Eine Million Opfer ohne Anerkennung
Stefan Loose Reiseführer Bali, Lombok, 04. Februar 2015
http://www.stefan-loose.de/buecher/asien/bali-lombok/
Ein Beitrag von Basilisa Dengen (Watch lndonesia! e.V. Berlin)
Die antikommunistischen Massaker 1965 sind der internationalen Öffentlichkeit weitaus weniger bekannt als der Holocaust in Deutschland oder der Völkermord in Ruanda. ln der Geschichte lndonesiens markieren sie aber einen Wendepunkt im politischen und gesellschaftlichen Leben.
Am 30. September 1965 wurden in Jakarta sechs hochrangige Militärgeneräle ermordet. Medien machten die PKI für den Putschversuch verantwortlich. General Suharto nutzte die Situation, um die Autorität des Präsidenten Sukarno zu schwächen und die Macht zu übernehmen. Unter seiner Führung kam es in den folgenden Monaten mit Hilfe westlicher Staaten, insbesondere der USA, zu einer beispiellosen Verfolgung und Ermordung von Kommunisten und deren vermeintlichen Sympathisanten. Die Angaben über die Zahl der Toten variieren,die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht von mindestens 500.000 Opfern. Die Massaker fanden hauptsächlich in Zentral und Ost-Java sowie auf der Insel Bali statt und wurden von der Armee und paramilitärischen Einhei ten verübt,aber auch lokale Gegner der PKI waren an den Gewaltorgien beteiligt. Die Opfer wurden verhaftet und abtransportiert, an geheimen Orten erschossen, vergraben oder in Flüsse geworfen. Vereinzelt wurden Leichen oder Körperteile öffentlich zur Schau gestellt,um Angst und Schrecken zu verbreiten.
Der Kommunismus gehört in lndonesien noch heute zu den verbotenen Ideologien. Auch nach Suhartos Abdankung 1998 kam es zu keiner staatlichen Anerkennung der Massaker, geschweige denn zur Aufklärung der Verbrechen. Seit mehreren Jahren kämpfen daher zivilgesellschaftliche Organisationen und Opferverbände für Rehabilitierung und Entschädigung, aber auch Wahrheitsfindung und Versöhnung. Die Aufklärung kommt allerdings nur schleppend voran: Ein im Juli 2012 vorgelegter Bericht einer einberufenen Kommission bezeichnete die Ereignisse zwar als schwere Menchenrechtsverletzung, dennoch wurde ein entsprechender Prozess von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Die Straflosigkeit der damaligen Mörder ist eine der größten Herausforderungen des heutigen lndonesiens, wie anschaulich im Film „The Act of Killing“ dokumentiert wird.