Vierzig Prozent Timors gehören den Suhartos
Berliner Zeitung, 28. September 1999
Politik, Wirtschaft und Militär sind eng verflochten
Wirklich überrascht hat es die Indonesier sicher nicht. Aber empört waren sie trotzdem, als das Magazin „Time“ im Mai berichtete, dass sich Ex-Präsident Suharto während seiner Amtszeit um 15 Milliarden Dollar bereichert hat bei einem Präsidentengehalt von knapp 1.800 Dollar. Die internationale Organisation „Corruption Watch“ hält 15 Milliarden noch für reichlich untertrieben. Die indonesische Organisation hat 2.500 Fälle gesammelt, die die kriminellen Geschäftsgebaren Suhartos und seiner Familie dokumentieren. Auch die Menschenrechtsorganisation „Watch Indonesia“ ist den Milliarden auf der Spur.
Und die führt bis Osttimor: 40 Prozent der Inselprovinz gehören zu den Millionen Hektar Grundbesitz der Familie, der insgesamt größer als die Fläche Belgiens ist. Suhartos Tochter Tutut besitzt eine Kaffeefabrik in der Hauptstadt Dili, zusammen mit Bruder Tommy eine riesige Zuckerplantage und plant außerdem den Bau einer Zementfabrik, wie sie ihr Onkel dort bereits hat. Dieser wiederum möchte in Osttimor einen Hafen bauen und selber betreiben. Bambang, Suhartos zweiter Sohn, bohrt auf Osttimor nach Öl, und Enkel Ari kontrolliert den Verkauf von Alkohol. Beziehungen des Suharto-Clans zu Gruppen des indonesischen Militärs sind „Watch Indonesia“ lange bekannt. Beobachter sehen in ihnen einen Grund für das milizenfreundliche Verhalten der indonesischen Streitkräfte während der letzten Wochen in Osttimor.
Die Suhartos sind nur ein Beispiel für den Einfluss reicher indonesischer Eliten, deren private Interessen den Kurs des ganzen Landes beeinflussen. Dass der Reichtum des Clans nicht der Lohn harter Arbeit ist, sondern die Bilanz krimineller Geschäftemacherei, will „Corruption Watch“ beweisen.
Für den Fall, dass der Fall Suharto vor das Nationale Strafgericht Indonesiens kommt, droht dem Ex-Diktator eine lebenslange Haftstrafe. Während seiner 32-jährigen Amtszeit sollen 73 Milliarden Dollar durch die Hände seiner Familie geflossen sein erwirtschaftet mit Hilfe internationaler Investoren, durch den Missbrauch von Entwicklungshilfe, durch Abschöpfen von Subventionen sowie Steuerhinterziehung. „Corruption Watch“ spricht von Bevorzugung bei Staatsaufträgen, zinslosen oder ungetilgten Krediten, gewaltsamen Land-Enteignungen oder schlicht Bestechung.
Auch Habibie ist verwickelt Doch solange Jusuf Habibie Präsident ist, wird es kein Verfahren geben. Denn den Suharto-Nachfolger hat „Corruption Watch“ auch auf der Liste. Zurzeit beschäftigt die Organisation ein Skandal um „Bank Bali“, eine der großen Geschäftsbanken Indonesiens. Knapp 80 Milliarden Dollar sind im Rahmen der Rekapitalisierung verschwunden. Vermutlich diente das Geld zur Deckung von Wahlkampfkosten der regierenden Golkar-Partei Habibies. In weiteren 16 Habibie-Fällen geht es um umgerechnet 150 Milliarden Mark an faulen Krediten.
Häufig tauchen dabei auch Namen deutscher Firmen auf. Angeblich hat der in Aachen zum Diplom-Ingenieur ausgebildete Habibie neben der indonesischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Könnte man ihm das nachweisen, wäre seine politische Karriere wohl beendet, da in Indonesien niemand zwei Staatsbürgerschaften haben darf der Präsident schon gar nicht. „Der Berliner Zeitung“ liegt ein Dokument vor, aus dem hervorgeht, dass zumindest einer der Habibie-Söhne Deutscher ist.
„Solange Habibie an der Macht bleibt, wird auch die Korruption fortdauern.“ Teten Masduki, Corruption Watch