Presseerklaerung

Die Stimme erheben –
oder: wo eigentlich liegt Osttimor?

Berlin, 08. November 1997

Eine Anregung für den Gottesdienst am o7. Dezember 1997

Erhebt die Stimme für OsttimorLiebe Freundinnen und Freunde,

wir möchten Sie auf die Aktion „Erhebt die Stimme für Ost-Timor“ aufmerksam machen und Sie bitten, die Aktion nach Kräften zu unterstützen. Die Aktion ist eine Initiative der Indonesien-AG, gemeinsam mit dem katholischen Missionswerk missio und der Missionszentrale der Franziskaner. Der 7. Dezember, der Tag der indonesischen Invasion in Ost-Timor, fällt dieses Jahr auf einen Sonntag. Gemeinsam möchten wir anregen, daß Ost-Timor an diesem Sonntag in den Gottesdienst aufgenommen wird und ein ökumenisches Gebet für die Menschen gesprochen wird. Desweiteren laden wir dazu ein, Bischof Belo Weihnachtskarten zu schreiben und zum Ausdruck zu bringen, daß wir Waffenlieferungen nach Indonesien mißbilligen und uns hier dafür einsetzen, daß diese eingestellt werden. Auch soll sich unsere Regierung stärker als bisher für eine friedliche und gerechte Lösung des Konfliktes einsetzen. Dazu haben wir eine Weihnachtspostkarte vorbereitet, ein Faltblatt, das über Ost-Timor und die Aktion informiert, und ein Schreiben mit Bausteinen für den Gottesdienst. Diese Materialien werden über verschiedene Verteiler evangel. und kath. Organisationen großflächig verschickt. Auch in kirchlichen Zeitschriften wird die Aktion angekündigt. Die Materialien werden zur Zeit gedruckt und zum 17. November ausgeliefert. Wir würden uns sehr freuen, wenn Ihnen die Aktion zusagt und Sie dabei behilflich sein könnten, Faltblätter, Postkarten und Gebetshilfen zu verteilen. Desweiteren möchten wir Sie bitten zu überlegen, ob es möglich wäre, die Aktion auch finanziell zu unterstützen. Jeder noch so kleine Beitrag ist willkommen! Für Rückfragen und weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Besten Dank und herzliche Grüße

Monika Schlicher

Watch Indonesia!


 

Erhebt die Stimme für Ost-Timor

Erinnern Sie sich noch? Vor einem Jahr erhielt der katholische Bischof Carlos Ximenes Belo und sein Landsmann José Ramos-Horta den Friedensnobelpreis für ihr Bemühen um eine friedliche Lösung des Ost-Timor-Konfliktes. Die ehemalige portugiesische Kolonie wird seit dem 7. Dezember 1975 von der indonesischen Regierung völkerrechtswidrig besetzt. Seitdem ist dort ein Völkermord im Gange, dem bereits mehr als 200.000 Menschen bei Massakern, willkürlichen Exekutionen und einer Hungerblockade zum Opfer gefallen sind. Die Vereinten Nationen haben die Annexion nie anerkannt, weil sie einen Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung darstellt. Mit der Verleihung des Friedensnobelpreises stand Ost-Timor kurze Zeit im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit. Die Auszeichnung gab den Menschen der Insel neue Hoffnung und neues Selbstvertrauen. Nicht nur sie, sondern Menschen in aller Welt verbanden mit dem Nobelpreis Hoffnung auf eine baldige und friedliche Lösung des blutigen Konfliktes. Darunter die kirchlichen Hilfswerke missio, Misereor und das Diakonische Werk der EKD, die Bischof Belo, beziehungsweise José Ramos-Horta seit vielen Jahren partnerschaftlich unterstützen. Sie betonen, daß es eine Aufgabe der Kirchen sei, für politische Lösungen im Sinne von Gerechtigkeit und Frieden einzutreten. Denn humanitäre und entwicklungspolitische Hilfe stoße dort an ihre Grenzen, wo Menschen unterdrückt sind. Bei vielen Regierungen hat der Nobelpreis zu einem vorsichtigen Umdenken ihrer Rüstungspolitik gegenüber Indonesien geführt. Doch es hat sich gezeigt: ein Nobelpreis macht noch keinen Frieden.

Nachrichten aus einem besetzten Land

Seit 22 Jahren versucht die indonesische Regierung der Welt vorzuspiegeln, die Ost-Timoresen hätten sich für die Integration der Insel in den indonesischen Staat entschieden, ihr Widerstand sei gebrochen und Normalität eingekehrt. Doch der Alltag ist anders: Es herrscht ein Klima der Unterdrückung, Menschen verschwinden spurlos, werden willkürlich verhaftet und gefoltert. Doch der Widerstand wächst. Er äußert sich in Demonstrationen und zahlreichen gewaltfreien Aktionen. Jeder, der in Ost-Timor für die Achtung der Menschenrechte eintritt, riskiert sein Leben. Im November 1991 schoß das Militär ohne Vorwarnung in einen friedlichen Trauerzug und tötete mehr als 270 Menschen. Aber selbst die weltweiten Proteste gegen dieses Massaker bewegte die indonesische Regierung nicht zu einer Revision ihrer Ost-Timor-Politik. Seit der Verleihung des Friedensnobelpreises hat sich die Situation auf der Insel drastisch verschlechtert. Die indonesische Regierung hat zusätzliche Truppen stationiert. Die Hoffnung der Menschen auf eine Dialogbereitschaft der Indonesier blieb unerfüllt.

Deutschlands Interessen: Gute Geschäfte

Aus der Perspektive der Bundesregierung sind die südostasiatischen Länder wirtschaftlich äußerst attraktiv. Es geht um Absatzmärkte, billige Importe und industrielle Kooperationen. So verwundert es nicht, daß bei Staatsbesuchen Menschenrechtsfragen allenfalls am Rande und ohne merkliche Konsequenzen angesprochen werden. Bei einem Treffen mit Bischof Belo Ende letzten Jahres sagte Bundeskanzler Helmut Kohl zu, sich für eine friedliche und gerechte Lösung in Ost-Timor einzusetzen. Früchte dieser Bemühungen sind aber bisher nicht zu erkennen. Unterdessen liefert die Bundesregierung weiterhin Waffen an Indonesien. Damit setzt sie sich über zahlreiche Vereinbarungen der West-Europäischen Union und des Europäischen Parlamentes hinweg. Danach sollten alle Mitgliedsstaaten ein unverzügliches Waffenembargo über Indonesien verhängen und militärische Abkommen aussetzen. Die Bundesregierung verweist auf den lediglich empfehlenden Charakter dieser Beschlüsse und setzt ihre Rüstungslieferungen fort. Eigenen Angaben zufolge hat sie von 1986 bis 1996 680 Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter nach Indonesien erteilt. Aktuell steht die Lieferung von 5 U-Booten und 15 Patroullienbooten an. Für beide Geschäfte bürgt die Bundesregierung mit insgesamt 688,6 Millionen Mark. Nach den USA und Großbritannien ist Deutschland drittgrößter Waffenlieferant für Indonesien.

Bischof Belo: Stoppt den Waffenexport!

Bischof Belo und der Politiker José Ramos-Horta haben sich öffentlich gegen Waffenlieferungen an Indonesien ausgesprochen. In London sagte Belo vor einigen Monaten: „Als Bischof in Ost-Timor, dessen Bevölkerung schrecklich unter den Einwirkungen von Waffen leidet, die in Ländern fern von unserem gefertigt werden, appelliere ich an Großbritannien und all seine Verbündeten, deren Fabriken eine Vielfalt an Waffen herstellt, die zum Einsatz auf dem Land, zur See und in der Luft verkauft werden, sich der furchtbaren Konsequenzen dieser sogenannten Verteidigungsindustrie bewußt zu sein. Ich bitte Sie inständig, schränken Sie die Bedingungen ein, unter denen der Handel mit solchen Waffen erlaubt ist.“

Belo

Was können Sie tun?

Ob sich die Situation in Ost-Timor ändert, hängt auch davon ab, ob die Weltöffentlichkeit das Unrecht wahrnimmt und dagegen protestiert. Deshalb hat die Indonesien-AG in diesem Jahr sowohl über eine Zeitungsanzeige als auch mit Briefen an alle Bundestagsabgeordneten die Bundesregierung aufgefordert, ihre Indonesienpolitik von Grund auf zu ändern und Waffengeschäfte zu stoppen. Solche Initiativen werden nicht von heute auf morgen Erfolg bringen, aber mit jedem einzelnen Schritt kommen wir zusammen diesem Ziel näher. Besonders wichtig ist, daß die Menschen in Ost-Timor von unserer Solidarität erfahren und sich dadurch gestärkt fühlen. Dazu können Sie folgendes tun:

  • Schreiben Sie an Bischof Belo, daß Sie am 7. Dezember, der in Ost-Timor für den Beginn einer langen Zeit von Unterdrückung und Unrecht steht, für die Menschen in Ost-Timor beten werden.
  • Bringen Sie zum Ausdruck, daß Sie die deutschen Waffenlieferungen nach Indonesien mißbilligen und fordern Sie die Bundesregierung auf, sich stärker als bisher für eine friedliche und gerechte Lösung einzusetzen.

Sie können eigene Postkarten schreiben, Sie können sie aber auch Karten bei uns anfordern. Wir haben dieses Faltblatt vorbereitet, das über die Situation in Ost-Timor informiert und und ein weiteres, das Bausteine und Anregungen für die Gestaltung des Gottesdienstes enthält. Senden Sie die Postkarten bitte bis zum 17.12.1997 an die Indonesien-AG c/o Watch Indonesia! Wir sammeln die Karten und übermitteln Ihre Post nach Ost-Timor. Außerdem werden wir Anzahl und Inhalt Ihrer Schreiben der Bundesregierung und den Bundestagsabgeordneten in einem offenen Brief zur Kenntnis geben und beides am 20.12.1997 veröffentlichen. Bitte helfen Sie mit, daß möglichst viele Menschen von der Aktion erfahren, sie weitertragen und sich daran beteiligen. Faltblätter, Postkarten und Anregungen für den Gottesdienst schicken wir Ihren gerne zu. Anruf, Fax oder E-mail genügt:Indonesien-AG (alte Adresse! unsere aktuelle Adresse finden Sie auf der Hauptseite)c/o Watch Indonesia!Haus der DemokratieFriedrichstraße 16510117 BerlinTel/Fax: 030-204 44 09 oder 06221/33 61 08e-mail: watchindonesia@watchindonesia.org

Wer ist die Indonesien-AG?

Auf Initiative der christlichen Kampagne „Produzieren für das Leben – Rüstungsexporte stoppen“ hat die Indonesien-AG 1994 ihre Arbeit aufgenommen. Sie protestiert auf vielfältige Weise gegen Rüstungsexporte und Menschenrechtsverletzungen in Indonesien und Ost-Timor. In der Indonesien-AG arbeiten zusammen: Watch Indonesia!, Berlin, Heidelberg; Buko-Stoppt den Rüstungsexport, Bremen; IMBAS, Frankfurt; Kampagne Produzieren für das Leben – Rüstungsexporte stoppen, Wiesbaden; ökumenische Arbeitsstelle für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung im Kirchenkreis Stormarn, Hamburg, „Erhebt die Stimme für Ost-Timor“ ist eine Aktion der Indonesien-AG im Verbund mit dem Internationalen Katholischen Missionswerk missio in Aachen und der Missionszentrale der Franziskaner.

k-Postkartenaktion Bischof Belo Köln  1. März 1998

Übergabe der Postkarten an Bischof Belo, Köln, 1. März 1998 Foto: Olaf Dierker


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