Sie ermittelten beharrlich, personellen und finanziellen Problemen zum Trotz, unbeeindruckt von politischen Interessen. Dreieinhalb Jahre hat es gedauert, und am Ende ging es Schlag auf Schlag. Das osttimoresisch-international gemischte Team von Ermittlern und Staatsanwälten der Behörde für die Untersuchung der schweren Menschenrechtsverbrechen von 1999 (Serious Crimes Unit, SCU) – eingerichtet von der UN und seit der Unabhängigkeit Osttimors dessen Generalstaatsanwalt unterstellt – beantragte Haftbefehle gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Massaker und der Verwüstung des Landes. Der Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt sind höchste Vertreter des indonesischen Militärs und der Polizei sowie osttimoresische Kollaborateure. Die Liste ist lang und liest sich wie ein „Who is who“ der „Masters of Terror“: General Wiranto, Maj. Gen. Zacky Anwar Makarim, Maj. Gen. Kiki Syahnakri, Maj. Gen. Adam Damiri, Col. Suratman, Col. Mohammad Noer Muis, Lt. Col. Sudrajat und der frühere Gouverneur Osttimors, Abilio José Osorio Soares wurden am 24. Februar angeklagt. Wenige Tage später wurde die Liste um den früheren Polizeichef Osttimors, Timbul Silaen sowie die Milizenführer Eurico Guterres, Cancio Lopes de Carvalho und Egidio Manek verlängert. Und bereits Anfang Februar war gegen den Oberkommandierenden aller Milizen João Tavares samt weiteren 31 Milizionären und Angehörigen der indonesischen Streitkräfte (TNI) Anklage erhoben worden. Ihnen werden Mord, Folter, Vertreibung und andere Formen der Verfolgung in Osttimor 1999 zur Last gelegt. Einziger Schönheitsfehler: sämtliche Angeklagten befinden sich in Indonesien und entziehen sich somit dem Zugriff der Behörden in Dili.
Ziel der SCU war es von Anbeginn, nicht nur die einzelnen, oftmals auf Befehl handelnden Straftäter vor Gericht zu bringen, sondern auch deren direkte und indirekte Vorgesetzte, soweit sie an Planung und Ausführung der Taten beteiligt oder für das Verhalten ihrer Untergebenen verantwortlich waren, strafrechtlich zu belangen. „Die Verbrechen waren Teil eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung. Insbesondere wurden diejenigen zur Zielscheibe, von denen man glaubte, sie unterstützten die Unabhängigkeit Osttimors,“ führt die Anklagebehörde aus. Weitere Anklagepunkte sind die Beteiligung bei der Bildung von gewalttätigen Milizen, die zusammen mit der TNI eine geplante und systematische Kampagne durchführten /SCU Press Release, 25.2.03/.
Dies steht in krassem Gegensatz zu den Anklagen vor dem Ad-hoc-Menschenrechtsgerichtshof in Jakarta, die der Sichtweise folgten, es habe sich 1999 in Osttimor um einen bürgerkriegsähnlichen Konflikt zwischen Pro-Autonomie- und Pro-Unabhängigkeitsgruppen gehandelt. Dieser Sicht entsprechend sei das Versäumnis der Sicherheitskräfte lediglich gewesen, bestimmte Übergriffe nicht verhindert zu haben. An der Verflechtung zwischen Milizen und Militär schaute man in den Prozessen beharrlich vorbei. Für die zahlreichen Betroffenen in Osttimor mochte dies wie Schlag ins Gesicht wirken. Sie hatten ohnehin kaum Vertrauen in die indonesische Justiz und den politischen Willen der Regierung in Jakarta, die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Im Kontrast dazu haben die Ermittler und Ankläger in Dili nach Beweisen für die Verflechtung zwischen Milizen und TNI gesucht. Nichts in der Anklageschrift basiere auf Spekulationen, erläutert Stuart Alford von der SCU: “Militias were part of TNI’s ability to commit violent acts. The evidence we have collected shows quite clearly that TNI was in control, in effective control, over the militia groups. That evidence comes from witness statements – over 1.500 witness statements – which support the conclusion we’ve reached” /Jakarta Post, 27.3.03/.
Natürlich wird Indonesien die Angeklagten weder verhaften lassen noch ausliefern. „Einfach ignorieren,“ werde man die Anklagen, meinte Indonesiens Außenminister Hassan Wirayuda /AP, 25.2.03/. Dies mindert jedoch keineswegs den Wert und die Bedeutung der Anklageschriften: „Sie zeigen zum einen, dass die internationale Staatengemeinschaft solche Verbrechen nicht toleriert, dass wir anerkennen, dass es 1999 in Osttimor Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegeben hat, und zum anderen mögen sie den Familien, die Opfer zu beklagen haben, das Gefühl geben, dass dieses Kapitel beendet werden kann,“ kommentierte Eric MacDonald von der SCU die Anklage gegen João Tavares, der heute in Westtimor die Flüchtlingslager kontrolliert /ABC, Asia Pacific Program, 6.2.03/. Für eine Anklage gegen Tavares vor dem Ad-hoc-Gericht in Jakarta hatte angeblich der Anfangsverdacht nicht ausgereicht, ebenso wenig wie im Fall von General Wiranto und weiteren führenden Köpfen.
Da die Prozesse in Dili nicht in Abwesenheit der Angeklagten geführt werden können, wird es wohl aller Voraussicht nach nie zu Verhandlungen kommen. Wiranto, der jegliche Schuld von sich weist und als möglicher Kandidat für die nächste Präsidentschaftswahl gehandelt wird, und die anderen Beschuldigten können also weiterhin ruhig schlafen – solange sie nicht beabsichtigen ins Ausland zu reisen. Denn die von der SCU beim Bezirksgericht in Dili beantragten Haftbefehle werden nicht nur dem Generalstaatsanwalt in Jakarta zugestellt, sondern auch an Interpol übergeben /SCU Press Release, 25.2.03/. Beim Versuch der Einreise zum Einkaufsbummel nach Singapur könnten somit demnächst für Wiranto die Handschellen klicken, um ihn für die Auslieferung nach Osttimor reisefertig zu machen.
Eine späte Genugtuung also, nicht nur für die zahlreichen Opfer der Gewaltherrschaft, sondern auch für die ehemaligen Unabhängigkeitskämpfer Xanana Gusmão und José Ramos-Horta? Sollte man meinen. Doch Osttimors Präsident Xanana Gusmão war außer sich: „Was die Familien der Opfer benötigen ist eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation, nicht Prozesse.“ Jakartas Generäle vor Gericht zu bringen sei seiner Meinung nach nicht notwendig: „Kratze nicht den Buckel, der nicht juckt“ /Tempo Magazine, Feb. - March 03/. Er bedauere die Anklagen, ließ er nach Jakarta vermelden.
Außenminister José Ramos-Horta reiste umgehend nach Jakarta, um die Wogen zu glätten. „The relationship between Timor Leste and Indonesia is far too important for any issue that might arise to discourage us or to derail this relationship,“ betonte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem indonesischen Amtskollegen. Das Beste sei es, die Fälle von Mord, Vertreibung und Verfolgung durch eine Wahrheits- und Versöhnungskommission zu lösen. /Jakarta Post, 5.3.03/
Die Menschen fangen an sich zu fragen, wessen Präsident Xanana
eigentlich ist, fasst José Luis de Oliveira von der angesehenen
Menschenrechtsorganisation Perkumpulan Hak die Stimmung in Osttimor zusammen.
/Jakarta Post, 10.3.03/
Dualismus zwischen Regierung und Zivilgesellschaft
Wie in anderen Gesellschaften, die mit einem Aufarbeitungsprozess konfrontiert werden, bewegen sich auch die Akteure in Osttimor zwischen zwei Polen: zum einen der Position, die der Versöhnung im Namen der akuten Gegenwartsprobleme und der nationalen Stabilität Vorrang einräumt sowie zum anderen der Position, die den Aufarbeitungsprozess als eine unabdingbare Notwendigkeit und Voraussetzung für Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit versteht. In einem typischen Dualismus tendiert die politische Führung des Staates zur erst genannten Position, während Vertreter der Zivilgesellschaft die zweite Position für sich einnehmen.
Für die politische Führung Osttimors genießen Wiederaufbau, Wirtschaftsentwicklung und nationale Sicherheit uneingeschränkte Priorität. Gute Beziehungen zu Australien und den USA sind für sie daher ohne Alternative. Aber auch das gut nachbarschaftliche Verhältnis zur ehemaligen Besatzungsmacht muss gepflegt werden. Indonesien ist und bleibt neben Australien der wichtigste Nachbar mit vielfältigem Einfluss auf die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Belange des Zwergstaates. Und nicht zuletzt liegen gute Beziehungen zu Indonesien – einschließlich seines Militärs – im Interesse der Schutzmächte Osttimors. Die USA und Australien setzen auf das indonesische Militär als wichtigen Verbündeten im Kampf gegen den Terror und radikal-islamistische Tendenzen.
Einer systematischen Strafverfolgung und Vergangenheitsaufklärung stehen die Regierung und der Präsident Osttimors daher zögernd bis ablehnend gegenüber. Der Aufarbeitungsprozess droht realpolitischen und geostrategischen Sachzwängen geopfert zu werden. Dies ist durch die jüngsten Reaktionen auf die Anklagen gegen Wiranto und Konsorten einmal mehr deutlich geworden.
Die Osttimoresen, so Xanana Gusmão, verlangten nach guten Lebensbedingungen, Gesundheit, Bildung und Infrastruktur. Seiner Meinung nach werde die Vergangenheit vergessen sein, wenn es gelinge, soziale Gerechtigkeit zu etablieren: „(...) was bedeutet Unabhängigkeit? Geht es darum, Gerechtigkeit zu erreichen oder soziale Gerechtigkeit? Es geht darum, unsere Prioritäten abzuwägen. Unter Osttimoresen ist unsere Priorität Versöhnung. Manche sagen, dass Gerechtigkeit zuerst komme – vor Versöhnung. Vielleicht in anderen Ländern. Aber in unserem Land muss Versöhnung der erste Schritt sein. Nachdem die Menschen einander vergeben haben, können wir sicher sein, dass die Gerechtigkeit ohne Rachegefühle oder Hass geschieht.“ Dem entsprechend sieht er die nationale und zwischenstaatliche Versöhnung als primäre Aufgaben an: „Es muss mehr Dialog geben, wir müssen die Kultur der Versöhnung kultivieren und es wäre völlig falsch, wenn wir nicht die internen Dialoge zur Versöhnung zwischen Gruppen, Vereinen usw. unterstützen“ /Kay Rala Xanana Gusmão: „Mensagem ao Pais“, 12.06.02/.
Zu den Prozessen in Jakarta vertritt Xanana die Ansicht: „Wenn sie den Bedingungen der internationalen Gemeinschaft entsprechen, wird ein internationales Tribunal natürlich nicht notwendig sein. Wenn dies nicht der Fall ist, glauben wir, dass die internationale Gemeinschaft die richtige Entscheidung treffen wird“ /World Press Review: „Justice and Reconciliation in East Timor“, Interview: East Timorese President Xanana Gusmão, 1.10.02/.
In gleicher Weise äußerte sich Ramos-Horta gegenüber der taz bei seinem Berlinbesuch im November letzten Jahres. Es sei nicht im Interesse Osttimors, wenn Indonesien die Erniedrigung durch ein UN-Tribunal erfahre. Wenn die Prozesse in Jakarta jedoch zur vollkommenen Farce würden, müsse die UN entscheiden, wie man Gerechtigkeit schaffen könne. Osttimor jedoch müsse in die Zukunft schauen. „Manchmal ist es das Beste, die Vergangenheit dort zu lassen, wo sie ist. Selbst wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen, müssen wir die Kraft haben, nach vorn zu schauen“ (s. vorstehendes Interview, S. 26f).
Damit externalisieren Präsident und Außenminister jedwede Eigenverantwortung und Eigeninitiative ihres Landes und übertragen die Verantwortung an die UN. Man darf beiden genügend Realitätssinn und internationale Erfahrung unterstellen, um annehmen zu können, dass sie sich über die Aussichtslosigkeit eines Vorstoßes auf Ebene der UN bewusst sind, wenn nicht einmal das Land der Opfer diesen Vorstoß gut heißt.
Xananas Versöhnungspostulat mündet darin, eine Amnestie der „Referendumstäter“ anzustreben, die sich keine Kapitalverbrechen und sogenannte „crimes de sangue“, wie Vergewaltigung, Körperverletzung u.dgl., zu Schulde kommen ließen. Eine der ersten Amtshandlungen des Kabinetts nach der Unabhängigkeit im Mai letzten Jahres war die Vorlage für das Gesetz Nr. 1, das eine weit reichende Amnestieregelung vorsah. Der Gesetzentwurf sah eine Amnestie für alle diejenigen vor, die sich bis zum Unabhängigkeitstag keiner gewalttätigen Vergehen schuldig gemacht haben. Das Generalpardon sollte für Personen gelten, die gezwungen waren, sich den Milizen anzuschließen, gleichzeitig aber auch für Mitglieder des Widerstandes. Weiterhin sollte generell das Strafmaß für alle bis zur Unabhängigkeit begangenen Straftaten reduziert werden. Davon ausgenommen bleiben sollten lediglich schwerste Vergehen wie Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Eine genaue Definition der verwendeten Begrifflichkeiten blieb der Gesetzentwurf jedoch schuldig. So wurde weder erläutert, was unter „gewalttätige und blutige Verbrechen“ zu verstehen sein sollte und welche Straftaten damit abgedeckt würden, noch wird ausgeführt, in welchen Grenzen eine „erzwungene Mitgliedschaft in der Miliz“ zu sehen ist. In der vorgelegten Fassung käme das Gesetz einem Persilschein gleich, der es auch Tätern schwerer Verbrechen ermöglichte, straffrei auszugehen. Der Gesetzentwurf stieß daher auf breiten Widerstand in der osttimoresischen Gesellschaft und wurde auch von internationalen Menschenrechtsorganisationen heftig kritisiert. Noch vor seiner Einbringung ins Parlament wurde der Entwurf daher zur Überarbeitung zurückgezogen und bislang nicht wieder vorgelegt.
Der staatlichen Position steht eine Front zivilgesellschaftlicher Akteure gegenüber, die sich mehrheitlich für ein internationales Tribunal und umfassende, systematische Vergangenheitsaufklärung einsetzen. Ihr Fokus liegt auf der juristischen Strafverfolgung. Opferverbände wie RATE LAEK fühlten sich bislang ausgeschlossen: „Wir sind besorgt, dass die Versöhnung sich nur zwischen Regierungsbeamten und ehemaligen Pro-Autonomieführern, die jetzt in Indonesien sind, vollzieht. Wir sind Opfer und die Familien von Opfern und bis jetzt sind wir nicht in den Prozess der Versöhnung einbezogen worden. Wir glauben, dass wahre Versöhnung sich zwischen Opfern und ihren Familien sowie denjenigen, die Verbrechen begangen haben, vollziehen muss – und nicht nur zwischen Führern.“ /Widow’s group demands international tribunal, 24.8.2002/
Herausragende Bedeutung in der Zivilgesellschaft kommt Friedensnobelpreisträger Bischof Carlos Filipe Ximenes Belo zu. Er befürwortet seit Jahren ein internationales Tribunal zu Osttimor und kritisierte daher im August und September 2002 mehrfach die unzureichenden indonesischen Urteile: „(...) Gerechtigkeit ist für die Opfer unerreichbar. Vergewaltiger, Brandstifter und Mörder laufen frei herum, während die Unschuldigen mit ihrem Trauma leben müssen. Dieses Trauma und das Gefühl der Viktimisierung der Menschen wurden mit den jüngsten Verurteilungen (...) wiederbelebt. (...) Es bedarf eines internationalen Tribunals, um den Opfern dieser Verbrechen gegen die Menschlichkeit Gerechtigkeit zu verschaffen. Das psychische Trauma dieser Ungerechtigkeit wird noch verstärkt durch wirtschaftliche Not.“ Er verweist dabei auf die gesellschaftliche und politische Symbolwirkung der Straffreiheit: Dort, wo Straffreiheit gewährt wird, werden die Rechtsstaatlichkeit geschwächt und die Menschenrechte erneut verletzt. In seiner Forderung nach einem Tribunal nimmt er diejenigen Staaten in die moralische Verantwortung, die jahrelang das indonesische Militär unterstützten und die Okkupation Osttimors duldeten. Sie seien zur Hilfe beim Wiederaufbau verpflichtet: „Sie müssen vehement den Prozess unterstützen, der zu genuiner Gerechtigkeit führt, und sie müssen daran mitwirken, den Schutz Osttimors zu garantieren, damit sich die Gewalt der Vergangenheit nicht wiederholt. Die Seelen der Opfer verlangen nicht weniger.“ /International Herald Tribune, 30.8.02/
Belo weigerte sich, als Zeuge in Jakarta auszusagen, zumal er den Ad-hoc-Tribunalen die Glaubwürdigkeit abspricht. Eine politische Amnestie könne es für ihn nur nach einem vollen Geständnis und Reuebekenntnis geben, wobei sich die Amnestie nicht auf zivilrechtliche Verfahren ausstrecken dürfe, d.h. Forderungen nach finanzieller Entschädigung für die Opfer blieben unberührt. Eine Amnestie für Kapitalverbrechen schließt er kategorisch aus und distanziert sich damit von dem Ansatz der südafrikanischen Wahrheitskommission. Zudem sei eine Amnestie von der Zustimmung der Opfer und einer vorherigen Konsultation der Bevölkerung abhängig. „In the interest of the state, cover-up of the truth may bring about unfavourable consequences. Thus, we lose the opportunity of compiling a true history of our past, risking committing the same mistake in the future and an unfavourable appraisal of our country’s history. (…) It is, precisely, when we cover-up the truth of our past that we give the government, or any power group for that matter, the opportunity to deny and distort the truth. Exposing the pattern of systematic and institutional violence that took place in our country, will help to facilitate the elimination of any institutional base that supports perpetrators of crimes; it will help to create a foundation of accountability for the new government and; it will help in the process of reparation and healing for the victims,” erklärte Bischof Belo /Bishop Belo: A Pastoral Appeal – On Amnesty and the Settlement of Crimes against Humanity, 29.6.02/
Unterstützt wird Belo in seiner Kritik von verschiedenen osttimoresischen
Nichtregierungsorganisationen – von Aufarbeitungsinitiativen, Menschenrechtsorganisationen,
Opfer- und Frauenverbänden. Die East Timor National Alliance for International
Tribunal (ANPI) lehnt die indonesischen Ad-hoc-Prozesse ab und fordert
die osttimoresische Regierung auf, ihre offizielle Politik zu ändern
und sich, statt die indonesischen Prozesse anzuerkennen, für ein internationales
Tribunal einzusetzen. Das UN-Tribunal sei notwendig, um die Opfer und ihre
Familien zu würdigen und Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Osttimor
Realität werden zu lassen /ANPI, 17.8.02/.
Keine Demokratisierung ohne Vergangenheitsaufklärung
Das Ausmaß der Vergangenheitsaufklärung – politisch, strafrechtlich
wie auch gesellschaftlich – wird ein Maßstab für den Erfolg
der Demokratisierung Osttimors sein. Seine Auswirkungen auf das Vertrauen
der Bevölkerung in den Staatsapparat und sein Justizsystem – mithin
die Frage nach dessen Legitimität – sind nicht zu unterschätzen.
Von diesem Erfolg wird auch abhängig sein, ob die Reintegration von
Opfern und Tätern in die neu entstehende Zivilgesellschaft dieses
ersten Staates des neuen Millenniums gelingt. Vertrauen in die Justiz und
damit einhergehend ein Bewusstsein für Recht und Unrecht kann nur
dann wachsen, wenn die Personen, die schwere Menschenrechtsverletzungen
und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, vor Gericht gestellt
werden. Mangels des Engagements seiner politischen Elite, bleibt es der
sich gerade erst formierenden Zivilgesellschaft Osttimors überlassen,
sich dafür stark zu machen. <>
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