Jakarta bezeichnet Volksabstimmung als fair
Kölner Stadtanzeiger, 01. September 1999
Osttimor – 150 Beobachter stundenlang festgehalten
Dili – Als fair hat die indonesische Regierung die Volksabstimmung über die Zukunft Osttimors bezeichnet. Außenminister Ali Alatas sagte am Dienstag in Jakarta, er begrüße den friedlichen und damit fairen Verlauf der Abstimmung am Montag. Es habe zwar einige Unregelmäßigkeiten gegeben, das Gesamtbild sei aber positiv. Auch UN-Generalsekretär Kofi Annan, die EU und die US-Regierung würdigten die Volksbefragung als gelungen. Die Wahlbeteiligung betrug nach Angaben der UN schätzungsweise 99 Prozent. Rund 430.000 Stimmberechtigte sollten am Montag darüber abstimmen, ob die frühere portugiesische Kolonie einen Autonomie-Status innerhalb Indonesiens erhalten oder unabhängig werden soll. Einer Abspaltung Osttimors müsste in Indonesien aber erst die „Beratende Volksversammlung“ zustimmen, die im November zusammentritt.
Die versiegelten Behälter mit den Stimmzetteln wurden mit Hubschraubern nach Dili geflogen. Dort werden die Urnen in einem zentralen Auszählungsbüro geöffnet und ausgezählt. Die UN, die mit etwa 4.000 Helfern im Einsatz sind, rechnen mit einer Veröffentlichung des Ergebnisses erst in einer Woche. Die Führung in Jakarta hatte mehrfach zusagt, die seit 1975 besetzte und 1976 annektierte Provinz bei einem entsprechenden Votum in die Unabhängigkeit zu entlassen.
Zugleich verschärften sich die Spannungen zwischen Befürwortern und Gegnern der Unabhängigkeit wieder. Pro-indonesische Milizen setzten für mehrere Stunden etwa 150 UN-Mitarbeiter und ausländische Beobachter in Ermera, 35 Kilometer westlich der Provinzhauptstadt Dili, fest. Berichte, sie hätten dabei drei einheimische UN-Mitarbeiter umgebracht, bestätigten sich allerdings nicht.
Milizen errichteten vielerorts Straßensperren und patrouillierten mit Gewehren und Macheten in den Straßen von Dili. Zeitweise blockierten sie auch den Zugang zum Flughafen und zum Seehafen von Dili. „Es brennt an vielen Ecken“, erklärte der deutsche Wahlbeobachter Volker Stapke von der Menschenrechtsorganisation „Watch Indonesia“ in Dili. Der Führer der pro-indonesischen Kräfte, Basilio Araujo, sagte seine Mitwirkung an der Versöhnungskommission für Osttimor bis auf weiteres ab und bestritt die Gültigkeit der Volksabstimmung. (rtr, afp, epd) KStA