Nicht auf Kosten anderer

Naturschutz im Saarland 3, 2007, NABU Saarland e.V.

Geplantes Palmölkraftwerk in Dillingen

logo_nabu_slIm Saarlouis-Dillinger Saarhafen soll ein Pflanzenölkraftwerk gebaut werden, das nach Angaben des Betreibers 144.000 Tonnen Importpflanzenöl jährlich zur Stromerzeugung verbrennen wird. Während sich der Umweltausschuss der Stadt Dillingen gegen das Kraftwerk entschieden hat, ist der Umweltausschuss der Stadt Saarlouis für das Kraftwerk.

Im Kraftwerk wird überwiegend importiertes Palmöl verbrannt werden, das auf dem Weltmarkt gekauft wird und über Rotterdam mit Tankschiffen zum Dillinger Hafen transportiert wird. Das Palmöl muss aus technischen Gründen bei einer konstanten Temperatur von 38 Grad Celsius gelagert und transportiert werden, sodass für den Transport (bis zu zehntausend Kilometer) schon ein hoher Energieaufwand notwendig wird.

Ende Juni war Marianne Klute von Watch lndonesia zu Gast in Saarlouis. Rudi Reiter nutzte die Gunst der Stunde und sprach mit der Asien-Kennerin.

Frau Klute, Sie waren in Indonesien. Wie ist die Lage im Bezug zur Palmölgewinnung dort einzuschätzen?

Für Indonesien ist die Ölpalme zur „Goldpalme“ geworden. Schon jetzt ist eine Fläche von 6,5 Mio. ha – fast so groß wie Bayern – mit Ölpalmen bepflanzt, und Indonesien beherrscht zusammen mit Malaysia den globalen Palmölmarkt mit 85%. Seitdem die EU-Staaten auf Erneuerbare Energien setzen, ist die Nachfrage nach Palmöl stark gestiegen. Indonesien (bzw. das Landwirtschaftsministerium) plant daher enorme Produktionssteigerungen und will nach Angaben der indonesischen Investitionsbehörde Arabien als Öllieferanten ablösen. Um dies zu erreichen, sind mindestens 20 Millionen Hektar neue Plantagen geplant (Fläche Bundesrepublik: 36 Mio. ha), und zwar durchweg Megaplantagen in großem Stil.
Plantagen sollten bevorzugt auf degradiertem, d.h. bereits kahl geschlagenem Land angelegt werden. Eine beliebte Praxis von Unternehmen ist es daher, den Wald gezielt zu „degradieren“, zuerst am wertvollen Tropenholz zu verdienen, dann Feuer zu legen und zuletzt Fördergelder zur Wiederaufforstung zu beantragen. Zweitens werden Plantagen auf Waldflächen angelegt, die zum Kahlschlag freigegeben sind. Drittens gibt es reichlich illegale Plantagen, in Nationalparks und auf erschlichenem Bauernland.

Welche Ausmaße hat die Waldzerstörung im Zusammenhang mit den Palmölplantagen?

Indonesien ist seit Jahren Weltmeister der Waldzerstörung. Dabei wird ungleich mehr Holz „gewildert“ als genehmigt eingeschlagen, in vielen Gebieten beträgt der illegale Holzeinschlag 90%. Der Tieflandregenwald auf Sumatra ist Vergangenheit, der Wald auf Borneo ist in einem äußerst kritischem Zustand. Nur in Papua gibt es noch zusammenhängende Tropenwälder. Es ist dringlich, dass jedwede Anstrengung unternommen werden muss, den Holzeinschlag sofort zu stoppen, nicht nur den illegalen. Doch trotz mancher Anstrengungen hat sich kaum etwas geändert. Und mit dem Palmölboom hat der Restwald kaum noch Chancen.
Dramatisch sind die alljährlichen Brände, besonders auf Borneo, wenn die Torfböden brennen. Auf Borneo gehen 80% der Waldbrände ursächlich auf Palmölplantagenunternehmen zurück. Sie sind hauptverantwortlich dafür, dass Indonesiens Kohlendioxidemissionen die dritthöchsten weltweit sind. Wegen Waldvernichtung und den hohen Emissionen gehört Palmöl nicht zu den Erneuerbaren Energieträgern.

Wie ist die arme Bevölkerung von diesen Vorgängen betroffen?

Etwa 45 Millionen Menschen leben in und vom Wald. Sie verlieren ihren Lebensunterhalt. Ein Teil von ihnen werden als Kleinbauern Ölpalmen anbauen können, doch nach den bisherigen Erfahrungen in schuldnerische Abhängigkeit von der Kernplantage geraten. Ein Großteil verarmt. Besonders die Indigenengruppen sind chancenlos. Ein riesiges Problem sind die Landrechte, wenn die Bauern oder die Waldbewohner übervorteilt, vertrieben, betrogen werden. Doch überall in Indonesien beginnen die Menschen sich gegen die Plantagen zu wehren, und wir befürchten, dass es nicht bei den aktuellen fünfhundert Konflikten bleibt. Die Ölpalme hat das Potenzial, auch zur Konfliktpalme zu werden.

Was sagen Sie zur Politik im Saarland, die das Palmölkraftwerk weitestgehend unterstützt?

Die Politiker sollten sich bewusst sein, dass sie Waldvernichtung und Missachtung der Menschenrechte von Millionen von Menschen hoffähig machen. Sie setzen ein Signal, welches unsere wenn auch geringe Hoffnung, noch etwas zur Rettung der Regenwälder zu tun, zunichte macht. Sie demonstrieren Gedankenlosigkeit oder sogar Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben der Menschen in den Ressourcenländern.

Halten Sie Pflanzenölverwertung zur Energieerzeugung für eine sinnvolle Option?

Trotz meiner kritischen Worte vorher: Pflanzenöl könnte einen Beitrag zur Energieerzeugung leisten, wenn zum Beispiel ein entlegenes Dorf sonst keinen Zugang zur Elektrizität hat. Nur dann.

Glauben Sie, dass durch eine Ökozertifizierung das Problem zu lösen ist? Einige deutsche Politiker fordern die weltweite Zertifizierung des Ölpflanzenanbaues, um damit die Umweltverträglichkeit zu gewährleisten.

Nein. Ich sehe nicht, dass Palmölplantagen die notwendigsten ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen Kriterien erfüllen könnten. Umweltverträgliche Megaplantagen sind ein Widerspruch in sich selbst. Doch falls ein akzeptables Zertifizierungssystem gelingt, wird es nur minimale Mengen Palmöl für die Energieerzeugung geben, und das Palmölkraftwerk in Saarlouis muss schließen.

Recht herzlichen Dank für dieses Gespräch <>


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