Zeitschrift SUARA

West-Papua – ein langer Weg zu Reformen

Indonesien-Information Nr. 2-3, 1998 (West-Papua)

Der Machtwechsel in Jakarta bedeutet noch nicht das Ende der verfahrenen Situation in West-Papua (Irian Jaya). An der Macht und der Rolle des Militärs, an seiner langen Tradition der Gewalt, hat sich noch nichts geändert, wie gerade hier, tausende Kilometer von Jakarta entfernt, deutlich wird. Ein Überblick über die Entwicklungen seit Mai 1998.

Papua man

Leben in Papua

Foto: Pietsau Amafnini

Menschenrechtsverletzungen wird weiterhin nur wenn unbedingt nötig nachgegangen. Obwohl in Indonesien nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Probleme West-Papuas eine Diskussion über eine föderalistische Staatsstruktur und größere Autonomie der Provinzen beginnt, herrscht große Angst vor dem Auseinanderfallen des multiethnischen Inselreiches. Wie tief der Wunsch nach Unabhängigkeit überall in der Bevökerung verankert ist, wird daher weitgehend verleugnet. Die lang angestaute Frustration der Bevölkerung bricht sich in immer neuen Gewaltausbrüchen Bahn.

Die Spirale der Gewalt

Einige Tage nach dem Machtwechsel im Mai legten die Vertreter dreier lokaler Kirchen Irian Jayas der Presse und der Nationalen Menschenrechtskommission Komnas HAM einen Bericht vor, der wiedergibt, was seit zwei Jahren im Gebiet der Täler Bela und Alama westlich der Freeport-Mine geschah. In dieser Region hatte die Befreiungsbewegung West-Papuas, OPM, am 8. Januar 1996 eine Gruppe von WissenschaftlerInnen aus West-Papua, Indonesien und Europa als Geiseln genommen, die nach 130 Tagen durch einen gewaltsamen Militäreinsatz befreit wurden. Seither war der Zugang zu dem Gebiet vom Militär gesperrt.

Erst jetzt konnten Kirchen und MenschenrechtlerInnen von den Übergriffen berichten, die dort unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschehen waren /vgl. Bericht ü.d. Menschenrechtsverletzungen und die Hungerkatastrophe in Bela, Alama, Jila und Mapenduma, Mai 1998/. Neben zahlreichen zerstörten Häusern und Gärten dokumentiert der Bericht den gewaltsamen Tod von 11 Zivilpersonen. Die Militäroperationen verschärften zudem die durch die Dürre ohnehin prekäre Nahrungsmittelversorgung. Viele Menschen starben in der Folgezeit an Hunger und Auszehrung. BewohnerInnen der beiden Täler waren aus Angst vor den Militäroperationen in Verstecke geflohen, während die Soldaten versuchten, die Menschen in einigen Siedlungen zu konzentrieren und kontrollieren. Die meisten der elf namentlich aufgeführten Personen verloren ihr Leben, als sie ihre Verstecke verlassen mussten, um in ihren Gärten Nahrung zu holen.

Der von den Kirchen vorgelegte Bericht ist innerhalb weniger Jahre bereits der zweite seiner Art. Schon 1995 hatten die australische Organisation ACFOA (Australian Council for Overseas Aid) und der katholische Bischof Irian Jayas, Munninghof, von schweren Übergriffen im Umfeld der Freeport-Mine durch das indonesische Militär berichtet. Bis heute folgten aus der Vorlage dieser Berichte keinerlei Konsequenzen. Weder wurden Verdächtige vor Gericht gestellt, noch wurden Opfer entschädigt. Der Bischof sowie ACFOA hatten damals u.a. das „Verschwinden“ der vier Brüder Kwalik im Herbst 1994 dokumentiert. Ein fünfter Bruder, Kelly Kwalik, befand sich später unter den Entführern der WissenschaftlerInnen, wo er sich durch sein kompromissloses Auftreten hervortat. Mit den Menschenrechtsverletzungen, die auf der Suche nach den Entführern begangen wurden, schließt sich der Kreislauf der Gewalt.

Neue Gewalt

Der Machtwechsel in Jakarta brachte die Hoffnung mit sich, dass es nun möglich sei, die verfahrene Situation in West-Papua aufzubrechen. So offen wie nie zuvor wurden nicht nur die Vorfälle in Bela und Alama, sondern auch die Möglichkeit der Unabhängigkeit West-Papuas diskutiert. Ermutigt durch einen Brief des US-Kongresses vom 22. Mai 1998, in dem der frisch ins Amt gehobene Präsident Habibie aufgefordert wurde, mit den Völkern Osttimors und Irian Jayas einen fairen Dialog über die Menschenrechte und eine gerechte Lösung des politischen Status‘ ihrer Regionen zu beginnen, hielten Einheimische Anfang Juli in Sorong, Jayapura und Biak Demonstrationen ab. Sie forderten die Unabhängigkeit von Indonesien, die Freilassung der politischen Gefangenen, den Rückzug des Militärs sowie eine Lösung der Landrechtsprobleme in West-Papua /IHRSTAD – Institute for Human Rights Studies and Advocacy, Sorong, 2.6.98/

Die Grenzen der Reformen wurden schnell sichtbar. Die lange angestaute Frustration bei der Bevölkerung und die Tradition der Gewalt bei den Sicherheitskräften führten schnell zu blutigen Auseinandersetzungen. Die DemonstrantInnen steckten Gebäude in Brand und bewarfen sie mit Steinen, von Seiten der Soldaten kamen Knüppel, Fußtritte und scharfe Munition zum Einsatz.

Ersten Meldungen zufolge waren Todesopfer zu beklagen. Paul Baut von der örtlichen Sektion des Rechtshilfeinstituts LBH und Syamsuddin, Mitglied der Menschenrechtskommission Komnas HAM, verurteilten die unverhältnismäßige Gewalt der Soldaten /Tapol, 5.7.98; IHRSTAD, Juli 98/Antara, 2.7.98/.

In Biak griffen am frühen Morgen des 6. Juli Soldaten, einen Wasserturm an, an dem sich wenige Tage zuvor einige hundert Personen versammelt hatten. Auf dem Turm war eine Unabhängigkeitsflagge gehißt gewesen /Suara Pembaruan, 4.7.98/. Was bei dem Angriff im einzelnen geschah, ist nur bruchstückhaft bekannt, denn MenschenrechtlerInnen und JournalistInnen hatten lediglich telefonischen Kontakt nach Biak. Ein deutsches Fernsehteam der ARD wurde kurz nach diesen Ereignissen des Landes verwiesen /Jakarta Post, 13.7.98/. Auch das Rote Kreuz erhielt keinen Zutritt zum Ort des Geschehens.

Komnas HAM bestätigte in der Zwischenzeit ein Todesopfer in Biak /Jakarta Post, 30.7.98/. Angesichts glaubhafter Schilderungen, die langsam an die Öffentlichkeit dringen, muss jedoch mit einer deutlich höheren Zahl von Opfern gerechnet werden.

Verschiedene Quellen berichteten von Zeugen, die hinterrücks beschossen wurden /BBC, 7.7.98/, von durch Soldaten bewachte Krankenhäuser /Reuters, 10.7.98/, von Folter und von Gefangenen mit Schussverletzungen, denen medizinische Behandlung verweigert wurde /Human Rights Watch Asia, 9.7.98/. Im September berichtete Australian Volunteers Abroad (AVA), dass ca. 200 Verhaftete, darunter auch zufällige Zeugen, sich zwei Stunden lang in die pralle Sonne legen mussten, während Soldaten über ihre Bäuche und Gesichter trampelten /AVA via AWPA, September 98/. Ein Geistlicher berichtet von 300 Todesopfern oder Verschwundenen. Verstümmelte Leichen seien mit Kriegsschiffen der Marine transportiert und ins Meer geworfen worden. Frauen seien regelmäßig von ABRI-Angehörigen vergewaltigt worden /pers. Mitteilung, 7.9.98/. Selbst Colonel Agus Edyono musste entgegen ersten offiziellen Beteuerungen zugeben, dass auch scharfe Munition zum Einsatz gekommen war. Einige Personen seien von verirrten Kugeln getroffen worden, meinte Edyono /The Age, 8.7.98/.

Die Berichte schienen sich durch eine große Anzahl von Leichen zu erhärten, die an der Küste Biaks angeschwemmt wurden. Die lokalen Behörden äußerten die Vermutung, es handele sich dabei um Opfer der Sturmflut (Tsunami) im 600 km entfernten Papua Neuguinea. John Rumbiak, Bischof Leo Laba Ladjar und andere MenschenrechtlerInnen bedauerten, dass keine Untersuchung der Todesursache und der Herkunft der Leichen stattgefunden hatte /Jakarta Post, 30.7.98/.

Die Regierungen Australiens und der USA protestierten gegen die übermäßige Gewalt von Seiten ABRIs /Robert F. Kennedy Memorial Center for Human Rights, 7.7.98/. Werner Hoyer (F.D.P.), Staatsminister im Auswärtigen Amt, der zur Zeit der Unruhen zu Besuch beim indonesischen Präsidenten Habibie war, äußerte sich nicht zu den Geschehnissen /AFP, 7.7.98/.

Keine Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen

Im September hatte William Bourden, Generalsekretär der International Federation of Human Rights (IFHR) geurteilt, in Indonesien sei bislang nicht ein einziger Fall von Menschenrechtsverletzungen vor ein Zivilgericht gebracht worden. Alle Fälle werden lediglich vor Militärgerichten verhandelt. Trotz eines gewissen Maßes an gutem Willens seien daraus bislang keine Konsequenzen ersichtlich, die Kultur der Immunität des Militärs setze sich fort /AFP, 18.9.98/. Armeechef Wiranto wies die Angriffe auf ABRI wegen der vielen nun zutage tretenden Menschenrechtsverletzungen zurück. Die Vorfälle seien als Verfehlungen einzelner zu sehen, meinte er /Jakarta Post, 15.9.98/.

Das Urteil Bourdens wird durch die Realität in Irian Jaya bestätigt. In der Provinzhauptstadt Jayapura, wo es nicht ohne weiteres möglich ist,  sich dem Blick der Öffentlichkeit zu entziehen, wurde nach den Unruhen vom Juli eine militärische Untersuchungskommission eingesetzt, die bald einen Schuldigen ausfindig machte: einen Soldaten des Regionalkommandos (Korem) 172. Er soll für den Tod des Jurastudenten Steven Suripatty und die schweren Schussverletzungen von Korina Onim verantwortlich sein, hieß es /Antara, 16.9.98/.

Der im Mai von den Kirchen an eine breite Öffentlichkeit gebrachte Menschenrechtsbericht hatte eine ganze Reihe weiterer Untersuchungen und Veröffentlichungen nach sich gezogen. Angehörige des Rechtshilfeinstitutes LBH Jayapura reisten nach Bela, wo sie 11 Fälle von sexuellen Übergriffen ermittelten /Media Indonesia, 30.7.98/, die Nationale Menschenrechtskommission Komnas HAM kündigten an, sie werde umgehend eine Vertretung in Irian Jaya eröffnen /Kompas, 1.6.98/ und die lokale Zeitung Cendrawasih Pos berichtete vom Tod von 20 Mitgliedern der Familie Natmaramol, die nach einem Zusammenstoß zwischen Soldaten und der OPM in einer Racheaktion erschossen wurden, nachdem sie ihr eigenes Grab hatten schaufeln müssen /Cendrawasih Pos, 16.6.98/.

Der Wind der Reformen erreichte hingegen nicht die abgelegeneren Gegenden wie beispielsweise die Insel Biak. Dort wurde freigelassenen Gefangenen untersagt mit AusländerInnen zu sprechen. Viele Verletzte ließen sich aus Angst vor Repressalien nicht ärztlich behandeln. AVA berichtete, Apotheken würden überwacht. Ein australischer Botschaftsangehöriger, der nach Biak gereist sei, um Informationen zu sammeln, wurde beschattet /AVA via AWPA, September 98/.

Der politische Status

Die Ereignisse in Irian Jaya gaben der Diskussion um die Staatsform Indonesiens und den Status der Provinzen neuen Auftrieb. Größere Autonomie für die Regionen wird von Amien Rais /South China Morming Post, 13.7.98/ oder Komnas HAM /Reuters, 22.7.98/ als Schritt zur Lösung der Probleme angesehen. Einen föderalistischen Staat diskutiert der Schriftsteller und Priester Mangunwijaya /Jakarta Post, 4.8.98/. Aus dem pazifischen Raum werden Stimmen laut, die eine Neuverhandlung des politischen Status Irian Jayas und die Wiederaufnahme der Region auf die UN-Liste der nicht selbstverwalteten Territorien fordern.

Die neue Regierung Indonesiens war schnell bei der Hand, einen Vorschlag zu unterbreiten, demzufolge Irian Jaya ab 1999 ein Autonomiestatus zugesprochen werden soll. Außerdem würde ein Gesetz vorbereitet, das die Verteilung der Finanzen zwischen „Zentrum und Regionen“ neu regeln soll, ließ der Innenminister verkünden /Kompas, 21.8.98/. Zuvor hatte Habibie eine Autonomieregelung bereits als Lösungsmöglichkeit für den Osttimor-Konflikt vorgeschlagen. Bei aller Verschiedenheit der beiden Regionen in Hinsicht auf ihren völkerrechtlichen Status wurde zumindest ein Einwand laut, der für beide gleichermaßen gilt: die Anerkennung eines Sonderstatus alleine bedeutet keinerlei Verbesserung. Schon seit vielen Jahren genießen Provinzen wie Aceh oder Yogyakarta einen nominellen Sonderstatus, der aber in der Realität bedeutungslos blieb. Der vergleichsweise moderate Gouverneur Irian Jayas, Freddy Numberi, befürwortet eine Autonomieregelung daher nicht ohne weiteres, vielleicht, weil er als einziger diesen Vorschlag ernst nimmt: Vor der Umsetzung der Autonomie müsse erst einmal die Ausbildung der Einheimischen verbessert werden, damit sie ihre Region auch tatsächlich selbst regieren könnten, und nicht wieder auf Fachkräfte aus Java oder Sumatra angewiesen seien, erklärte er /AFP, 25.8.98/.

Auf Seiten Indonesiens herrscht große Angst vor dem Auseinanderfallen des Staates. „Diese Leute wollen keine Reform, sie wollen einen separaten Staat,“ erläuterte Colonel Agus Edyono die Notwendigkeit der Militäraktion gegen die DemonstrantInnen am Wasserturm in Biak. Armeechef Wiranto erklärte: „wo immer eine andere als die indonesische Flagge gehisst wird, muss das als Verrat gesehen werden, und ABRI wird dies nicht tolerieren“ /The Australian, 8.7.98/. Auch liberalere Kräfte wie Amien Rais werden beim Thema West-Papua zurückhaltend. Er äußerte sich zwar positiv über eine größere Selbstbestimmung Osttimors, zeigte sich aber bezüglich West-Papuas zugleich besorgt über „das jugoslawische und sowjetische Zerfallssyndrom, das nun auch Indonesien befällt“ /Le Monde Diplomatique, 11.09.98/.

Im September nahm die Schärfe, mit der dem Verlangen nach Unabhängigkeit begegnet wurde, zu. Irian Jayas Gouverneur Freddy Numberi und Militärkommandeur Amir Sembiring beschuldigten den Vorsitzenden der Pancasila-Jugend Yorrys T. Raweyai, die Demonstrationen für die Unabhängigkeit „geschürt“ zu haben. Yorrys sei auf zwei Treffen erschienen, an denen prominente Vertreter Papuas wie etw Tom Beanal, Jugend- und Frauengruppen, Kirchenoberhäupter und Studierende teilgenommen hätten. Thema der Treffen sei die Frage der Unabhängigkeit gewesen. Yorrys habe außerdem T-Shirts mit einschlägigen Parolen verteilt. Numberi wie Sembiring meinten, dass solche Aktivitäten nur eine geringe Basis in der Bevölkerung hätten /Gatra, 19.9.98/. Die Pancasila-Jugend (Pemuda Pancasila) ist eine der Organisationen, die in der Vergangenheit oft benutzt wurden, um bei Demonstrationen indonesischer Oppositioneller als Provokateure und Gegendemonstranten aufzutreten. Unter Yorrys Kommando fungiert die Pemuda Pancasila in Jakarta als mafia-ähnliche Gang, die u.a. als Schuldeneintreiber aktiv ist.

Doch auch weniger illustre Gestalten gerieten ins Visier. Am 30. September wurde Don Al Flassy, Anthropologe und Sekretär der Planungsbehörde Bappeda zusammen mit einem Geistlichen, zwei Behördenmitarbeitern und zwei Studenten verhaftet. Einige der Männer waren an den Demonstrationen Anfang Juli beteiligt. Grund für Flassys Verhaftung war seine Mitgliedschaft im ‚Komite Independen Papua Barat‘ (Unabhängigkeitskomittee für West-Papua), für das er am 28. September zu einem Treffen eingeladen hatte. Auf dem Briefkopf der Einladung war ein Flagge und ein Vogel abgebildet, Symbole der Separatisten, wie das Militär meinte /Kompas, 2.10.98/.

West-Papua – wichtige Ressource für Indonesien

Nicht nur die Angst vor dem Auseinanderfallen Indonesiens, sondern auch der drohende Verlust wichtiger ökonomischer Ressourcen sorgt bei indonesischen PolitikerInnen für Zurückhaltung, wenn es um die Frage nach dem Grad der Autonomie West-Papuas geht. Bergbau, Holzwirtschaft und Plantagen sind wichtige Devisenquellen und die ressourcenreichen Regenwaldgebiete Irian Jayas steigen im Zuge der Wirtschaftskrise an Bedeutung für die Volkswirtschaft. Neben der politischen Selbstbestimmung müssen daher auch grundlegende Fragen der Entwicklungspolitik Indonesiens diskutiert werden, um der Ressourcenausbeutung Einhalt gebieten zu können.

Abdul Gafur, der Vorsitzende einer parlamentarischen Untersuchungskommission, die im Sommer West-Papua bereiste, gab offen zu, dass die überall spürbare Unzufriedenheit mit der Regierung und der seit 35 Jahren währenden ökonomischen Benachteiligung „zu Symptomen des Separatismus geführt“ habe. Um die Bevölkerung an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben zu lassen, empfiehlt die parlamentarische Delegation eine Entwicklung Irian Jayas, die dessen spezifischer Kultur mehr gerecht werden müsse. Insbesondere müssten die Landrechte gesichert sein. Staatliche Entwicklungsprogramme sollten NGO-Projekte mit einbeziehen /Kompas, 21.8.98/Commission VII Report, September 98/.

Gafur empfahl auch, das Transmigrationsprogramm zu modifizieren, in dessen Rahmen jährlich tausende von Menschen von den dicht besiedelten Inseln wie Java oder Madura in dünner besiedelte Regionen umgesiedelt werden. Die Umsiedlung dieser Menschen ist nicht nur ein Instrument der Bevölkerungspolitik, sondern soll zudem die Entwicklung der entlegenen Provinzen vorantreiben und die Einheit der Nation stärken. In der Vergangenheit kam es oft zu Konflikten zwischen Siedlern und einheimischer Bevölkerung. Menschenrechtsgruppen werfen der Regierung vor, das Programm zur „Javanisierung“ und Islamisierung der Bevölkerung Irian Jayas zu benutzen. Außerdem wird die lokale Bevölkerung gezwungen, ihr Land zugunsten der Siedlungen aufzugeben. /Kompas, 24.9.98/.

Das Untersuchungsteam empfahl weiterhin, den vom Bergbauunternehmen PT Freeport Indonesia mitfinanzierten Entwicklungsplan auf eine klare rechtliche Grundlage zu stellen. Der Plan war in der Vergangenheit von Kirchen und NGOs angegriffen worden, weil er nach ihrer Ansicht dazu diente, Zwietracht unter den Papuas zu säen /Commission VII Report, September 98/.

Selbstverständlich gingen die Parlamentarier nicht so weit, das nicht nur in West-Papua umstrittene Transmigrationsprogramm oder gar den Kupferabbau durch Freeport insgesamt in Frage zu stellen. Selbstsicher konnte der amerikanische Mutterkonzern Freeport Mac MoRan daher auch den Bericht der parlamentarischen Delegation in einer eigenen Pressemitteilung bekanntgeben. Die Gesellschaft betonte die Aussage des Untersuchungsteams, daß die Existenz Freeports gesichert werden müsse /Business Wire, 14.9.98/. Erst im Februar, so berichtet Survival International, waren 1.400 Papuas als lokale TransmigrantInnen umgesiedelt worden, um Platz für die 1997 genehmigte Erweiterung des Freeport-Konzessionsgebietes zu machen /Survival International Presentation, UN Commission on Human Rights – Commission on the Prevention of Discrimination and Protection of Minorities, 50th Session, 3-28 August 1998/.

Auch den Streitkräften wird eine Rolle empfohlen. In Zukunft sollten Soldaten weniger mit der Jagd nach Angehörigen der Guerillaorganisation OPM als mit Entwicklungsaufgaben befasst sein, meint Amir Sembiring. ABRI wolle jetzt den Schwerpunkt darauf setzen, den „rückständigen“ Menschen in den Dörfern zu helfen. Die Soldaten würden zwar auch weiterhin Waffen tragen, aber sie sollten auch über landwirtschaftliche Ausrüstung wie Saatgut u. dgl. verfügen. Mit diesem neuen Ansatz wolle man diejenigen, die bisher die indonesische Präsenz bekämpft haben, dazu bringen in ihre Dörfer zurückzukehren und ihr Land zu bearbeiten /AFP, 8.8.98/. Die Parlamentarier kamen zu dem Schluss, die „combat units“ sollten durch ein „operation command“ ersetzt werden /Commission VII Report, September 98/. Werden die indonesischen Truppen und Spezialeinheiten nun zu Landwirtschaftsbrigaden?


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