UNICEF: 23.000 Kinder fliehen vor Kämpfen in Aceh – Menschenrechtler: Bevölkerung schutzlos

epd, 23. Mai 2003
Indonesien/Aceh

epdGenf/Berlin (epd). In der umkämpften indonesischen Provinz Aceh sind nach Angaben von UNICEF seit Beginn der neuen Armeeoffensive am Montag rund 23.000 Kinder vertrieben worden. Das UN-Kinderhilfswerk warnte am Freitag in Genf vor einer humanitären Katastrophe.

Insgesamt könnten in Folge der Gefechte zwischen Regierungseinheiten und Separatisten der Bewegung „Freies Aceh“ bis zu 300.000 Menschen zu Binnenflüchtlingen werden. Mehr als 280 Schulen für 60.000 Schüler seien seit Montag zerstört worden. Das ohnehin schwach ausgebaute Gesundheitssystem sei zusammengebrochen.

Die indonesische Regierung hatte nach dem Scheitern von Friedensgesprächen in Aceh die größte Militäroperation seit dem Einmarsch in Osttimor 1975 gestartet. Nach Militärangaben vom Freitag wurden bislang 38 Rebellen getötet. Die Rebellen berichteten von zwölf Toten und 53 getöteten Zivilisten.

Die Menschenrechtsorganisation „Watch Indonesia“ äußerte sich tief besorgt. „Es gibt keinen Schutz mehr für die Bevölkerung, die indonesische Armee durchkämmt die Dörfer und terrorisiert die Menschen“, sagte Sprecherin Monika Schlicher in Berlin in einem epd-Gespräch.

Das Militär rechne mit 18 Monaten Krieg. Es gebe sogar Pläne, 200.000 Menschen in Lagern zu internieren, um in ihren Dörfern freie Bahn für die Kriegsführung zu haben. Mit der Militäroffensive zur „Vernichtung“ der Rebellen verspiele die indonesische Regierung den letzten Kredit, den sie in Aceh noch habe.

Der britische Sender BBC berichtete am Freitag unter Berufung auf Augenzeugen von einem Massaker an Zivilisten in dem Dorf Mapa Mamplan, bei dem sieben Jungen und Männer im Alter von zwölf bis 20 Jahren erschossen wurden.

Deutsche Menschenrechtsgruppen forderten die Bundesregierung auf, Indonesien keine Rüstungshilfe zu gewähren. Das indonesische Militär gehe mit äußerster Härte gegen Zivilisten vor, kritisierte das Kinderhilfswerk terre des hommes in Osnabrück. Diese Politik dürfe die Bundesregierung nicht unterstützen.

„Watch Indonesia“ erinnerte insbesondere an die Lieferung von 39 ehemaligen Kriegsschiffen der DDR-Marine nach Indonesien Anfang der 90er Jahre. Mindestens eines der Schiffe habe im Rahmen der neuen Offensive Panzer transportiert, obwohl bei der Lieferung nur ein Einsatz zum Küstenschutz, gegen Drogenschmuggel und Piraterie vereinbart worden sei. Nun müsse die Bundesregierung auf diese Vereinbarungen pochen, verlangte Watch Indonesia.

Der Konflikt um die Provinz Aceh dauert seit 1976 an. Rund 12.000 Menschen starben. (05410/23.5.2003) epd ag/her/et bs


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