Geld oder Liebe? Geld!
Rheinpfalz am Sonntag, 28. Februar 2010
Indonesien plant ein neues Heiratsrecht. Zum Wohl der Frau, einerseits. Andererseits will der Staat damit die Einnahmen aufbessern. Vor allem Ausländer sollen abkassiert werden.
Eine Betrachtung von Martin Schmitt
Ach, die Liebe: Überall kann sie einen erwischen, sogar in der Ferne. Die Blicke des Reisenden und einer Einheimischen treffen sich, es funkt, und bald steht der Entschluss fest, den Lebensweg fortan gemeinsam zu gehen. Man meldet sein Ansinnen den Behörden – und nimmt erstaunt zur Kenntnis, dass der Bräutigam zuallererst eine horrende „Ablösesumme“ für die Herzensdame zu zahlen hat. Sonst gibt‘s keine Dokumente und aus ist‘s mit dem Hochzeitstraum.
Kann nicht sein? Könnte aber, wenn der Entwurf eines Heiratsgesetzes in Kraft treten sollte, den das indonesische Religionsministerium ausgebrütet hat. Nun stammt das gültige Recht aus dem Jahr 1974, eine Überarbeitung tut Not. Und in der Tat haben die Beamten einiges in ihr Regelwerk hineingeschrieben, das die Stellung der Frau nach der Heirat verbessern soll: Keine Ehen mehr am Standesamt vorbei, die die Frauen rechtlich schutzlos lassen, sowie eine stärkere Reglementierung der Polygamie.
So weit, so gut. Fände sich in dem Entwurf nicht ein irritierender Passus über Mischehen von Ausländern und Indonesierinnen. Hier soll der Verliebte 500 Millionen Rupiah, knapp 40.000 Euro, überweisen. Das wäre ein beispielloser Versuch, zwischenmenschliche Beziehungen davon abhängig zu machen, ob die Liebenden sich ihre Liebe auch leisten können.
Entsprechend ungläubig reagieren Menschenrechtsgruppen wie Human Rights Watch und Watch Indonesia. Zumal in dem Entwurf mit keinem Wort erwähnt wird, wem das Geld eigentlich zugute kommen soll.
Da liegt der Verdacht nahe, der Staat wolle sich zusätzliche Einnahmequellen erschließen, die „Exportware Frau“ versilbern. „In Indonesien ist die Vorstellung weit verbreitet, alle Ausländer seien reich“, sagt Axel Flor von Watch Indonesia.
Im Kern geht es den Staatsdienern wohl allein ums liebe Geld. Dass die Transaktion über Kreditinstitute erfolgen soll, die dem Anschein nach gemeinnützig sind, vermag die dahinter steckende Geldgier kaum zu kaschieren. Und die Indonesierinnen? Die gehen auf die Barrikaden – weil sie mehr wert seien als 40.000 Euro. Nur die Liebe zählt? Nein: sie zahlt! <>