Viel Wirtschaft wenig Demokratie

taz berlin, 15. September 1997

Bei den Asien-Pazifik-Wochen des Senats kommen die Menschenrechte gegenüber der Förderung des Außenhandels zu kurz, kritisieren Wissenschaftler und Aktionsgruppen. Ein klares Konzept fehlt

tazAsienaktionsgruppen kritisieren die Ausgestaltung der Asien-Pazifik-Wochen des Senats, die heute beginnen. „Die Asien-Pazifik-Wochen haben kein Konzept“, sagt Werner Pfennig, Leiter der Arbeitsstelle Politik Chinas und Ostasiens an der FU. Mit nur geringen öffentlichen Mitteln ist zwar ein umfangreiches Programm entstanden. Doch es gleicht einem Sammelsurium, für das es nicht einmal ein Motto gibt. Die Grundidee des Senats und den damit verbundenen Blick über den eigenen Tellerrand unterstützten die Aktionsgruppen jedoch grundsätzlich.

Die FU habe die Planungen des Senats zunächst gar nicht ernstgenommen, als sie zur Teilnahme aufgefordert wurde, berichtet Natascha Haehling von Lanzenauer vom Fachbereich Japanologie. Jetzt entpuppten sich die Asien-Pazifik-Wochen als „wirre Form des Standortmarketings“. Ihr Institut veranstalte dank studentischer Initiative eigene Japantage. Mit der Initiative des Senats habe das nicht mehr viel zu tun.

Dem wirtschaftspolitischen Sprecher der bündnisgrünen Fraktion im Abgeordnetenhaus, Vollrad Kuhn, geht es bei den Asien-Pazifik-Wochen zuviel um Wirtschaft und zuwenig um Demokratie. „Die Frage der Demokratisierung, die Taiwan-Frage, Tibet und andere Konflikte werden überhaupt nicht berücksichtigt“, moniert er. Dabei gibt es im Unterschied zu den ersten Planungen jetzt sogar einige wenige Veranstaltungen, auf denen auch kritische Worte etwa zur Situation der Menschenrechte zu erwarten sind.

Die Senatskanzlei hatte vorab signalisiert, daß sie mögliche Konflikte ausschließen wolle. Im April erklärte Rainer Seider von der Senatskanzlei, wer chinesische Dissidenten einlade, werde nicht ins offizielle Programm aufgenommen. Damit wollte der Senat eine mögliche Absage Pekings verhindern. Dies war letztes Jahr in einem ähnlichen Fall in München geschehen.

Letztlich mußten keine Veranstalter ausgeschlossen werden. Manche Organisation verzichtete von sich aus. Schon das nur mit hochkarätigen Wirtschafts- und Regierungsvertretern einseitig besetzte Kuratorium dürfte abschreckend gewirkt haben. „Hätten wir Frühlingsrollen verkauft, wären wir willkommen gewesen. Mit einer Veranstaltung über Ost-Timor wäre es dagegen zum Eklat gekommen“, begründet Alex Flor von Watch Indonesia die Abstinenz der Berliner Menschenrechtsorganisation.

Lars Liepe vom Verein Burma Projekt, der eine der wenigen kritischen Veranstaltungen beisteuert, sieht diese jetzt in der Funktion eines Feigenblattes.

Sven Hansen


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