Watch Indonesia! – ein Auge auf den Inselstaat

Neues Deutschland, 30. Mai 2002

Die NRO kämpft für Menschenrechte und Ökologie

Von Andreas Schug

Neues-DeutschlandAm diesjährigen ND-Pressefest wird erstmalig auch die Berliner Nichtregierungsorganisation (NRO) »Watch Indonesia!« teilnehmen. Die Gruppe hat sich 1991 gegründet.

Im Büro in Kreuzberg duftet es süßlich nach Nelkenzigaretten, die ein indonesisches Flair verbreiten. Ansonsten ist das Büro von Watch Indonesia! sehr »europäisch« eingerichtet – klare Strukturen, eine Pinnwand, Regale mit vielen Ordnern. »Wir stehen knallhart auf dem Boden der politischen Tatsachen«, sagt Geschäftsführerin Monika Schlicher. Neben ihr arbeiten fünf Studierende auf 20-Stunden-Basis bei dem eingetragenen Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Arbeit von indonesischen Menschenrechts- und Ökologiegruppen zu unterstützen. Zu ihrem Arbeitsgebiet zählt auch das seit 1999 unabhängige Osttimor.

Entstanden ist die Gruppe im November 1991, aufgerüttelt durch das Santa-Cruz-Massaker in Dili (Osttimor), erzählt Gründungsmitglied Alex Flor. Innerhalb kürzester Zeit verwandelte sich ein am Weltgeschehen interessierter Freundeskreis von deutschen und indonesischen Berlinern in eine Polit-Gruppe. Zwei Wochen später organisierten sie einen Informationsabend mit Augenzeugen an der Technischen Universität. Seitdem ist die Gruppe Watch Indonesia! – seit 1994 als e.V. anerkannt – auf rund 50 Mitglieder angewachsen, die über die ganze Welt verstreut sind. Die Schwerpunkte des Vereins liegen bei der Menschenrechts- und Lobbyarbeit, entwicklungspolitischer Informationsarbeit, interkultureller Verständigung. Dabei kommt die Kritik an der Bundesregierung nicht zu kurz. »Unsere Arbeit orientiert sich an den Bedürfnissen der Betroffenen, wie sie durch verfolgte, diskriminierte, oder anders benachteiligte Gruppen oder Einzelpersonen in Indonesien und Osttimor selbst bzw. durch deren Interessenverbände sowie durch Nichtregierungsorganisationen (…) formuliert werden«, schreibt der Verein in seiner Selbstdarstellung. Am wichtigsten ist für Watch Indonesia! derzeit die Verurteilung der Verantwortlichen für die blutigen Vertreibungen in Osttimor Ende 1999, vor und nach dem erfolgreichen Referendum zur Loslösung von Indonesien. Damals wurden schätzungsweise 200.000 Osttimorer vertrieben.

Ein wesentliches Element dieser Kampagne ist die unabhängige Beobachtung des »Ad-hoc-Tribunals«, das zurzeit in Jakarta tagt. Watch Indonesia! konnte den Vizepräsidenten und Menschenrechtsbeauftragten der Berliner Anwaltskammer, Bernd Häuser, gewinnen, der den Prozessauftakt in der indonesischen Hauptstadt verfolgt hat. Der Jurist wird in knapp zwei Wochen einen Bericht vorlegen. »Der Prozess wird eine internationale Signalwirkung haben«, sagt Schlicher. Die Standards, die man jetzt setze, würden auch in ähnlicher Form auf andere Länder übertragen. Auch deshalb stießen die Informationen, die Anwalt Häuser nach Indonesien mitbrachte, bei den dortigen Aktiven auf großes Interesse: Wie wurden seinerzeit die Mörder von Auschwitz verurteilt? Welche Standards wurden dort festgelegt? Wie gelangen Anwälte in Deutschland an Geheimdienstakten? Ein großes Problem für die indonesischen Partner ist die Beweisführung in einem Prozess, der auf nur 180 Tage befristet ist. Trotz zahlreicher Indizien, dass das indonesische Militär die marodierenden Milizen in Osttimor selbst ausgebildet hat, um Angst und Terror zu verbreiten, gibt es kaum Möglichkeiten, Einsicht in die Regierungsakten zu erhalten.(ND 30.05.02)


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