Rheinmetall liefert Panzer nach Indonesien

telepolis, 17. November 2013

http://www.heise.de/tp/blogs/8/155340

von Birgit Gärtner

Rüstungsgüter für insgesamt 216 Mio. € sollen an die „regionale Ordnungsmacht“ und den „Stabilitätsanker in Südostasien“ geliefert werden

tpWie der Düsseldorfer Rüstungskonzern bekannt gab, ist der seit Juni 2012 diskutierte Panzerdeal mit Indonesien in trockenen Tüchern. Menschenrechts- und Friedensaktivisten sehen den Rüstungsexport im Widerspruch zu den politischen Grundsätzen für den Kriegswaffenexport der Bundesregierung. Sie befürchten, dass Leo, Marder & Co nicht für die Landesverteidigung bestimmt seien, sondern um den Widerstand im eigenen Land, z.B. gegen die Palmöl-Produktion, niederzuknüppeln.

„Der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern ist vom Verteidigungsministerium der Republik Indonesien mit der Lieferung von militärischen Kettenfahrzeugen sowie Logistik und Munition im Gesamtwert von rund 216 Mio. EUR beauftragt worden. Der Vertrag, der bereits im Dezember 2012 unterzeichnet wurde, ist jetzt nach Erfüllung aller formalen Voraussetzungen rechtswirksam geworden.

Neben 103 instandgesetzten und modernisierten Kampfpanzern des Typs Leopard 2 werden 42 ebenfalls instandgesetzte Marder 1A3 Schützenpanzer, 11 Berge- und Pionierfahrzeuge sowie zugehörige Dokumentation, Ausbildungsgeräte und andere Logistikumfänge geliefert. Weiterhin umfasst der Vertrag eine Anfangsausstattung an Übungs- und Gefechtsmunition. Damit ist Indonesien nunmehr das 18. Nutzerland des Kampfpanzers Leopard 2.“

Das teilte das Düsseldorfer Unternehmen in einer Pressemitteilung vom 13.11.2013 mit.

Damit ist amtlich, was seit der gemeinsamen Presseerklärung des indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Jakarta am 12. Juli 2012 im Raum stand. Seinerzeit hätte die Kanzlerin den Panzer-Deal gern unter dem Deckmäntelchen der Verschwiegenheit abgehandelt, doch Yudhoyono brachte bei dem Pressetermin das Thema Rüstungsimporte ins Gespräch. Obwohl Merkel das in Jakarta noch zu relativieren versuchte, war kurz darauf in den Medien von der Bestellung von 100 Leopard-II-Panzern sowie von 103 Leo-II-Panzern, 50 Schützenpanzern des Typs Marder 1A3 sowie 10 Unterstützungspanzern die Rede. Wohl um Widerstand gegen diesen fragwürdigen Panzerdeal zu vermeiden, wurden die weiteren Verhandlungen tatsächlich sehr diskret durchgeführt.

Nun handelt es sich bei Indonesien mitnichten um die von Rheinmetall gepriesene zumindest zahlenmäßig „größte Demokratie der Erde“, sondern um einen Staat, der es erwiesenermaßen mit den Menschenrechten nicht so genau nimmt. Den wirtschaftlichen Aufschwung erkaufte sich der südostasiatische Staat laut der Nicht-Regierungsorganisation Watch Indonesia!, indem die Natur gnadenlos ausgebeutet und alle Rohstoffe, die sich irgendwie vermarkten lassen, unbearbeitet auf den Weltmarkt gebracht werden. Um den Welt-Konzernen für die Palmöl-Produktion oder zur Rodung des Tropenholzes den Weg in die Regenwälder frei zu machen, bedarf es einer entsprechenden militärischen Ausrüstung – fürs Prestige in der Region und zum Niederschlagen von Protesten.

„Die primäre Rolle des Militärs liegt weniger in der Bekämpfung von Angreifern von außen, sondern vielmehr in der Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und Einheit des Landes. Das Heer ist prinzipiell für einen Einsatz im Inneren, besonders für sogenannte counter-insurgency- beziehungsweise low-intensity-warfare-Einsätze ausgerüstet … Das indonesische Militär sieht sich als der wahre ‚Hüter der Nation‘, muss aber als einer der größten Instabilitätsfaktoren der Region angesehen werden“, schreibt Bonn International Center for Conversion (BICC).

BICC zufolge verfügt Indonesien „über eine eigene Rüstungsindustrie, die hauptsächlich Waffen und Waffensysteme in Lizenz herstellt. Namhafte deutsche Unternehmen – wie z.B. MBB (später DASA bzw. EADS), MTU, Heckler & Koch sowie die Meyer- und Lürssen-Werften – haben eine maßgebliche Rolle beim Aufbau der indonesischen Rüstungsindustrie, besonders im Bereich der Schiffsbau- und Luftfahrtindustrie. Indonesien ist weltweit der neuntgrößte Exporteur von Pistolen und Revolvern. Indonesien verfügt mit PT Industri Pesawat Terbang Nusantara über die einzige Flugzeugfabrik Südostasiens. Es besitzt ebenfalls Waffensysteme wie Feuerleitgeräte, Raketenwerfer, Lenkkörper und Torpedos. An deutschen Waffensystemen werden u.a. Heckler & Koch G-3 Gewehre und MP-5 Maschinenpistolen, Bo-105 Hubschrauber und Schnellboote hergestellt. Diese sind auch zur inneren Repression benutzt worden.“

Unter Bezugnahme auf den Länderbericht Indonesien des BICC kritisieren Lühr Henken und Peter Strutynski vom Bundesausschuss Friedensratschlag Kassel in einer Pressemitteilung das Rüstungsgeschäft: „Unter den Leopard 2-Kampfpanzern befinden sich 62 Stück des Typs ‚MBT Revolution‘, ein Upgrade des Leo 2 A4, den Rheinmetall speziell für den Straßenkampf entwickelt hat. Indonesien ist nicht von Außen bedroht. Der Einsatz im Innern bedeutet Repression.“

Dabei seien die Richtlinien der Bundesregierung eindeutig: „Genehmigungen für Exporte [……] kommen nicht in Betracht, wenn die innere Lage des betreffenden Landes dem entgegensteht, z.B. [……] bei hinreichendem Verdacht des Missbrauchs zu innerer Repression [……]“. Dieser Kriegswaffenexport stehe aber im Widerspruch zu den Politischen Grundsätzen für den Kriegswaffenexport der Bundesregierung.


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