Zeitschrift SUARA

Angesagt – aus der Arbeit von Watch Indonesia!

SUARA Nr. 2/2011

Angesagt, Nr. 6, Mai – Juli 2011

 

Die Zukunft Indonesiens als Staat auf der Grundlage von Pancasila und Vielfalt

Der Geburt der Pancasila lag die Idee zugrunde, die vielen unterschiedlichen Ethnien, Religionen und politischen Strömungen Indonesiens unter einer Staatsideologie zu vereinen. Die Pancasila war vom Geist der Vielfalt bzw. Pluralität (Bhinneka) durchtränkt, der als Staatsmotto »Einheit in der Vielfalt« (Bhinneka Tunggal Ika) an der Wand jedes staatlichen Büros oder Klassenraums prangt. Heute aber erlebt die Pancasila eine harte Bewährungsprobe. Sie muss sich an der Frage messen: Ist Indonesien fähig, Minderheiten zu integrieren und zu tolerieren? Wie gehen Indonesier mit den Angehörigen nicht-anerkannter Religionen und mit religiösen und ethnischen Minderheiten um?

»Am Umgang mit Minoritäten zeigt sich, ob die Pancasila etwas taugt«, sagte der bekannte islamische Intellektuelle Ulil Abshar-Abdallah in Berlin. Nach Jahrzehnten des Missbrauchs durch die Neue Ordnung würde heute offen darüber gestritten, die Pancasila abzuschaffen, zu islamisieren oder zu revitalisiern. Zu der sehr gut besuchten Diskussion mit Ulil und dem katholischen Pfarrer Fidelis Waton hatten die Vereinigung indonesischer Studierender (PPI e.V., Perhimpunan Pelajar Indonesia) und die katholische Studentengruppe KMKI (Keluarga Mahasiswa Katholik Indonesia) am 20. Mai 2011 im Soupanova in Berlin eingeladen.

Aktuell ist Religion das heißeste Thema in Indonesien. Häufige Attacken gegen Kirchen, Gewalt gegen islamische Minderheiten wie die Ahmadis und offene Ablehnung der Shiiten zeugen davon, dass in der indonesischen Praxis Religion die gesellschaftliche und politische Ethik nicht positiv beeinflusst. »Je mehr die Religiösität zunimmt, umso größer wird die Intoleranz«, sagte Ulil. »Ich schäme mich für die schweren Menschenrechtsverletzungen an den Ahmadis.« Das Urteil des Verfassungsgerichts, das Verbot der Ahmadiyah, stehe im Einklang mit der Verfassung, kriminalisiere religiöse Abweichler, mit der Folge, dass diesen bis zu fünf Jahren Gefängnis drohen. Nach Ulils Auffassung zeigt das Urteil, das angeblich aus Gründen der nationalen Sicherheit gefallen sei, die Inkonsistenz der Pancasila mit Menschenrechten und Demokratie. »Die Pancasila hat die Bewährungsprobe nicht bestanden«, so Ulil. »Indonesien wird pluralistischer und gleichzeitig immer intoleranter.«

Romo Fidelis Waton, Pfarrer der Katholischen Studentengemeinde in Berlin, nannte die Geburt der Pancasila einen Kompromiss, der die große Herausforderung, die Integration der Minderheiten, benennt. Doch in der Realität seien viele Gruppen nicht in die Gesellschaft integriert und sogar ausgegrenzt: Bewohner von Inseln mit nicht-islamischen Mehrheiten wie Flores, Minderheiten wie die Chinesen. Auf die zunehmenden Angriffe gegen Kirchen agiere die Regierung nicht ernsthaft, was Fidelis Waton als Zeichen der Schwäche des Staates wertet.

Die Diskussion drehte sich um die möglichen Gründe für die Intoleranz und die misslungene Integration der Minderheiten. Boni Hargens warf Präsident SBY seine Sünden vor, andere Teilnehmer glauben in der zunehmenden Arabisierung einen der Gründe zu sehen. Radikalislamische Gruppierungen wollte Ulil jedoch nicht generalisierend verurteilt sehen, sondern nur diejenigen, die zu Gewalt greifen. Als Lösungsansatz pocht er in erster Linie auf Bildung, Bildung und noch mal Bildung. Marianne Klute von Watch Indonesia! wies darauf hin, dass die Frage der Gewalt gegen Minderheiten durchaus internationale Dimensionen habe, zumal Indonesien innerhalb der ASEAN Vorbildfunktion beanspruchen möchte. Die Diskutierenden tendierten jedoch zu der Auffassung, Indonesien müsse die Pancasila-Bewährungsprobe selbst lösen.

Menschenrechte: Leitprinzip deutscher Entwicklungszusammenarbeit

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) lud am 24. Mai 2011 in Berlin zum Politischen Dialog »Menschen. Rechte. Entwicklung. Menschenrechte achten, schützen, stärken!« ein, an dem wir durch Monika Schlicher vertreten waren. Der Staatssekretär im BMZ, Hans-Jürgen Beerfeltz, stellte dort gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Markus Löning, das neue Menschenrechtskonzept des BMZ vor.

»In allen Gesprächen«, betonte der Staatssekretär, »wird auf die Einhaltung der Menschenrechte gepocht.« Kritisch zurückblickend, hätte eine Politik, die auf ein »schön, dass wir darüber geredet haben« hinauslief, nichts bewirkt. Das sei weiße Salbe gewesen. Mit dem neuen Konzept werden Menschenrechte in der Entwicklungszusammenarbeit verbindlich verankert. »Wir wollen damit bewusst Druck ausüben und wir führen einen Menschenrechts-TÜV ein.« Alle Maßnahmen sollen sich systematisch an Menschenrechten orientieren und werden vorab auf ihre Wirkungen hin geprüft. Das Menschenrechtskonzept wurde gemeinhin vom Fachpublikum begrüßt, Rückfragen kamen zur Umsetzbarkeit, Kohärenz und möglichen Zielkonflikten. Die Wirksamkeit des Konzeptes muss sich an der Realität messen.

»Indonesien 2011 und darüber hinaus«

Ein optimistisches Bild der Wirtschaft Indonesiens zeichnete der bekannte Ökonom und NGO-Aktivist Faisal Basri bei dieser Veranstaltung in der Bibliothek der indonesischen Botschaft in Berlin am 02. Juni 2011. Die Lage sei gut, aber sie könne noch besser werden. Denn noch immer zählen mehr als 60% der Bevölkerung zu den Ärmsten dieser Welt, die mit weniger als 2 US$ täglich ihr Leben fristen müssen. Aber Indonesiens Bevölkerung ist jung. Ein Blick auf die Bevölkerungspyramide zeigt, dass der überwiegende Teil fast sein gesamtes Arbeitsleben noch vor sich hat. Die gegenwärtig gute Wirtschaftslage erlaube es, so Faisal Basri, jetzt neue Schulden aufnehmen, um die Infrastruktur zu verbessern. Investitionen werden sich auszahlen. Die gesteigerte Produktivität der arbeitsfähigen Bevölkerung sei eine wertvolle Sicherheit, die man für Schulden in die Waagschale werfen könne.

Basri empfahl darüber hinaus, endlich den maritimen Sektor stärker zu entwickeln. Indonesien sei ein Inselstaat, Transporte zwischen den Inseln seien kompliziert und teuer. Statt in ein verbessertes Straßennetz müsse vielmehr in Transportkapazitäten zur See investiert werden. Es sei nicht einzusehen, warum landwirtschaftliche Produkte aus Nachbarländern für die Konsumenten deutlich billiger seien als Produkte des eigenen Landes.

Nebenbei räumte Faisal Basri mit Vorurteilen auf, die indonesische Wirtschaft sei vom Ausland dominiert. Selbst im »kommunistischen« Kambodscha sei der Anteil ausländischen Kapitals höher. Staatseigene indonesische Betriebe (BUMN) verfügten über ein im Vergleich mit Nachbarländern immenses Kapital. Sehr zu wünschen übrig ließen allerdings die Produktivität und die Erwirtschaftung von Gewinnen. Basri belegte dies mit einem Zahlenvergleich zwischen dem staatlichen malaysischen Erdölkonzern Petronas und seinem indonesischen Pendant Pertamina. Indonesien exportiere in großem Umfang Rohprodukte, bspw. Bauxit, während es die daraus hergestellten oder veredelten teuren Endprodukte, z.B. Aluminium, aus dem Ausland beziehen müsse.

Im Anschluss gab Ivan Al Hadar, Consultant und ebenfalls NGO-Aktivist, einen Überblick über die Millenium Development Goals (MDGs) und die damit verbundenen Herausforderungen für Indonesien. Al Hadar stellte ein Paket von Empfehlungen an die indonesische Regierung vor.

Eingeladen zu dieser Veranstaltung hatte die Vereinigung indonesischer Studierender (PPI e.V.) mit freundlicher Unterstützung der Botschaft der Republik Indonesien. Vorträge und Diskussion wurden moderiert von Pipit Kartawidjaja (Watch Indonesia!).

REDD Konferenz von Misereor

Ist der REDD-Mechanismus ein vielversprechendes Instrument zum Schutz der Wälder oder ein Affront gegen die Menschenrechte? Diese Frage stand im Vordergrund der von Misereor in Berlin am 27. Juni 2011 veranstalteten Konferenz. »Viele Indigene fürchten, dass REDD+-Programme und Projekte ihre Kultur und Lebensweise vom und im Wald bedrohen könnten«, sagte Misereor-Klimareferentin Annika Schröder. Joan O. Carling, Generalsekretärin des Asian Indigenous Peoples Pact (AIPP), warnte, dass tatsächlich viele Indigene, vor allem in Indonesien, durch REDD-Projekte den Zugang zu ihrem Wald verloren hätten. Für Watch Indonesia! nahm Stefanie Hess an der Konferenz teil.

Überleben in der Megacity Jakarta

"Stadtrundfahrt" durch Jakarta

Foto: Ging Ginandjar

Am 1. Jakarta Berlin Arts Festivals beteiligte sich Watch Indonesia! mit einer Stadtführung durch Berlins Partnerstadt. Völlig überfüllt war der Bus, der die Besucher, ausgehend vom alten Hafen Sunda Kelapa über die Prachtstraßen von Berlins Partnerstadt Jakarta mit seinen Luxushotels, Supermalls und modernsten Wolkenkratzern bis in einen Kampung ohne Strom und Wasser führte. »Stadtführer« Alex Flor zeigte den Besuchern nicht nur die Touristenattraktionen, sondern stellte auch die Probleme der wuchernden Megacity dar. In der Armensiedlung angekommen, ging das Publikum zu Fuß weiter, in eine Ausstellung mit Fotos von Hans-Georg Gaul, welche die Geschichte einer »illegalen« Familie zeigte. Zusammen mit Marianne Klute tauchten die Besucher in die Welt der urbanen Armen ein, die von Vertreibung, Gewalt und Rechtsunsicherheit bedroht sind und trotz Wassermangel, Wohnungsnot und Überschwemmungen versuchen zu überleben.

Die sehr gut besuchte Stadtführung und Ausstellung fand am 02. Juli 2011 im Panda Theater der Kulturbrauerei statt. Beim 1. Jakarta Berlin Arts Festivals vom 25. Juni bis 03. Juli 2011 präsentierten Dutzende von indonesischen Künstlern Theater, Musik und Poesie. Interessenten an Stadtführung und Ausstellung »Über-Leben in der Megacity Jakarta« wenden sich bitte an Watch Indonesia!.

BMZ Ländergespräch Indonesien

Zur Vorbereitung der nächsten Regierungsverhandlungen mit Indonesien hatte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) am 05. Juli zum Ländergespräch nach Bonn eingeladen. Zum Einstieg gab es zwei Impulsreferate zu aktuellen, politisch gewichtigen Themenbereichen: Dr. Marco Bünte vom German Institute for Global and Area Studies (GIGA) stellte Chancen und Risiken im Bereich Good Governance, Demokratieentwicklung und Dezentralisierung in Indonesien vor und Prof. Christoph Schuck, TU Dortmund, nahm sich des politisch sensiblen Themas »Islamismus in Indonesien« an. In der Diskussion wurde Präsident SBY, der versucht sich mehrheitskonform zu verhalten, als zu tolerant gegenüber radikalen islamischen Gruppen kritisiert. Es fehle ein klares politisches Signal, eine explizierte Distanzierung.

Sachstand und Ziele der Entwicklungszusammenarbeit mit Indonesien erläuterte Brunhilde Vest, Leiterin des Referats Südostasien. Seit Juni ist Indonesien neben Mexiko, Brasilien, Südafrika und Indien ein sogenannter »Globaler Entwicklungspartner« von Deutschland. Gemeinsam möchte man sich den globalen Herausforderungen beim Klimawandel, der nachhaltigen Wirtschafsförderung und der Gestaltung globaler Entwicklungsagenturen stellen. Anschließend wurde die Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit mit den Teilnehmern des Ländergespräches, an dem für Watch Indonesia! Monika Schlicher teilnahm, diskutiert. Für die bilateralen Gespräche mit Indonesien wurde den BMZ-Vertretern u.a. mit auf dem Weg gegeben, sich für die Achtung der Religionsfreiheit einzusetzen und die Eskalation der religiös bedingten Gewalt zu verurteilen. Kritisch in den Blick zu nehmen sei der Friedensprozess in Aceh. Im Vorfeld der anstehenden Gouverneurs- und Landratswahlen ist mit einer Gewalteskalation zu rechnen, da es innerhalb der ehemaligen Unabhängigkeitsbewegung zu Spaltungen kam und ehemalige Kombattanten sich unversöhnlich gegenüber stehen.

Workshop zu Palmöl

Eine der treibenden Kräfte für den Verlust des Lebensraum der Orang Utan in Indonesien ist die Palmölindustrie. Daher hatte die Borneo Orang Utan Survival Deutschland (BOSD) uns eingeladen, ihnen als Basis für Entscheidungen grundlegende Kenntnisse zu vermitteln. Zum Auftakt sprach Schauspieler Eneko Sanz den bewegenden »Rusdi Monolog«: Bürgermeister Rusdi aus Jambi setzte sich gegen die Palmölindustrie zur Wehr und kam dafür ins Gefängnis. Stefanie Hess beteiligte sich mit einer Einführung zum Stand des indonesischen Waldes. Schließlich wurden Detailfragen, Hintergründe, politische und soziale Folgen der Palmölexpansion erarbeitet. Den Workshop leitete Marianne Klute.

Projektreise nach Indonesien und Osttimor

Unser Mitarbeiter Henri Myrttinen reiste von Mai bis Juli nach Indonesien (u.a. Aceh, Jakarta, Papua und Westpapua) sowie nach Osttimor. In Westpapua stand die gemeinsame Evaluierung mit unserem Projektpartner JASOIL auf dem Programm. JASOIL, das Netzwerk für Soziale und Umweltfragen, engagiert sich auf Gemeindeebene um Friedensarbeit. Die Mitarbeiter bilden Mediatoren aus und schaffen Raum für friedliche Konfliktlösungen.

Neben Interviews und Fachgesprächen nahm er auch an mehreren Konferenzen und Workshops teil. In den Gesprächen mit lokalen und internationalen NGOs, Regierungs- und BotschaftsvertreterInnen und UN-MitarbeiterInnen erörterte er die aktuellen politischen Entwicklungen in Aceh, Papua und Osttimor, die Situation der Menschenrechte, der Rechte von Frauen und den Umgang mit der belasteten Vergangenheit. In Aceh nahm er an der Dritten International Conference on Aceh and Indian Ocean Studies (ICAIOS) in Banda Aceh vom 25.-26.05.2011 teil. Im Fokus standen die aktuellen Entwicklungen in den Post-Konflikt und Post-Tsunami-Wiederaufbauprozessen sowie neuere Erkenntnisse der acehnesischen Geschichtsforschung. In einem vom Jakarta Foreign Correspondents Club organisierten Seminar in Jakarta legten Vertreter des indonesischen und des osttimoresischen Außenministeriums sowie der UN-Mission UNMIT ihre Ansichten zum aktuellen Stand der indonesisch-osttimoresischen Beziehungen und einem möglichen osttimoresischen ASEAN Beitritt dar. Kritischer ging es bei einem Workshop zum MIFEE-Projekt in Merauke (siehe auch Suara 3/2010) bei LIPI (Indonesisches Wissenschaftsinstitut) in Jakarta zu, wo die potentiellen sozialen und ökologischen Folgen des Projektes analysiert wurden. Thematisch ähnlich war auch der von Jasoil organisierte Workshop zu REDD+ und FPIC (Free, Prior and Informed Consent) in Manokwari, bei dem VertreterInnen lokaler NGOs die Auswirkungen dieser Prozesse mit Dorfältesten aus der Region diskutierten.

Veranstaltungen bei Watch Indonesia!

Mit dem Umzug in die neuen Büroräume in der Urbanstraße 114 möchten wir wieder regelmäßig zu Veranstaltungen zu Indonesien und Osttimor einladen. Den Auftakt bildete der Vortrag von Henri Myrttinen, der jüngst beide Länder besucht hatte. Am 19. Juli 2011 referierte er über die Friedensprozesse und die Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung in Aceh und Papua. Zu den anstehenden Gouverneurswahlen dort gab er einen aktuellen politischen Überblick, insbesondere auch zu der politischen Partizipation von Frauen. Auch in Osttimor sind die für 2012 anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen bereits ein beherrschendes Thema, gleichfalls die Furcht vor erneuten Gewaltausbrüchen.

Am 27. Juli 2011 haben wir uns den Politthriller Balibo, der zum Zeitpunkt des Einmarsches Indonesiens in Osttimor 1975 spielt, angeschaut. Der Film erzählt die wahre Geschichte von der Ermordung von australischen Journalisten durch die über die Grenze von Westtimor aus vorrückenden indonesischen Truppen vor dem offiziellen Beginn der Invasion. Ein Verbrechen, das bis zum heutigen Tag keine juristische Aufklärung gefunden hat. Der Film schildert in beklemmender Weise die Situation in Osttimor kurz vor der Invasion und die Bemühungen von José Ramos-Horta, dem heutigen Präsidenten des Landes, die Macht der Medien zu nutzen. Erfolglos. Weitere Informationen: http://www.balibo.com/

Neue Studie von urgewald: Banken und Biokraftstoffe – Der Biokraftstoffboom und seine Folgen

Klimaschutz ist in aller Munde. Heute, wo die unbeherrschbare Risikotechnologie Atomkraft und die CO2– intensiven Kohlekraftwerke Auslaufmodelle werden, liegt die Zukunft in erneuerbaren Energien. Auch die Biokraftstoffe sollen einen Teil zur klimafreundlichen Energieversorgung beitragen. Sie wurden lange als umweltfreundliche Alternative gegen Klimawandel, Rohstoffknappheit und die Abhängigkeit vom Öl gepriesen. Heute stellen sie sich als eine der Haupttriebkräfte für Landnahme, den Anstieg von Nahrungsmittelpreisen und Naturzerstörung heraus.

An Hand von Länderbeispielen wird gezeigt, wie großflächige Monokulturen von Zuckerrohr in Brasilien und Ölpalmen in Indonesien Lebensräume in grüne Wüsten verwandeln. Die einhergehende Zerstörung von wichtigen Kohlenstoffspeichern wie Wälder, Savannen oder Moore führt den Anbau von Energiepflanzen ad absurdum. Folge des Biokraftstoffbooms ist die fortschreitende Ausbeutung von Land in ärmeren Nationen durch reiche Industrieländer. Trotz lauter werdender Warnungen treiben Regierungen und Lobbyisten den Welthandel mit Bioenergien immer weiter voran.

Deutsche Finanzinstitutionen, die Adressaten der Studie, haben die Zerstörungen mitzuverantworten. Am Beispiel der Sinar Mas Gruppe und von Bakrie Sumatera Plantations zeigt Marianne Klute von Watch Indonesia! auf, wie diese von Beginn an mit Gewalt und Landraub in Indonesien zu Wirtschaftsmächten wurden. Außerdem gibt der Beitrag einen Überblick über den aktuellen Stand der Ölpalmexpansion und die damit verbundenen ökologischen, sozialen und politischen Probleme. Auf den Plantagen herrscht Sklavenarbeit vor, wie Katrin Ansel von Misereor am Beispiel Brasilien demonstriert. Eine der Forderungen an die Banken ist daher, Investitionen in den Palmölsektor zurückzustellen, bis grundlegende Rechte in den Produzentenländern anerkannt und respektiert werden. <>


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