur dann zu rechtfertigen ist, wenn der Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte öffentlich Nachdruck verliehen wird. Andernfalls stärkt dieser Besuch nur ein Regime, das die Unterstützung in der Bevölkerung immer weiter verliert.