Deutsche Bank als „financial advisor“
29. November 2005
Verkauf des Zellstoffunternehmens Kiani Kertas an United Fiber System:
Die Zellstoffkonzerne Sumatras haben maßgeblich daran mitgewirkt, die Waldfläche Sumatras zu zerstören, mit dramatischen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Nun sollen auch in Kalimantan Zellstofffabriken entstehen. Das an der Börse in Singapur notierte Unternehmen United Fiber System (UFS) wird als völliger Neuling in der Papierbranche groß in die Zellstoffproduktion einsteigen. Außer der geplanten Anlage in Satui, Südkalimantan, kauft UFS das schon bestehende Unternehmen PT Kiani Kertas in Ostkalimantan. Die Deutsche Bank koordiniert die Transaktion und hat als „financial advisor“ eine Schlüsselrolle bei dem Geschäft übernommen. Kalimantan, einst berühmt als waldreiches Gebiet Indonesiens, ist inzwischen soweit gerodet, dass die dortige Holzindustrie gezwungen ist, Holz zu importieren. Auch das Zellstoffwerk Kiani Kertas, das seit 1997 in Betrieb ist, musste wiederholt die Arbeit unterbrechen, weil nicht genügend Holz geliefert werden konnte. Watch Indonesia!, Robin Wood und Urgewald haben am 26.September 2005 die Deutsche Bank um ein Gespräch gebeten. Doch bislang verweigert die Deutsche Bank dies. Dabei hat sich das Geldinstitut nach eigenen Angaben der Nachhaltigkeit verschrieben und zählt zu den Unterzeichnern der UNEP- Erklärung (United Nations Environment Programme) zu Umwelt und nachhaltiger Entwicklung. Darin verpflichtet sich die Deutsche Bank, regionale, nationale und internationale Umweltauflagen zu erfüllen. Watch Indonesia! fordert mit den Partnerorganisationen in Deutschland und Indonesien von der Deutschen Bank, die Zusammenarbeit mit UFS als „financial advisor“ niederzulegen und keine Geschäfte mit der indonesischen Zellstoffindustrie zu unterstützen, die zu Menschenrechtsverletzungen, problematischen Landrechtskonflikten, Umweltzerstörungen und wirtschaftlichem Desaster führen.
Brief von Robin Wood, Urgewald und Watch Indonesia! an die Deutsche Bank vom 26. September 2005
Herrn Josef Ackermann Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank AG Taunusanlage 12 60262 Frankfurt am Main Fax: 069/910 33982 Engagement der Deutschen Bank als Financial Advisor beim Erwerb von PT Kiana Kertas durch UFS in Indonesien Sehr geehrter Herr Ackermann, wir haben zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Deutsche Bank als Financial Advisor der United Fiber System (UFS) Ltd. bei der Übernahme des indonesischen Zellstoffkonzerns PT Kiani Kertas auf Ost-Kalimantan benannt worden ist. In einer Pressemitteilung hebt ein hochrangiger Funktionär Ihres Hauses hervor, dadurch die Entwicklung von UFS zu einem wichtigen „key player“ im Zellstoffsektor unterstützen zu wollen, zumal Indonesien in diesem Sektor international sehr wettbewerbsfähig sei. Diese Verlautbarungen stoßen bei Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen weltweit auf großes Unverständnis. Ihre Bank selbst hat in den letzten Jahren zahlreiche negative Erfahrungen mit Zellstoffunternehmen in Indonesien gemacht. Ihnen ist aus eigener Erfahrung bestens bekannt, dass der Zellstoffsektor in Indonesien in hohem Maße durch chaotische Verhältnisse gekennzeichnet ist: Plünderung von Naturressourcen, illegaler Holzeinschlag, Verletzung von Landrechten und Korruption. U.a. hat die Deutsche Bank in den 90er Jahren in unterschiedlicher Form zahlreiche finanzielle Transaktionen mit APP, dem „schwärzesten Schaf“ in diesem Sektor, getätigt. Keinem der Analysten aus Ihren Haus ist aufgefallen, dass dem Konzern eine nachhaltige Holzversorgung fehlt und er sich zur Deckung seines Holzbedarfes in den umliegenden Regenwäldern bedient hat und dabei selbst vor Holzeinschlag in Naturschutzgebieten nicht zurückschreckte. Die Deutsche Bank musste im März 2001 an eigenem Leibe erleben, dass ökologische und soziale Risiken sehr schnell zu Kredit- und Haftungsrisiken werden können – APP stellte seine Schuldendienstzahlungen ein, obwohl der Konzern u.a. Ihrem Hause noch ca. 200 Mio. US$ schuldete. Angesichts dieser – rufschädigenden und ökonomisch bitteren – Erfahrungen mit APP überrascht es umso mehr, dass die Deutsche Bank weiterhin Aktivitäten im Zellstoffbereich in Indonesien unterstützen will. Die strukturellen Probleme dieses Sektors sind weiterhin ungelöst, und viele andere deutsche Banken lehnen aus eben diesem Grund neue finanzielle Engagements in diesem Sektor und mit diesem Land derzeit kategorisch ab. Wir möchten Sie daher eindringlich davor warnen, die Rolle als „financial advisor“ für den Kauf der Zellstofffabrik PT Kiana Kertas durch UFS auf Kalimantan zu übernehmen. Ganz konkret halten wir das geplante Engagement der Deutschen Bank aus folgenden Gründen für mehr als bedenklich:
1. Die Papier- und Zellstoffindustrie in Indonesien ist durch (legale und illegale) Abholzungen, Brandrodungen, Menschrechtsverletzungen und Landrechtskonflikte eine der Hauptverantwortlichen für die Dezimierung des indonesischen Regenwaldes. Inzwischen gibt es 7 große Zellstoffwerke, mehr als 65 Papierfabriken, und 10 kombinierte Anlagen auf indonesischem Territorium. Um den Rohstoffbedarf dieser Industrie decken zu können, werden jährlich 2,4 Mio. Hektar Wald abgeholzt, der Großteil davon bisher auf der Insel Sumatra. Da dort kaum noch Holz zur Verfügung steht, versucht sie nun, auf Kalimantan auszuweichen und dort weitere Kapazitäten zu schaffen. Selbst die Weltbank geht davon aus, dass Kalimantan in 5 Jahren (2010) keine Tieflandregenwälder mehr haben wird. 2. United Fiber System Ltd. wird neben dem Erwerb des PT Kiani Kertas Werkes zusätzlich ein weiteres Zellstoffwerk in Satui, Süd-Kalimantan, errichten. Dieses Werk soll aus einer Zellstofffabrik und einer Hackschnitzelfabrik bestehen. UFS betont in öffentlichen Stellungnahmen, dass der Holzbedarf ausnahmslos durch Holz aus den nachhaltig bewirtschafteten, firmeneigenen Akazienplantagen stammen wird. Untersuchungen des wissenschaftlich renommierten CIFOR-Institutes in Bogor/Java und des finnischen Consultingunternehmens Jaakko Pöyry haben jedoch ergeben, dass UFS nicht in der Lage sein wird, die benötigte Menge Holz in den ihnen derzeit zur Verfügung stehenden Plantagen zu erzeugen. Daher wird UFS seinen Holzbedarf aus anderen Quellen befriedigen müssen: Entweder müssen Holzhakschnitzel angekauft werden, was die Produktion unrentabler und ökonomisch riskanter macht, oder UFS wird von Holz aus illegalen Quellen abhängig werden. 3. Aktuelle Studien von Global 2000, CIFOR und Watch Indonesia! belegen zudem, dass auch die Rohstoffversorgung von PT Kiani Kertas nicht gesichert ist. Das Problem ist nicht neu. Bereits 1997 – kurz nach der Eröffnung von PT Kiani Kertas – kam es zu Schwierigkeiten bei der Holzversorgung. Die Kapazitäten des Zellstoffwerkes waren von vornherein nicht nachhaltig ausgerichtet. 2003 stockte der Nachschub völlig, und PT Kiani Kertas musste die Produktion für ein halbes Jahr komplett einstellen. Kiani Kertas importierte daraufhin Holzschnitzel aus umliegenden Staaten: Nach offiziellen Angaben aus Australien, den Philippinen und Malaysia – Staaten, die selbst nicht über ausreichend Wald verfügen und, zumindest im Fall Malaysia, vielfach geschmuggeltes Holz aus Indonesien verarbeiten. Darüber hinaus ist dokumentiert, dass für den Bau der Fabrik zwei Dörfer umgesiedelt werden mussten. Bewohner/innen, die sich der Umsiedelung widersetzten, wurden und werden bis heute vom Militär terrorisiert und eingeschüchtert. Außerdem müssen wir aufgrund von Umweltstudien der Universität Mularwarman in Samarinda davon ausgehen, dass PT Kiani Kertas seine Abwässer ungeklärt in die Sulawesi-See eingeleitet hat.
Angesichts der hohen Brisanz und Aktualität dieses Themas halten wir es für dringend geboten, diese Kritikpunkte in einem persönlichen Gespräch mit den zuständigen Sachverständigen aus der Kreditabteilung Ihres Hauses zu erörtern. Wegen des großen öffentlichen Interesses an diesem Geschäft, uns haben schon Medienanfragen in dieser Sache erreicht, bitten wir Sie, uns möglichst umgehend einen Termin in dieser Sache zu gewähren. Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Jule Naundorf Barbara Happe Marianne Klute Eine Kopie des Briefes geht an: Herrn Hanns Michael Hölz, Leiter der Umwelt- und Nachhaltigkeitsabteilung der Deutschen Bank AG Siehe auch: http://www.umwelt.org/robin-wood/german/presse/index-051110.htm