Eine Reise gegen Landgewinnung auf Bali
Information und Analyse, 18. Juni 2014
von Basilisa Dengen
Watch Indonesia! veranstaltete in Kooperation mit Tourism Watch und der Balinesischen Gemeinde Deutschlands am 13.06.2014 in Berlin eine Diskussionsveranstaltung zur aktuellen Lage auf der Urlaubsinsel Bali, Indonesien. Auf der Veranstaltung referierte Antje Monshausen von Tourism Watch zu Tourismus und Menschenrechten. Unter anderem stellte sie eine Studie zur Wasserknappheit auf Bali als Folge der massiven Tourismusindustrie vor. Alex Flor von Watch Indonesia! analysierte die Wirtschaftspolitik Indonesiens, insbesondere die eingleisige Entwicklungsplanung für Bali, die sich nach wie vor auf den Tourismus beschränkt. Die Band Nosstress berichtete, wie die Balinesen und ihre Interessen in entscheidenden Vorhaben der Regierung nicht berücksichtigt oder involviert werden.
„Bali steh auf! Unterstütze die Bauern. Wir essen alle Reis. Wir brauchen keine Landgewinnung. Die Hinterzimmerpolitik stinkt nach Betrug. Macht und Geldhaber teilen sich den Profit. Der Naturschutz wird verraten. Bali steh auf, wehr dich gegen die Landgewinnung!“
Gemeinsam sang die Band Nosstress aus Bali mit Konzertbesuchern dieses Lied am Freitag, den 13.6.2014 auf einem Konzert in Berlin-Schöneberg. Nosstress ist bis Ende Juni auf Deutschlandtournee und tritt unter anderem in Berlin, Mannheim, Köln und Hannover auf. Ihr Anliegen ist nicht nur zu singen, sondern dem Publikum mit ihren Liedern die Situation auf Bali näher zu bringen. Ihre Kampagne richtet sich gegen das Vorhaben der balinesischen Provinzregierung, ein Landgewinnungsprojekt in Tanjung Benoa, im Süden von Bali, durchzusetzen.
Nyoman Angga Yudhista, vertritt die Band und erzählte von ihrer gemeinsamen Kampagne auf einer Diskussionsveranstaltung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit zwei Jahren kämpfen unterschiedliche zivilgesellschaftliche Gruppen in Bali gegen das Projekt der Provinzregierung, die das Land in der Bucht von Benoa gewinnen wird. Geplant sind zusätzliche 838 Hektar Land, die für weitere touristische Infrastruktur genutzt werden soll.
Künstler, Studenten, Umweltorganisationen gehen dagegen auf die Straße und protestieren gegen dieses Vorhaben mit unterschiedlichen Gründen: Erstens ist das Gebiet um Tanjung Benoa durch den Präsidentenerlass Nr. 45/2011 als Naturschutzgebiet deklariert. Viele der Demonstrierenden sind empört über die Regierung, die durch den Erlass neuer Verordnungen das Schutzgebiet offiziell in Bauland umgewandelt hat. Zweitens, geht es um den Lebensunterhalt der Fischer, die auf den Dörfern wohnen. Durch die Realisierung des Projekts würden die Fischfangquoten drastisch sinken. Drittens, widerspricht dieses Projekt dem Glauben der hinduistischen Balinesen in der Erhaltung der Balance der Natur. Viele Balinesen halten dieses Projekt für umweltschädlich.
Im August letzten Jahres kam eine Studie der Udayana-Universität zu dem Ergebnis, dass das Projekt zur Landgewinnung umweltunverträglich ist. Die Studie prognostizierte große Überflutungen in der Küstenregion und in weiter im Landesinneren liegenden, flachen Gebieten, denn die Bucht hat die Funktion, Wasser verschiedener Flüsse aufzunehmen. Nicht nur Umweltorganisationen, auch die Bevölkerung um den Tanjung Benoa hat Protestaktionen organisiert und ihre Ablehnung öffentlich gemacht.Trotz dieser Proteste beharrt die Provinzregierung auf ihrem Plan.
Veranstaltungen wie zum Beispiel Musikvorführungen oder Versammlungen dieser Bewegung wurden stets von „unbekannten Männern“ beobachtet und nicht selten von Einschüchterungen begleitet beendet. Anfang dieses Jahres wurden vier Umweltaktivisten von der Polizei verhaftet. Nach großem Druck von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen wurden sie jedoch freigelassen.
Die Band Nosstress ist im ForBali (Balinesisches Forum gegen Landgewinnung) engagiert, das sich gegen das Projekt in Tanjung Benoa einsetzt. Die drei Musiker von Nosstress haben sich 2008 als Band gefunden und lenken mit ihrer Musik Aufmerksamkeit auf politische Themen. Denn anders als bei vielen indonesischen Bands geht es in den Texten von Nosstress viel um das alltägliche Leben auf Bali. Sie erzählen davon, wie sich die Natur in Bali in den letzten Jahren verändert hat: wo damals das Grün von Bäumen war, stehen heute nur Hotels. Die Straßen sind überfüllt mit Fahrzeugen und Staus gehören nun zum Alltag. Nosstress singt darüber, wie die Politiker Geld unvernünftig ausgeben, mit dem man bessere Schulen oder Krankenhäuser bauen könnte. Nachfolgend ein kurzes Interview mit Nyoman Angga Yudistha von Nosstress:
Wie groß ist die Bewegung gegen die Landgewinnung in Tanjung Benoa?
Sie ist eigentlich sehr groß. Unser Problem ist nur, dass unsere Regierung einfach zu blind und zu taub ist. Wir haben erlebt, wie der Präsident seinen Erlass zum Tanjung Benoa Naturschutzgebiet am 30. Mai plötzlich geändert hat. In dem neuen Erlass Nr.51/2014, genau am Ende seiner Amtszeit, erlaubt er die Landgewinnung.
Wie reagieren die meisten Balinesen auf dieses Vorhaben? Bekommt ihr viel Unterstützung?
Den meisten Einwohnern auf Bali sind mittlerweile die Folgen der Landgewinnung bewusst. Sie verstehen schon, dass dieses Projekt Auswirkungen auf die Natur, die Wirtschaft und die Kultur hat. Sie wissen schon, dass sie dagegen sein müssen. Leider, bisher nur passiv.
Ihr beteiligt euch am ForBali, wo Künstler, Studenten und Organisationen unter einem Dach organisiert sind. Gibt es weitere Bewegungen?
Es gibt zahlreiche Gruppen, die selbstständig ihre Aktionen organisieren. Es gibt außer Künstlern, Studenten und Umweltorganisationen auch Unternehmer, vor allem fair trade Unternehmer, die sich an den Protesten beteiligen.
Wie geht ihr mit Einschüchterungen aufgrund eurer Proteste um? Habt ihr keine Angst?
Wir sehen das als Risiko unseres Kampfes. Wir sind schon ins Wasser gesprungen und nass geworden (indon. Sprichwort). Wir können es nicht mehr anders machen. Wenn uns etwas passieren würde, würde es einfach diesen Kampf nur noch größer machen.
Was erwartet ihr von dieser Reise und von der Öffentlichkeit in Deutschland?
Wir wollen nur die Ereignisse der Landgewinnung auf Bali in eine größere Öffentlichkeit verbreiten. Landgewinnung und Umweltzerstörung passieren nicht nur auf Bali. Es passiert überall auf dieser Welt. Wichtig ist, dass man etwas unternimmt, wenn die Umwelt im Namen von Profitgier zerstört wird. Wir wollen auch hier in Deutschland das Bewusstsein fördern, dass man die Umwelt schützen muss, nicht nur wo man wohnt, sondern auch an Orten, die man besucht. Weiterhin möchten wir uns auch gerne hier in Deutschland austauschen, wie man eine Region weiterentwickeln kann, ohne die Umwelt zu zerstören.