Ost-Timor: Mindestens zwei Tote am Tag vor dem Referendum

KNA, 29. August 1999

kna Dili, 29.8.99 (KNA) Vor dem Referendum über den künftigen Status des von Indonesien annektierten Ost-Timor hat es am Sonntag in Dili, der Hauptstadt der Insel, bei Zwischenfällen mehrere Todesopfer gegeben. Nach lokalen Polizeiangaben wurden zwei pro-indonesische Milizionäre mit Axt- und Machetenschlägen getötet. Wie deutsche Mitglieder der Internationalen Beobachterdelegation von Nichtregierungsorganisationen und kirchlichen Hilfswerken telefonisch weiter berichteten, gab es nach den Zwischenfällen vor dem Hauptquartier der Milizen umfangreiche Fahrzeugbewegungen. Auch in direkter Nähe des Quartiers der Deutschen in Dili fielen am späten Sonntag abend (Ortszeit) Schüsse. Während des ganzen Sonntages habe auf Dilis Straßen eine spannungsvolle Atmosphäre geherrscht.

An diesem Montag soll die Bevölkerung von Ost-Timor mit rund 450.000 Wahlberechtigten bei dem von den Vereinten Nationen organisierten Referendum über die Unabhängigkeit von Indonesien oder einen Autonomiestatus entscheiden. Die ehemalige portugiesische Provinz war 1975 von Indonesien erobert und im folgenden Jahr annektiert worden. Ergebnisse des Referendums, in dessen Vorfeld es seit Monaten blutige Zwischenfälle mit Hunderten von Toten gegeben hatte, werden frühestens für Ende der Woche erwartet; die Stimmauszählung ist bislang in Dili vorgesehen.

Häuser verbrannt, Menschen ermordet

Nach Angaben der deutschen Beobachter spielten sich während der vergangenen Tage in dem Ort Oekussi, in dem sich auch einer der Beobachter aufhält, dramatische Szenen ab. Dort seien nach lokalen Polizeiangaben 37 Häuser niedergebrannt worden, drei Menschen getötet und fünf schwer verletzt worden. Hunderte Dorfbewohner seien in die umliegenden Berge geflüchtet, eine Reihe von ihnen gelte bislang als verschollen. Aus dem Ort kämen Notrufe nach medizinischer Hilfe, die Oekussi zur Zeit aber noch nicht erreicht habe. Pro-indonesische Milizen hätten rund um den Ort regelrechte Grenzkontrollen eingerichtet. Wie die deutschen Beobachter betonten, sagten die indonesischen Sicherheitskräfte zu, am Wahltag für die Sicherheit der internationalen Beobachter in Oekussi zu sorgen und ihnen eine Eskorte zu stellen.

In Dili gibt es nach Angaben der deutschen Wahlbeobachter Befürchtungen, dass sich unter den indonesischen Wahlbeobachtern auch Provokateure befinden. Eine Reihe von Jugendgruppen, die bei Protesten gegen die Unabhängigkeit in Indonesiens Hauptstadt Jakarta entsprechend aufgetreten seien, sei es gelungen, Beobachterstatus zu erlangen. – Der „Internationalen Föderation für Ost-Timor“ gehören 115 Beobachter an, die von Nichtregierungsorganisationen und Hilfswerken unterstützt werden. Den Einsatz der neun deutschen Teilnehmer unterstützen unter anderem die Hilfswerke missio und Misereor.

cst


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