Zeitschrift SUARA

Angesagt – aus der Arbeit von Watch Indonesia!

SUARA Nr. 2/2010

Angesagt, Nr. 3, April – Juli 2010

Ego Lemos zu Gast in Berlin

Ego Lemos

Ego Lemos

Foto: Victoria Kumala Sakti

Man nennt ihn auch den Bob Dylan von Osttimor. Nach dem Konzert, das er für uns am 13. Juli im Soupanova gab, waren auch wir bezaubert und bewegt von Ego Lemos‘ Musik und der darin zum Ausdruck gebrachten Liebe zu seinem Land und den Menschen. Er singt in seiner Muttersprache Tetum von der Vielfalt der Traditionen, vom Gemeinsinn und er spricht die Menschen in ihrer ländlichen Identität an. Der Erhalt der Umwelt ist ihm eine Herzensangelegenheit. Er wirbt mit seinen Liedern für eine ländliche Entwicklung, die nachhaltig ist, lokales Wissen einbezieht und den Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Mit einer raschen Mechanisierung der Landwirtschaft, die auf Export ausgerichtet ist, geht seiner Meinung nach vieles an traditionellem, angepassten Wissen verloren und führt letztlich in Abhängigkeit. Als er vor 10 Jahren mit dem Konzept von Permakultur bekannt wurde, fand er für seinen Ansatz einen Namen. Gemeinsam mit weiteren engagierten Freunden gründete er die Organisation PERMATIL. Die Organisation führt seitdem zahlreiche Trainings mit Gemeinden zu nachhaltiger Landwirtschaft durch, seit letztem Jahr ist sie auch vom Ministerium für Landwirtschaft und Forst nachgefragt, um Berater für ländliche Entwicklung in nachhaltigem Landmanagement zu schulen. PERMATIL’s „Permakultur Handbuch für Osttimor“ fasst das nötige Wissen anschaulich zusammen. Praktische Anschauungsbeispiele ihrer Arbeit finden sich in Laga, Distrikt Baucau, und in Turiskai, Distrikt Manufai, wo mit den dortigen Gemeinden Permakultur-Zentren entstanden sind. Watch Indonesia! und PEMATIL sind zur Unterstützung der ländlichen Entwicklung in Osttimor eine Partnerschaft eingegangen. Mehr zu Musik und Engagement von Ego Lemos unter http://egolemos.com

Osttimor

Im Juni reiste unsere Mitarbeiterin Monika Schlicher zusammen mit Maria Tschanz nach Osttimor, im Juli folgte unser Mitarbeiter Henri Myrttinen. Gemeinsam werden sie im regiospectra Verlag ein Buch „Osttimor auf der Suche nach Identität – zwischen Neotraditionalismus und Visionen der Moderne“ herausgeben. Hierzu führten sie zahlreiche Interviews zu den Themen Rollenverständnis und Lebensverläufe von Frauen und Männern, Vergangenheitsaufarbeitung, Entwicklung und Wahrnehmung des Transformationsprozesses. Sie besuchten lokale Nichtregierungsorganisationen, die sich für eine friedensfähige Gesellschaft engagieren, in Dili, Liquisa, Gleno und Ermera. Zusätzlich führten sie Gespräche mit internationalen Organisationen zu ihren Projekten im Land. An dem Buchprojekt werden sich auch Autoren und Autorinnen aus Osttimor und Indonesien beteiligen.

Intensiv recherchierte Frau Dr. Schlicher zu dem Themenkomplex „Erinnerungskultur und Anerkennung für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen“, zu dem sie in der Reihe Menschenrechte des Internationalen Katholischen Missionswerkes missio in Aachen zu Ende des Jahres eine Studie veröffentlichen wird.

Indonesien: Westpapua

Im Juli 2010 besuchte unser Mitabeiter Henri Myrttinen Manokwari, Westpapua, um das von unserer Partnerorgansation JASOIL implementierte Mediations und Konfliktresolutionsprojekt zu evaluieren (siehe auch Suara 1/2010). Neben mehrtägigen Evaluierungsgesprächen machte sich Henri Myrttinen auch ein Bild von der Arbeit von JASOIL in den Dörfern des Distriktes und führte mehrere Hintergrundgespräche mit lokalen, nationalen und internationalen Akteuren in Manokwari und Jakarta.

FriEnt-Rundtisch Indonesien: Aktuelle Transformationsprozesse in Aceh, BMZ, Bonn 19. April 2010
FriEnt Bericht, 03. Mai 2010 (leicht gekürzt):

http://www.frient.de/laender/indonesien.asp
Die Wiederaufbauhilfe nach dem Tsunami bis 2009 und die Beendigung des 30-jährigen Bürgerkriegs mit dem Friedensabkommen von Helsinki in 2005 haben maßgebliche Voraussetzungen für Entwicklung und Frieden in der Provinz Aceh geschaffen. Und doch bestehen ökonomische und soziale Probleme, die die Transformationsprozesse prägen. Nach den Provinzparlamentswahlen in 2009 sind sowohl Legislative wie auch Exekutive dominiert von der Aceh Partei, welche sich als politische Nachfolgeorganisation der Unabhängigkeitsbewegung versteht. Von zentraler Bedeutung ist die Einführung der Scharia in Form einer Sammlung von Gesetzesverordnungen, die vor allem Fragen der Beziehung zwischen den Geschlechtern regelt. Zudem stehen eine vollständige Umsetzung des LoGA (Law on the Governing of Aceh) und die Aufarbeitung der Vergangenheit aus. Was bedeuten diese Herausforderungen für die Konsolidierung von Frieden und Entwicklung? Und welche Rolle haben staatliche, zivilgesellschaftliche und externe Akteure im Friedens- und Demokratisierungsprozess?

Diesen Fragen ging der dritte FriEnt-Rundtisch Indonesien am 19. April in Bonn nach. Vertreterinnen und Vertreter staatlicher und zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie der Wissenschaft tauschten sich über die aktuellen Herausforderungen aus. Kristina Großmann von der Universität Frankfurt/Main und der Südostasien Informationsstelle des Asienhauses Essen gab einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen in Aceh, erörterte die Transformationsprozesse aus einer genderspezifischen Perspektive und beleuchtete die Rolle von Frauen als „change agents“.

Juanda Djamal, Generalsekretär des „New Aceh Consortium“, stellte Möglichkeiten und Strategien für nachhaltigen Frieden und Entwicklung aus zivilgesellschaftlicher Sicht dar und präsentierte die Ansätze und die Arbeit des 2008 gegründeten Konsortiums. Die Mitglieder des Konsortiums betonen, dass die Teilhabe der breiten Bevölkerung an wirtschaftlicher Entwicklung notwendig sei und Voraussetzungen geschaffen werden müssten, die Sicherheit anhaltend gewährleisten. In der Diskussion wurde rückblickend auf fünf Jahre Wiederaufbauhilfe darauf verwiesen, dass von Seiten der Geber die Komplexität der Folgen und Dynamiken der Naturkatastrophe und des Sezessionskonflikts oftmals verkannt wurde. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass die Entwicklung in Aceh weiterhin der Beobachtung, Analyse und Zusammenarbeit bedarf. Auch wenn durch die Sonderautonomie ein Großteil der Verantwortung nun auf Provinzebene liegt, so ist doch das Verhältnis zur Zentralregierung in Jakarta von entscheidender Bedeutung. Hier bedarf es weiterhin der Etablierung belastbarer partnerschaftlicher Dialogstrukturen.

Die Vielfalt an Herausforderungen ist von entgegenwirkenden Dynamiken charakterisiert, die auf dem Rundtisch beispielhaft erörtert wurden. So stehen Potenzialen für Stabilität, wie etwa die Einbindung von Ex-Kombattanten in die säkular orientierte Aceh-Partei, auf der anderen Seite Risiken für den Demokratisierungsprozess durch eine de facto Einparteienherrschaft gegenüber. Auch steht die zunehmende – und für Stabilität dienliche – Rolle von zivilen indonesischen Unternehmen in Aceh deren Potenzial für Destabilisierung aufgrund quasi unkontrollierter wirtschaftlicher Aktivitäten entgegen. Dahinter stehen die mangelhafte Implementierung bestehender Gesetze und die hohe Korruption. Fragen der Reintegration, parallel existierende Rechtssysteme sowie der Erhalt der Umwelt wurden als weitere zentrale Herausforderungen besprochen. Im Allgemeinen werde bisher auch die Islamisierung der Gesellschaft in Aceh unterschätzt.

Übereinstimmend wurde bekräftigt, dass die Maßnahmen und die Präsenz internationaler Akteure auch künftig eine wichtige Rolle in der Konsolidierung des Friedens- und Demokratisierungsprozesses in Aceh spielen werden. Zur Identifizierung von Chancen, Herausforderungen und Risiken brauche es eine umfassende Analyse, die die kurzfristigen und langfristigen Potenziale für Gewalt differenziert benennt. FriEnt wird sich hiermit weiter beschäftigen.
Von Watch Indonesia! nahm Alex Flor an der Veranstaltung teil und wirkte bei der Organisation und konzeptionellen Gestaltung mit. Juanda Djamal, Generalsekretär des „New Aceh Consortium“, war kurze Zeit später zu Gast bei Watch Indonesia! in Berlin. Auf seinem Programm stand u.a. die Teilnahme an einem Rundtischgespräch der Berghof-Gesellschaft. Ein Interview mit Juanda Djamal wird demnächst in unserer Rubrik „Information und Analyse“ veröffentlicht werden.

11. Berliner Entwicklungspolitisches Bildungsprogramm (benbi)

Zum 11. Mal findet vom 08. – 12. November das Berliner Entwicklungspolitische Bildungsprogramm im FEZ-Berlin in der Wuhlheide statt. Unter dem Motto „Geld Global – Wie bestimmt Geld unsere Welt?“ können SchülerInnen der 3. bis 13. Klasse ein umfangreiches Bildungsangebot besuchen: Neben 60-minütigen Workshops werden ein Kinoforum, eine Podiumsdiskussion, ein buntes Kulturprogramm sowie Ausstellungen rund um das Thema Geld angeboten. Gemeinsam entdecken Kinder und Jugendliche die Zusammenhänge in einer globalisierten Welt und bringen ihr eigenes Alltagshandeln mit den Lebensumständen von Menschen auf anderen Kontinenten in Zusammenhang.

Auch dieses Jahr sind wir von Watch Indonesia! wieder mit einem eigenen Workshop vertreten sein: ‚Menschen aller Wälder vereinigt Euch – Geld kann man weder atmen noch essen!’

Die Regenwälder Indonesiens sind längst in den Fokus der Märkte geraten. Wald wird als Ware gehandelt. Welche Folgen hat das für Menschen und Umwelt? Wie könnte eine nachhaltige und gerechte Nutzung aussehen?
Gemeinsam suchen wir nach Antworten. Die Anmeldung von Schulklassen oder Jugendgruppen ist vom 23. August bis 31. Oktober 2010 unter:

www.kateberlin.de/benbi möglich.
Weitere Infos bei Nele Heiland, KATE – Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung e.V., Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin, Tel.030-44053110, anmeldung@kateberlin.de

Außerhalb von Benbi kommen wir gern auch in Ihre Schule oder Jugendgruppe. Weiterhin bieten wir an: Löst eure Energieprobleme nicht auf unsere Kosten! Dieser Workshop entführt die TeilnehmerInnen nach
Indonesien in eine anscheinend ferne Welt, in der die Auswirkungen unserer Energiepolitik massiv zu spüren sind. Anhand von altersgerechten Beispielen schauen wir uns an, was die rücksichtslose Ausbreitung von Palmölplantagen für die Lebensbedingungen der Menschen dort bedeutet: Die Zerstörung des Regenwaldes geht einher mit Menschenrechtsverletzungen, Landvertreibung und Verelendung.

Sprechen Sie uns an: watchindonesia@watchindonesia.org

Kurz belichtet:

Wir nahmen teil an der Veranstaltung der Friedrich Ebert Stiftung: Die indonesische Militärreform 2010 – Chancen und Risiken für die regionale und internationale Zusammenarbeit, Vorstellung des „Wörterbuchs der Umfassenden Sicherheit Indonesien“ durch den Autor Dr. Ingo Wandelt, Südostasienwisenschaftler, am 10 Mai 2010.

Die Militärreform Indonesiens war Thema einer Diskussionsveranstaltung, die am 6. Juni von der indonesischen Studentenvereinigung PPI (Perhimpunan Pelajar Indonesia) in Zusammenarbeit mit der Botschaft der Republik Indonesiens veranstaltet wurde. Wir waren eingeladen, an dieser Diskussion teilzunehmen. Nach einigen Grußworten von Botschafter Eddy Pratomo und den Mitveranstaltern gab Militärattaché Fachri Adhamy einen Überblick über die Reformen der letzten 12 Jahre und stand anschließend Nachfragen der Teilnehmer Rede und Antwort. Alex Flor fragte als Vertreter von Watch Indonesia! unter anderem nach gezielten Bemühungen der TNI zu Rekrutierung indigener Papua.

Wir waren eingeladen, uns am 28. und 29. Juli bei der Fachtagung „Feelings at the Margins: Emotions and Marginality in Indonesia“ vom Cluster of Excellence „Languages of Emotion“ der Freien Universität Berlin einzubringen. Die Tagung wurde geleitet von Prof. Dr. Birgitt Röttger-Rössle, Thomas Stodulka, M.A.(FU Berlin, Social Anthropology) und Ferdiansyah Thajib. M.A. ( KUNCI Cultural Studies Center, Yogyakarta) <>


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