Carl Wilhelm Ottow und seine Frau Wilhelmine – Missionare in Papua
Stadt Luckenwalde, 26. November 2012
http://www.luckenwalde.de/index.htm?stadt/ebottow.htm
Es klingt wie eine spannende Abenteuergeschichte: Ein mutiger Mann reist drei Monate und 11 Tage lang mit dem Segelschiff um die halbe Welt. Sein Ziel ist eine Insel, von der er kaum etwas weiß, auf der ihn nichts erwartet als Urwald und Eingeborene, dessen Sprache er nicht spricht und die Kannibalen sein sollen. Diese Geschichte ist nicht erfunden, sondern wirklich passiert. Einem Luckenwalder.
Carl Wilhelm Ottow (1827 – 1862) wanderte Mitte des 19. Jahrhunderts als Missionar nach West-Papua (heutiges Indonesien) aus und begründete dort die protestantische Kirche. Der 5. Februar, der Tag an dem Ottow zum ersten Mal die Insel betrat, ist dort heute Nationalfeiertag. Vor der Johanniskirche in Luckenwalde ist für Carl Wilhelm Ottow und seine Frau eine Gedenktafel angebracht. Am 9. November 2012 jährte sich Ottows Todestag zum 150. Mal. Aus diesem Anlass veranstaltete die evangelische Kirchengemeinde Luckenwalde zusammen mit der Stadt Luckenwalde eine Gedenkfeier.
Bereits am 28. Oktober fand in der Johanniskirche ein ökumenischer Gottesdienst unter dem Motto „Die ökumenische Bewegung und kein Ende der Mission“ statt. Am 2. November wurde im Union-Kino der Film „Dschungelkind“ gezeigt, der auf der Autobiographie von Sabine Kuegler beruht. Diese ist als deutsches Kind im Dschungel West-Papuas aufgewachsen.
Am Samstag, den 10. November fand in der Bibliothek im Bahnhof die eigentliche Gedenkfeier statt. Gleichzeitig konnte dort die Ausstellung „Höre meine Stimme“ von der Vereinten Evangelischen Mission Wuppertal bestaunt werden. Auch das HeimatMuseum Luckenwalde hatte einige Schätze ausgegraben.
Zunächst berichtete Heimatfreund Dietrich Maetz über Luckenwalde zur Jugendzeit von Carl Wilhelm Ottow. Dieser wurde 1827 hier geboren und verließ Luckenwalde in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Anschließend hielt Hans-Jochem Göbel aus Jüterbog einen Vortrag mit dem Titel „Geistliche Erneuerung und sozialer Aufbruch Mitte des 19. Jahrhunderts am Beispiel des Pfarrers Karl Straube in Werder bei Jüterbog“.
Nach einer Kaffeepause stand das „Leben und Wirken der Papua-Missionare Carl Wilhelm Ottow und seiner Frau Wilhelmine Auguste geb. Letz“ auf dem Programm. Den Vortrag hielt Helga Ottow, eine Familienangehörige aus Berlin. Sie erzählte vom beeindruckenden Leben Ottows, der als Sohn einer christlichen Tuchmacherfamilie aufwuchs. Er engagierte sich sozial in Suppenküchen und wurde schließlich Missionar. Bei der Gossner Mission in Berlin lernte er Johann Gottlob Geißler (1830 – 1870) kennen und die beiden beschlossen, den christlichen Glauben nach West-Papua zu bringen. West-Papua liegt auf der Insel Neuguinea und gehörte damals zu Niederländisch Ost-Indien. Zusammen ging es erst nach Amsterdam und schließlich auf die lange Reise nach West-Papua. Die Reise war beschwerlich und immer wieder wurde den Beiden abgeraten, auf die Insel zu gehen, auf der „Wilde“ leben sollen. Am 5. Februar 1855 betraten sie „im Namen Gottes dieses Land“. Helga Ottow erzählte spannend und anschaulich von dem Leben der Männer in West-Papua. Anfangs verstanden sie die Sprache der Einwohner nicht und immer wieder hatten sie mit Krankheiten zu kämpfen. Ottow schrieb an Pastor Straube in Deutschland, dass er einsam sei und gerne heiraten würde. Die Frau, die Ottow eigentlich im Sinn hatte, weigerte sich strikt, zu ihm in den Dschungel zu ziehen und Pastor Straube schickte daraufhin seine Haushälterin Auguste Wilhelmine Letz (1830 – 1899) zu Ottow nach Papua. Sie war nur sieben Häuser vom Elternhaus Ottows in Luckenwalde aufgewachsen und dennoch lernten die beiden sich erst in West-Papua, vier Wochen vor ihrer Hochzeit kennen. Helga Ottow bewunderte „die Entschlusskraft dieser couragierten Dame, die alles hinter sich lässt, um in ein völlig unbekanntes Land zu einem völlig unbekannten Mann zu gehen.“ In West-Papua kochte Auguste auf dem Boden, umgeben von fast nackten Eingeborenen und pflegte Schiffbrüchige. Die Annäherung an die Eingeborenen gelang nur zögerlich und immer wieder gab es Überfälle von verfeindeten Stämmen. Am 9.11.1862 starb Carl Wilhelm Ottow an Malaria und hinterließ Auguste mit einem schwerkranken Sohn und erneut schwanger. Dennoch ging sie nicht zurück nach Deutschland. Sie heiratete Aart Vermeer, einen holländischen Missionar und führte mit ihm ein Waisenhaus an der Nordküste von Zentral-Java. 1899 starb sie in Holland.
Zum Abschluss gab es ein Podiumsgespräch zu dem Thema „Die gesellschaftliche Wirklichkeit und der kirchliche Auftrag in West-Papua“, moderiert von Dr. Klaus Roeber von der Gossner Mission Berlin. Helga Ottow, Norman Voß, Koordinator des West-Papua-Netzwerkes in Wuppertal, Alex Flor von Watch Indonesia!, Ulrich Schöntube, Direktor der Gossner Mission und Markus Haluk aus West-Papua unterhielten sich über Missionsarbeit und die Zukunft West-Papuas. Ulrich Schöntube verlas ein Grußwort der dortigen protestantischen Kirchengemeinde. West-Papua gehört heute zu Indonesien, das von Deutschland mit Militärmitteln beliefert wird. Markus Haluk berichtete, dass das Volk der Papuas unterdrückt und keine Menschenrechte geachtet werden.
Am 11. November veranstaltete die evangelische Kirche einen Festgottesdienst zu Ehren Ottows und beendete damit die Gedenkwoche.