Information und Analyse

Aceh: Volksbelustigung bleibt aus, Prügelstrafe wird weiter praktiziert

Information und Analyse, 13. April 2018

von Alex Flor

Irwandi Yusuf, Gouverneur der indonesischen Provinz Aceh, verkündete ein Ende der öffentlich vollzogenen Prügelstrafen

cambuk

öffentliche Auspeitschung in Aceh

Foto. Chaideer Mahyuddin

In Momenten zynischer Stimmung, wie ich sie manchmal an mir selbst erlebe, dachte ich des öfteren darüber nach um eine Lizenz zum Verkauf von Luftballons und Zuckerwatte anzufragen, wenn in Aceh mal wieder eine öffentliche Auspeitschung stattfinden würde. Diese vor den Moscheen vollzogenen Prügelstrafen zogen massenhaft neugierige ZuschauerInnen an, die bei diesem Ereignis unbedingt dabei sein wollten. Der Eintritt war frei. Die Stimmung war ausgelassen. Es wurde eifrig fotografiert. Selfies fürs Familienalbum: »Ich war dabei«. Unweigerlich drängten sich mir Bilder aus dem alten Rom auf, als die Verfütterung von Christen an hungrige Löwen ganze Stadien füllte.

Sensationsgeilheit und Voyeurismus lockten die Scharen zu diesen Volksfesten gleichenden Aufführungen der Ausübung brutaler Gewalt. Es wäre wohl den wenigsten aufgefallen, wie fehl am Platz der Verkauf von Luftballons und Zuckerwatte bei einer solchen Gelegenheit gewesen wäre. Vielleicht hätte ich ein gutes Geschäft damit machen können.

Nichts könnte weiter von Religion, Ethik und Moral entfernt sein als die Volksfeststimmung aus Anlass einer Auspeitschung. Das dämmerte immerhin auch den progressiveren Kräften in Acehs Gesellschaft. Bereits seit längerem wurden Stimmen laut, die dafür plädierten sich am Beispiel des Nachbarstaates Malaysia zu orientieren, wo die Prügelstrafe nicht öffentlich, sondern verborgen hinter Gefängnismauern vollzogen wird. Dieser Forderung solle in Zukunft genüge getan werden, verkündete der »progressive« Gouverneur der Provinz, Irwandi Yusuf, nun gegenüber den Medien. Er möchte damit außenpolitischen Imageschaden von Indonesien abwenden, sagte er.

An der Tatsache, dass die Prügelstrafe eine Körperstrafe bleibt, die nach internationalen Maßstäben als Folter gewertet werden muss, ändert sich nichts. Indonesiens Image in Bezug auf die Menschenrechte wird nicht dadurch besser, dass diese Körperstrafe künftig hinter Gefängnismauern, statt in der Öffentlichkeit, vollzogen wird. Menschenrechtsregularien der UN, die von Indonesien gezeichnet und ratifiziert wurden, verpflichten den Staat, dieser Praxis Einhalt zu gebieten. Aber die Regierung in Jakarta schweigt dazu. Und das »progressive« Lager in der Provinz Aceh traut sich nicht weitergehende Forderungen – etwa nach Abschaffung des Scharia-Strafrechts – zu stellen.


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