Hoffnungsträgerin enttäuschte

Neues Deutschland, 22. September 2004

Steht Wahlgewinner Yudhoyono für Rückkehr des Militärs in die Politik?

von Alex Flor

Neues-DeutschlandBei den ersten direkten Präsidentschaftswahlen in Indonesien liegt Susilo Bambang Yudhoyono nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmen 20 Prozent vor Amtsinhaberin Megawati Sukarnoputri.

Beobachter berichten von einem ruhigen Verlauf des Urnengangs bei eher mäßiger Wahlbeteiligung. Das geringe Interesse der Wähler zeigte sich schon im Wahlkampf. Bei einer im Fernsehen übertragenen Zentralveranstaltung im Hilton Hotel in Jakarta war kaum mehr als die Hälfte der 600 vorhandenen Sitze belegt. Indonesiens Bevölkerung zeigt sechs Jahre nach Ende der Suharto-Diktatur Anzeichen von Politikmüdigkeit. Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr wurde sie zu den Urnen gerufen. Das im April gewählte Parlament hat sich noch nicht konstituiert. So lassen Veränderungen auf sich warten und stärken das Gefühl, Wahlen könnten nichts bewirken.

Tatsächlich sind die Unterschiede zwischen beiden Kandidaten eher gering. Beide gehören der selben politischen Elite an. Yudhoyono war bereits Minister im Kabinett des 2001 gestürzten Präsidenten Abdurrahman Wahid. Danach war er Koordinationsminister für Politik und Sicherheit im Kabinett Megawatis, in dem sein Vize Jusuf Kalla das Amt des Koordinationsministers für Soziales bekleidete.

Die wenigen programmatischen Aussagen der beiden Kandidatenpaare sind ebenso austauschbar wie ihre potenziellen Koalitionspartner. Die ehemalige Hoffnungsträgerin Megawati hat enttäuscht und wurde deshalb von den Wählern abgestraft. Aber ist General a.D. Susilo Bambang Yudhoyono eine glaubhafte Alternative? Oder steht SBY, wie er in Indonesien genannt wird, nicht vielmehr für die Rückkehr des Militärs in die Politik? Oppositionelle Gruppen sind in dieser Frage gespalten. Kann Megawatis Nähe zum Militär von einem leibhaftigen General noch übertroffen werden? Ist nicht der Zivilist Bush mindestens so militaristisch wie der frühere USA-Präsident General Eisenhower? Bis zuletzt wurde heftig debattiert, ob man die Wahlen boykottieren oder sich für das kleinere Übel entscheiden sollte. SBY gibt sich als Mann der Tat. Seine beim Militär erworbene Disziplin befördert dieses Image. Wo Megawati lieber schweigt und andere mit vielen Worten nichts sagen, redet SBY Klartext. Seine entschiedene Haltung zum Terrorismus – in Indonesien trotz der Serie von Terroranschlägen kein wahlentscheidendes Thema – sicherte ihm die Sympathie des westlichen Auslands. Nach seinen Vorbildern befragt, nennt SBY seinen Schwiegervater, General Sarwo Edhie, bekannt als »Schlächter von 1965/ 66«. Unter Sarwo Edhies Kommando wurden Hunderttausende tatsächlicher und vermeintlicher Kommunisten ermordet.

SBY als Hardliner abzustempeln, griffe dennoch zu kurz. Yudhoyono ist intelligent und aufgeschlossen. Zusammen mit seinem jetzigen Vize Kalla trug er maßgeblich zum Friedensabkommen zwischen den Bürgerkriegsparteien auf den Molukken bei. Auch im blutigen Konflikt um die abtrünnige Provinz Aceh bemühte sich SBY um eine politische Lösung. Da die Unabhängigkeitsbewegung jedoch seine harten Bedingungen nicht annehmen wollte, zeichnete er letztlich verantwortlich für die Verhängung des militärischen Ausnahmezustandes. Über ein in sich geschlossenes Regierungsprogramm verfügt der neu gewählte Präsident indes nicht. <>


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