„Save Kendeng“ – der anhaltende Widerstand gegen das Vorhaben eine Zementfabrik in der Region Pati zu errichten
Im Sommer 2016 hat die indonesische Aktivistin Suciwati zu Watch Indonesia! Kontakt aufgenommen, um zu berichten, was in der Region Pati in Zentraljava, am Fuße des Kendeng-Karstgebirge, vor sich geht. Suciwati, die Witwe des Menschenrechtsverteidigers Munir, wurde von der indigenen Gruppe der Samin kontaktiert, da diese eine Verbindung nach Deutschland suchten. Die Vertreter*innen der Samin berichteten ihr, dass das Unternehmen PT Indocement unter deutscher Beteiligung den Bau einer Zementfabrik im Kendeng-Karstgebirge plant. Zu dem Zeitpunkt, an dem diese Informationen durch Suciwati zu uns nach Deutschland getragen wurden, war die Protestbewegung der lokalen Bevölkerung in Pati bereits im vollen Gange. Nach ersten Recherchen und Austausch, hat sich Watch Indonesia! gemeinsam mit der Südostasien Informationsstelle dazu entschlossen die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die Anliegen der Samin nach Deutschland getragen werden und der deutsche Mutterkonzern von PT Indocement die HeidelbergCement AG mit den Vorwürfen aus Indonesien konfrontiert wird. Das transnationale Solidaritätsnetzwerk „Save Kendeng“ wurde geboren und besteht seit nunmehr über vier Jahren und setzt sich dafür ein, dass die Stimmen aus Indonesien in Deutschland gehört werden aber auch dafür, dass das Thema Zementindustrie und die Folgen für das globale Klima in den öffentlichen Diskurs gelangt.
Die Protestbewegung in Indonesien und Deutschland
Das Kendeng-Karstgebirge liegt im Norden von Zentraljava. Karstgebirge stehen eigentlich nach indonesischem Recht unter Schutz da sie vielfältige Ökosystemfunktionen und -leistungen übernehmen. Karstgestein speichert Regenwasser und Kohlenstoffdioxid und die Gesteinsformationen beherbergen Höhlen, Quellen und unterirdische Flüsse. Die natürlichen Karstlandschaften bieten auch der Flora und Fauna unterschiedlichste und spezifische Nischen.
Die Region am Kendeng-Karstgebirge wird als „Reisschale Javas“ bezeichnet, die zum großen Teil kleinbäuerlich betriebene Landwirtschaft ist abhängig von dem Wasser, dessen Zufuhr durch das intakte Ökosystem des Karstgebirges gewährleistet wird. Würde die Wasserzufuhr aus dem Kendeng-Karstgebirge versiegen, würde das die Lebengrundlage eines großen Teils der lokalen Bevölkerung entziehen und somit weitreichende sozio-ökonomische Folgen haben.
Seitdem die Pläne für den Bau einer Zementfabrik im Landkreis bekannt geworden sind, hat sich der lokale Widerstand begonnen zu formieren. Dies begann 2006, als das Unternehmen Semen Gresik erstmals die Errichtung eines Zementwerks in Pati plante. Die Bürger*innenintiative JM-PPK (Jaringan Masyarakat Peduli Pegunungan Kendeng, „Netzwerk der Menschen, denen das Kendeng-Gebirge am Herzen liegt“) gründete sich aus den Bauern und Bäuerinnen der umliegenden und vom Bauvorhaben betroffenen Dörfer. Auf Grundlage des gesetzlichen Schutzes von Karstgebirgen klagte JM-PPK 2009 gegen das Unternehmen und gewann. Dieser Sieg von JM-PPK gegen ein von der Regierung unterstütztes Großunternehmen ist als bedeutender und bis dahin nie dagewesener Moment für die sozialen Bewegungen in Indonesien zu betrachten. Was darauf folgt ist ein klares Signal von Seiten der Provinzregierung, sie ändert 2010 per Gesetz den Status des Karstgebirges und etwa 5000 Hektar des eigentlichen Schutzgebietes werden für Bergbau und Industrie freigegeben. Zwar zieht sich Semen Gresik (heute Semen Indonesia) aus dem Gebiet zurück, aber direkt im Anschluss erhält PT Indocement 2012 die Genehmigung für den Bau einer Zementfabrik in Pati. Semen Gresik beginnt 2014 im benachbarten Rembang mit dem Bau einer Zementfabrik. JM-PPK richtet ein Protestcamp vor der Zementfabrik in Rembang. Es folgen weitere Rechtsstreits. JM-PPK wirft den Unternehmen vor, die lokale Bevölkerung nicht ausreichend eingebunden zu haben, insbesondere habe kein einbeziehen der indigenen Samin stattgefunden.
von Josephine Sahner/Watch Indonesia! (2020)