Die Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze der Bundesregierung hat im September die Abschlusserklärung im Beschwerdeverfahren gegen Heidelberg Materials bezüglich der umstrittenen Pläne zum Bau einer Zementmine und -fabrik in Zentraljava veröffentlicht. Lokale und indigene Gemeinden lehnen das Projekt ab und reichten im September 2020 Beschwerde gegen den deutschen Zementriesen ein. In der Beschwerde wurde dargelegt, dass das Projekt die Wasserversorgung und Landwirtschaft von mindestens 35.000 Menschen gefährdet und Stätten von spiritueller Bedeutung für die indigenen Samin bedroht. In der Abschlusserklärung wird das Unternehmen nun aufgefordert, den betroffenen Gemeinden seine Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung bereitzustellen, wie es die OECD- Leitsätze empfehlen.

Die Erklärung folgt auf ein fast vierjähriges Beschwerdeverfahren, welches eine Mediation zwischen dem Unternehmen und den Beschwerdeführern umfasste. Die Mediation scheiterte letztlich an dem Beharren des Unternehmens auf strenge Vertraulichkeitsregeln. „Die von der Firma geforderte Geheimhaltung hätte die beteiligten Gemeindevertreter*innen daran gehindert, die Betroffenen frei über den Prozess zu konsultieren. Solche überzogenen Vertraulichkeitsregeln sind nicht nur unnötig, sie drohen zudem das Vertrauen und die Solidarität innerhalb der Gemeinden während eines möglicherweise langwierigen Mediationsverfahrens zu zerstören“ so Mathias Pfeifer von FIAN Deutschland.

„Wir sind sehr enttäuscht über die Mediation. Sie wurde nur deshalb beendet, weil wir uns nicht über die Frage der Vertraulichkeit einigen konnten. Während der Mediation wollten wir Heidelberg Materials eigentlich die Situation vor Ort, den problematischen Konsultationsprozess und vieles weitere erläutern. All das konnten wir nicht vermitteln, da der Prozess vorzeitig beendet werden musste“, so Gemeindesprecher Bambang, der an der Mediation beteiligt war.

Heidelberg Materials, einer der größten Zementhersteller der Welt und DAX-Konzern, sah sich mit starkem öffentlichen Druck konfrontiert, das Projekt abzubrechen. Dazu gehören zahlreiche Proteste in Indonesien und bei den Hauptversammlungen in Deutschland sowie eine Klage vor indonesischen Gerichten. Auch eine Folgenabschätzung des indonesischen Präsidialamtes und des Ministeriums für Umwelt und Forstwirtschaft aus dem Jahr 2017 weist auf die erheblichen Risiken für Mensch und Natur hin. Das Unternehmen, früher bekannt als HeidelbergCement, versucht derzeit, sich im Bereich der Umwelt- und Sozialverantwortung zu profilieren. Die Aktivitäten in Zentraljava und andere problematische Projekte stellen dies in Frage.

Protest gegen Kalksteinabbau im Kendeng-Gebirge, Nationaler Tag der Bäuer:innen, 20. September 2024 © JM-PPK

„Heidelberg Materials ist nach internationalen Menschenrechtsnormen verpflichtet, die Folgenabschätzung des Projekts gegenüber den betroffenen Gemeinden offenzulegen und zu erläutern, wie sich das Projekt auf sie auswirken würde. Die Gemeinden haben das Recht, an der Entscheidungsfindung teilzunehmen – auch bei der Frage, ob ein solch risikoreiches Projekt überhaupt durchgeführt werden soll“, erläutert Natalie Bugalski, Senior Legal and Policy Director bei Inclusive Development International.  „Indem Heidelberg Materials diese Schritte nicht unternimmt, versagt es bei der Einhaltung seiner menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflichten und riskiert, dass das Projekt in Zukunft erheblichen Schaden anrichtet“, so Bugalski weiter.

Inclusive Development International und FIAN Deutschland standen den Gemeindevertreter*innen bei dem Beschwerdeverfahren zur Seite. Gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung, Watch Indonesia!, Rettet den Regenwald und der Stiftung Asienhaus werden sie die betroffenen Gemeinden  weiterhin unterstützen. „Wir werden unseren Kampf fortsetzen, um den Bau der Zementfabrik in unserem Dorf zu verhindern. Das Land ist ein Erbe unserer Vorfahren. Es ist für die Landwirtschaft, um unsere Kinder und Enkelkinder zu ernähren. Die Kendeng-Berge sind zudem ein wichtiges Wasserreservoir, und der Kalksteinabbau wird dieses Wasserreservoir beschädigen. Wenn es zu Wassermangel kommt, sind wir Frauen die ersten, die davon betroffen sein werden“, erläutert die Gemeindevertreterin Suparmi aus dem Dorf Tambakromo.

„Das Projekt in Zentraljava würde den Zugang zu Wasser und die Ernährungssicherheit für Tausende von Menschen gefährden. Dies wäre ein klarer Verstoß gegen das Lieferkettengesetz“, ergänzt Mathias Pfeifer. Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, eine Reihe von Grundsätzen und Standards für verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln, sehen vor, dass OECD-Mitgliedstaaten eine Nationale Kontaktstelle einrichten, die sich mit Beschwerden gegen multinationale Unternehmen befassen, die sich nicht an die Vorschriften halten. Seit Januar 2023 ist zudem das deutsche Lieferkettengesetz in Kraft, an das sich Heidelberg Materials und seine Tochtergesellschaften halten müssen.

 

Kontakt:

Mathias Pfeifer, FIAN-Referent Südostasien: M.Pfeifer@Fian.de

Natalie Bugalski, Senior Legal and Policy Director: natalie@inclusivedevelopment.net