Indonesien-Information Nr. 1/2003 (Soziales)

 

Unsere Stadt soll schöner werden

In Berlins Partnerstadt Jakarta ist Armut ein Grund für Vertreibung

 

von Andhi M.*


2002 erlebte Jakarta katastrophale Überschwemmungen; die Einwohner fürchten daher, dass die diesjährige Regenzeit wieder Überschwemmungen zur Folge haben würde. Das Amt für Meteorologie und Geophysik schätzte, dass der Höhepunkt der Regenzeit Anfang Februar 2003 war. Starke Regenfälle in nur wenigen Tagen können in Jakarta schnell zu Hochwasser führen. Von Dezember bis Januar gab es nur wenig Niederschlag, anders als im letzten Jahr, als es tagelang ununterbrochen regnete. So kam es dieses Jahr nur kurzfristig zu Überschwemmungen, die Katastrophe von letztem Jahr wiederholte sich bislang nicht.

In Anbetracht der stetigen Hochwassergefahr während der Regenzeit, muss nicht nur für die Überschwemmungen selbst Vorsorge getroffen werden, sondern auch für die Zeit danach. Es besteht sonst Gefahr, dass Epidemien auftreten. Doch die Regierung der Stadt Jakarta verfügt nur über ein halbherziges Katastrophenprogramm mit eher symbolischem Charakter. Zum Beispiel schwor der Gouverneur selbst bei einem Appell am Nationaldenkmal Monas, dem größten Platz mitten in der Stadt, 2.700 städtische Angestellte auf ihre Bereitschaft für die drohenden Überschwemmungen ein /Warta Kota, 17.11.02/. Solche Aktionen sind natürlich unterstützenswert, gehen jedoch am Kern des Problems vorbei. Um mit den Überschwemmungen fertig zu werden, bedarf es der Beteiligung der Bürger, die selbst Opfer der Überschwemmungen waren. Angesichts ihres passiven Verhaltens darf die Stadtverwaltung nicht behaupten, alles für das Wohl und die Sicherheit der Bürger getan zu haben, zumal es ja die Bürger Jakartas selbst sind, die mit ihren Steuerzahlungen für die verwendeten Mittel aufkommen. Zusätzlich hat die Stadt nun von der Zentralregierung eine Zuwendung von 17 Trillionen Rupiah zum Hochwasserschutz beantragt.

Die Megalopolis „Jakarta braucht zur Sicherung der Zukunft kommender Generationen eine gute und humane Stadtplanung“, heißt es im Entwurf der „Strategieplanung für das Gebiet der Provinz DKI Jakarta 2003 – 2007“. Die Methoden jedoch, mit denen vorgegangen wird, um das Ziel zu erreichen, sind bedenklich. Die Stadt soll nur für die Reichen schöner werden, für die Armen Jakartas ist in ihr kein Platz. Sie fühlen sich als Bürger zweiter Klasse, sie werden abgestempelt als Kriminelle, Drogensüchtige oder Arbeitslose. Dass Jakarta eine Stadt für die Wohlhabenden sein soll, spricht aus den Worten von Gouverneur Sutiyoso in einem Internet-Interview: „Wohlhabende haben in Jakarta ihre Existenzberechtigung, zum Beispiel die im Luxuswohngebiet Pantai Indah Kapuk.” Der Bau eines Luxuswohngebietes (für das einer der letzten Mangrovenwälder vernichtet wurde) hat wirklich nichts mit Stadtentwicklung zu tun. „Die Umwandlung eines geschützten Waldes in ein Wohngebiet der oberen Mittelklasse wie in Pantai Indah Kapuk ist nicht nur ökologisch problematisch, sondern auch sozial. Zugunsten einer kleinen Schicht wird die ganz Stadt belastet. Außerdem ist auch der wirtschaftliche Nutzen zweifelhaft. Überschwemmungen sind die ökologischen Folgen dieses Wohnkomplexes, andererseits hat zugunsten einiger weniger die öffentliche Infrastruktur großen Schaden erlitten. Durch den Wohnkomplex, dessen Abwässer direkt in den Cengkareng Drain abfließen, fehlt Jakarta nun der Zugang zu einem Wasserspeicher von 9 Mio. m3. Alle Flüsse und Kanäle in Jakarta können Regenwasser von 200 mm aufnehmen, doch bei der letzten Überschwemmung (2002) regnete es 300 mm” /Marco Kusumawijaya, Stadtplaner, in seiner Rede zum 475. Geburtstag von Jakarta/. Die Reichen sind nicht nur Nutznießer öffentlicher Einrichtungen, sie sind auch die Bauherren des schönen Jakarta, doch über kurz oder lang wird die Entwicklung der Stadt die Lebensqualität aller beeinträchtigen. Die Errichtung einer Megalopolis erzeugt eine Kluft, wenn nicht „der Pflege der Gesamtheit und der Pluralität der Bürgerschaft genauso viel Raum gegeben wird wie dem Wettstreit der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten um den Aufbau der Stadt.“

Das Armutsbekämpfungsprogramm, zum großen Teil aus internationalen Mitteln finanziert, ist ein Zeichen dafür, welche  Aufmerksamkeit Jakarta in der Welt genießt. Aber seine Umsetzung entspricht nicht dem, was im Ergebnisbericht aufs Papier gebracht wurde. Die Stadt musste den Haushaltsentwurf für 2003 korrigieren, weil er nicht einleuchtende Ausgabenposten enthielt. Einige Posten wurden um rund 40 % von 9 Mrd. Rupiah auf ca. 5 Mrd. Rupiah herunterkorrigiert. Darunter fällt zum Beispiel das Kaffeegeld für die Abgeordneten des Provinzparlamentes. Diese waren eigentlich nicht bereit, den Haushaltsplan zu korrigieren, da sie für ihre Tätigkeit nur Sitzungsgelder bekommen und nicht wie der Gouverneur ein richtiges Gehalt. Letztlich haben sie den Haushalt aber doch auf 4,9 Mrd. Rp. korrigiert /Kompas, 28.1.03/. Es blieb aber ein halbherziger Schritt. Übertrieben hoch sind noch immer die Posten für die Pflege von Grundstücken und Häusern, die 350 Mio. Rupiah pro Jahr betragen. Viele Bewohner Jakartas wissen nicht einmal, wie sie die Kosten aufbringen sollen, um zweimal täglich essen zu können. Von den Kosten für Kleidung und den Kauf oder die Instandhaltung eines Hauses ganz zu schweigen. Es ist schon verrückt. Jedenfalls wollen die Herrschaften von der Legislative nicht hinter den Kollegen von der Stadtverwaltung zurückstehen. Aber wie ist es um ihre Funktion als Kontrollorgan der Exekutive bestellt,  wenn schon einfache Bürger erkennen können, dass die Zahlen der genannten Haushaltstitel unlogisch sind? Vollgestopft mit schon bestehenden sowie den zusätzlichen im Haushalt 2003 gewünschten Vergünstigungen, werden die Vertreter der Stadt auch dieses Jahr kontinuierlich damit fortfahren, den Abriss von Armensiedlungen zu betreiben. Gouverneur Sutiyoso bekräftigte beim Appell der Überschwemmungsbereitschaft am Monas, seine Verwaltung werde die illegalen Behausungen entlang der Flüsse, besonders am Ciliwung, abreißen. Die Bewohner würden in Plattenbauten umgesiedelt werden /Warta Kota, 17.11.02/. Die Merkmale dieser einseitig an den Wohlhabenden ausgerichteten Entwicklung zeigten sich schon in der Suharto-Ära, mit äußerst negativen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft Indonesiens. Doch sieht die Stadtverwaltung dies nicht als ein schwarzes Kapitel an. Im Gegenteil, das Armutsbekämpfungsprogramm wird weiterlaufen und die Armen zur Seite drängen.
 

Bedarf des Gouverneurs von Jakarta und seines Stellvertreters für das Jahr 2003, vor der Korrektur
 

Bedarf 
Gouverneur (Rp)
Vize-Gouverneur (Rp)
Medizinische Behandlung und Medikamente
100 Mio.
100 Mio.
Dienstkleidung
65 Mio.
50 Mio.
Verpflegung 
288 Mio.
250 Mio.
Kaffeegeld
90 Mio.
keine Angaben
Grundstücks- und Gebäudeunterhalt
350 Mio.
300 Mio.
Strom
92 Mio.
keine Angaben
Dienstfahrzeuge
51,93 Mio.
51,93 Mio.
Kommunikationsmittel
120 Mio.
keine Angaben
Haushaltsbedarf 
150 Mio.
keine Angaben
Kultur
50 Mio.
keine Angaben
Zeitungen und Zeitschriften
90 Mio.
90 Mio.
Kabelfernsehen
50 Mio.
50 Mio.
Auslandsreisen
350 Mio.
175 Mio.
Übernachtungen
10 Mio.
keine Angaben
Veranstaltungen
90 Mio.
keine Angaben
Vorbereitung von Redetexten
887,7 Mio.
410 Mio.
Verwaltung
3,3 Mrd.
2,8 Mrd.

Quelle: Buch I Etat (RAPBD DKI Jakarta) 2003
 


Zulagen für Angehörige des Parlaments der Stadt Jakarta 2003

Art der Zulage 
(Rp)
Familienzulage
65,63 Mio.
Dienstzulage
39,96 Mio.
Gehaltszulage
247,09 Mio.
Sonderzulage
367,04 Mio.
Reiszulage
84,44 Mio.
Wohlfahrtszulage
19,59 Mio.
laufende Kosten
10,43 Mio.
Anwesenheitsgeld
1,48 Mrd.
Paketgeld
369,90 Mio.
Kommissionszulage
98,28 Mio.
Ausschusszulage
6,64 Mrd.
Fachkraftzulage
1,07 Mrd.
Honorar und Transport
42,38 Mrd.
Medizinische Behandlung und Medikamente
1,79 Mrd.
Dienstkleidung
1,04 Mrd.
Dienstreisen
5,98 Mrd.

Quelle: Buch I Etat (RAPBD DKI Jakarta) 2003



Für die Vertreibungen macht die Stadt Verordnung Nr. 11 von 1988 zur Ordnung und Schönheit der Stadt geltend. Doch diese Verordnung steht im Widerspruch zu Abschnitt 33 des Grundgesetzes von 1945, des Inhalts: „Jeder Bürger Indonesiens hat ohne Einschränkung das Recht auf Zugang zum Erwerb des Lebensunterhalts überall in Indonesien.” Die dauernde Wiederholung von Worten wie „Ordnung/Disziplin” dient nur als Maskierung und Schutzbehauptung der in der Stadt Herrschenden mit dem Vorwand, es gehe ihnen um die Schönheit der Stadt. Die Regierung, sowohl auf Ebene der Stadt wie auch auf nationaler Ebene, hat noch nie den Versuch unternommen ernsthaft und vertiefend der Frage auf den Grund zu kommen, warum das Volk verarmt.   Es gehört zu ihrer Öffentlichkeitspolitik, den Wirtschaftssektor der Armen, den informellen Sektor, zu diskreditieren. Tatsächlich ist die Produktivität der Armen gewaltig. Auch die Angaben über Arbeitslosigkeit in den dicht bevölkerten Elendsvierteln sind manipuliert, und die Anzahl der Straßenhändler wird zu niedrig angegeben. Dabei sind es doch die Straßenhändler, die viele Bedürfnisse der Einwohner Jakartas aus allen Schichten befriedigen. Obwohl die urbanen Armen in ihrem täglichen Lebensablauf viel Unrecht erfahren, schaffen sie es dennoch durch ihre Aktivitäten im informellen Sektor zu überleben. Um ihr Recht zu erhalten, muss die Bevölkerung viel Geld ausgeben – Geld, das eigentlich von der Regierung kommen müsste. „Der Gedanke, ausländische Hilfe besonders vor der Korruption zu schützen, weil sie zur ‚Reduzierung der Armut’ gedacht ist, ist viel zu abstrakt und wird daher vernachlässigt.” /Mencuri Uang Rakyat: 16 Kajian Korupsi di Indonesia, Buku 3/

Eine Aufstellung der Vertriebenen nach ihren Berufen straft die Aussagen der Stadt Lügen, dass nämlich die Elendssiedlungen ein Hort für Arbeitslose ohne Einnahmen seien, die nicht genug Geld für ein Haus hätten und sich nur durch Kriminalität über Wasser halten könnten. Die Arbeitslosigkeit in Teluk Gong beträgt zum Beispiel 2,9 %, und wenn man die 3,2 % Leute dazuzählt, die auf die Befragung nicht antworten wollten, ergibt das zusammen 6,1 % Arbeitslose. Dieser Wert liegt weit unterhalb der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit in Jakarta von 20 %. Die Zahlen sprechen für sich und zeigen, dass die Stigmatisierung der Elendsviertel als Verbrechernester eine pure Lüge ist.
 


Einwohner von Teluk Gong nach Berufen

Beruf
Anzahl
%
Kleinkinder 37
10,8
Hebammen
1
0,3
Arbeiter
101
29,4
Wäscher
1
0,3
Hausfrauen
55
16,0
Angestellte
3
0,9
Fischer
6
1,7
Arbeitslose
10
3,0
Händler
22
6,4
Bauarbeiter
3
0,9
Schüler
52
15,1
Müllsammler
1
0,3
Bauern
6
1,7
Tierhalter 
1
0,3
Schulabbrecher
15
4,4
Fahrer
9
2,6
Selbständige
9
2,6
Masseure
1
0,3
keine Antwort 
11
3,2
TOTAL
344
100

Daten: Untersuchungsteam des Institut Sosial Jakarta, 2002



Kritiker betrachten viele Vertreibungen als Willkür der Stadt gegenüber ihren Bewohnern. Die Bürger von Teluk Gong erlebten von Oktober 2001 bis Januar 2003 zwanzig willkürliche Vertreibungen mittels Gewalt, Drohungen, Terror, Entführungen, Bränden u. dgl. gegenüber den Bürgern. Durch die Zwangsvertreibungen verloren die Betroffenen nicht nur ihre Wohnstatt und ihren Besitz, sondern sie erlitten auch psychische und soziale Schäden, da auch gegenüber Frauen und Kindern Gewalt angewandt wurde. Viele Kinder können die Schule nicht mehr besuchen, da alle ihre Schulsachen mitverbrannt sind. Diese barbarischen Vertreibungen vernichten die Zukunft der Kinder, die doch des Schutzes bedürfen. Nicht nur haben die Mitbürger keine Möglichkeit der Partizipation an der Entwicklungspolitik – einer Entwicklungspolitik, die auf Gewalt beruht –, sie bekommen auch keine Entschädigungen. Obwohl viele Gruppen (Intellektuelle, Nichtregierungsorganisationen und die Nationalen Kommissionen für Menschenrechte, für Frauen und für Kinder) dagegen protestierten, und sogar eine Vereinbarung über ein 100tägiges Moratorium erreicht werden konnte (die aber bis heute nicht von der Stadt unterzeichnet wurde), setzen sich weder die Regierung noch die Entwicklungsträger für die kleinen Leute ein, obwohl auch deren Grundrechte geschützt sein sollten.

Das Netzwerk gegen Vertreibungen hat für das Jahr 2002 (bis zum 12. Dezember) 591 Brände, oder 1,7 Fälle pro Tag, statistisch erfasst. Zurzeit hat die Feuerwehr 2.450 Feuerwehrleute und 155 Feuerwehrautos, von denen 125 funktionieren und die übrigen 30 nicht benutzt werden können. Die unten stehende Statistik gibt die Sektoren wieder, die 2002 von Bränden betroffen waren.
 


Brände 2002

Nr.
Ort des Brandes
Anzahl
in %
1. Soziale Einrichtungen
6
1,01
2. Öffentliche Einrichtungen
12
2,02
3. Lagergebäude
24
4,04
4. Vergnügungsstätten
18
3,03
5. Hotels
6
1,01
6. Büros
6
1,01
7. Fabriken
24
4,04
8. Märkte
18
3,03
9. Siedlungen
424
71,72
10. Geschäfte
54
0,09
TOTAL:
591
100

Quelle: Untersuchungsteam des Institut Sosial Jakarta und weitere Quellen



Aus den Daten wird ersichtlich, dass die meisten Brände Wohnsiedlungen betrafen. Das Verhältnis von Feuerwehrautos zu der Anzahl Brände ist in keiner Weise ausgewogen. Es ist völlig unangemessen, besonders wenn man berücksichtigt, welcher Vergünstigungen sich die Politiker erfreuen, wie vorher gezeigt wurde. Das Missverhältnis wird noch deutlicher, wenn man sieht, dass die Feuerwehr vor Ort selten Bereitschaft zeigt, besonders dann nicht, wenn es sich um Armensiedlungen handelt. (Die meisten Brände betreffen arme Wohngebiete.) Als Begründung hört man dann, dass kein Hydrant vorhanden gewesen sei und dass der Brandort schwer zugänglich war. Oft wurde beobachtet, dass die Feuerwehrwagen mit leerem Wassertank an den Brandort kamen.
Häufige Brandursache ist ein Kurzschluss. In vielen Fällen muss die Frage nach dem Ort eines Brandes jedoch in engem Zusammenhang mit der Frage: „Was passiert nach einem Brand?” gesehen werden. Immer wieder zeichnet sich ein Verlauf nach dem gleichen Muster ab. Nachdem das Feuer eine Armensiedlung zerstört hat, wird ein Schild aufgestellt: „Es ist verboten, auf diesem Gelände zu bauen oder zu siedeln.”
 


Vertreibungen der urbanen Armen nach Stadtteilen

No.
Stadtteil 
Grund der Vertreibung
Bemerkungen
1. West-Jakarta
Pesing (13/11/2001) Straßenverbreiterung Opfer: Kleinunternehmer
Zwangsabriss, Betrug, Bedrohungen.
2. Ost-Jakarta
A.Yani By Pass (31/8/2001) Ordnungsmaßnahme nach Perda 11/1988. Opfer: informeller Sektor (Straßenverkäufer etc.), Gebäude ohne Baugenehmigung (Gebühren und Steuern wurden bezahlt)
D.I. Panjaitan (8/8/2001) Ordnungsmaßnahme nach Perda 11/1988 Opfer: informeller Sektor, Vertreibungen im Morgengrauen mit Widerstand
Pulo Gebang (3/9/2001) PT Nusono machte Landrecht geltend, Gelände soll für einen Busbahnhof an die Stadt verkauft werden Opfer: mehr als 200 Familien; Terror durch Gangsterbanden (preman); Verfolgungen, Gelände wurde umzäunt, Felder und Pflanzen zerstört
Pondok Kopi (29-30/10/01) Geltendmachen von Landrecht, Siedler bewohnten Grund seit 1986 Opfer: mehr als 400 Familien, mehr als 1600 Menschen; Abriss der Häuser, sieben Festgenommene, 21 Verletzte
Rawamangun (12/9/2001) Landkonflikt  Opfer: Anzahl nicht bekanntSicherheitskräfte von Polizei, Militär und Tramtib; Terror und Brandstiftung;Widerstand der Bevölkerung
3. Nord-Jakarta
Penjaringan(26,31/10/2001; 1,2,3,6,12/11/2001) Ordnungsmaßnahme am Flussufer nach Verordnung Perda 11/1988 Opfer: mehr als 8000 Familien, 30.000 Menschen6 Aktionen mit Zerstörung der Häuser, Abbrennen der Siedlung, Zwangsvertreibung, Misshandlungen, sexueller Belästigungen, Schüssen, Diebstahl, Betrug
Ancol Timur (10,24,26/10/01) Geltendmachen von Landrecht, Gelände wurde von Fischern bewohnt Opfer: 205 Häuser, 1160 Menschen, 64 Familien leben noch dort Zerstörungen
Pademangan (5/9/2001) Geltendmachen von Landrecht, Gelände ist ehemaliger Sumpf, urbar gemacht von den Bewohnern mit Hilfe von PT Pembangunan Jaya Ancol Opfer: Zahl nicht bekannt
Kp. Beting (12/5/2001)  PT Karindo Karya macht Landrecht geltend  Opfer: 543 Familien, 1600 Menschen
Kelapa Gading (16/01/2001)  Verschönerungsmaßnahme, Gelände nah an der Hauptstraße 55 Häuser zwangsabgerissen von Tramtib aus Nord-Jakarta, keine Entschädigung
Marunda (22, 29/8/2001) 75 ha Brachland wurden mit Genehmigung des Bürgermeisters von Nord-Jakarta genutzt. Die Nutzer zahlten zwischen 400.000,- und 6.000.000,- Rp. Pacht. PT KBN machte Besitzanspruch geltend. 1.780 Familien vertrieben und verjagt von vereinten Sicherheitskräften aus Nord-Jakarta

Aus verschiedenen Quellen vom Institut Sosial Jakarta zusammengestellt
 

Auffallend an den Zwangsumsiedlungen ist, dass nicht nur die Bewohner von Slums betroffen sind, sondern auch Becakfahrer, Straßenhändler, Stadtstreicher, sozial Entwurzelte usw. Und das ist im Etat (RAPBD DKI Jakarta) 2003 so veranschlagt. Sogar ca. 60 Behinderte in Cawang, Ost-Jakarta, sind betroffen, die schon lange eine gemeinsam genutzte florierende soziale Einrichtung haben (Bina Netra Taman Harapan). Im Oktober 2002 sollten sie diese verlassen und in das Haus Sosial Bina Tuna Indra Cahaya Batin in Cengkareng übersiedeln, um dem Krankenhaus Budhi Asih Platz zu machen. Diese Politik steht im Widerspruch zum Behindertengesetz Nr. 4/1997. Einer der Paragraphen dieses Gesetzes besagt: „Behinderte haben gleiche Rechte und Pflichten wie andere Bürger. Behinderte haben gleiche Bildungschancen wie andere Bürger.” Bis heute konnten die genannten Behinderten ihre Existenz erfolgreich behaupten, da sie von verschiedenen Einwendungsmöglichkeiten Gebrauch machten.

Nicht nur, dass die Ordnungsmaßnahmen der Stadt Jakarta nur den Besitzenden nützen, auch wissenschaftliche Erkenntnisse werden nicht berücksichtigt. Ein Beispiel dafür ist die Neugestaltung des Parks am Monas. Als Nationales Denkmal eigentlich im Besitz aller Bürger Indonesiens ist das Monas heute von einem Eisenzaun umzäunt und zu einem Symbol der Arroganz in der Nutzung öffentlicher Räume geworden. In Wahrheit ist die Umzäunung eine Ordnungsmaßnahme gegen die Armen der Stadt, gegen die Kleinhändler, die als „schmutzig” betrachtet werden (und möglicherweise gegen die Schwulenszene, die sich dort bei Dunkelheit traf; d. säzzer). Verschiedene kritische Stimmen von Stadtplanern und anderen Experten wurden von der Stadt überhört. Heute hat das Monas neue Bewohner, nämlich zehn Hirsche. Sicherlich bedeutet das Leben mitten in der Stadt Stress für die Hirsche, meinte die Tageszeitung Kompas.
Ein anderes Beispiel ist die Renovierung des Springbrunnens inmitten des Kreisverkehrs vor dem Hotel Indonesia, die 14,4 Mrd. Rupiah kostete, während viele Einwohner Jakartas kaum genug zum Essen haben. Dazu kommt noch, dass sie bei den Umsiedlungen und Vertreibungen alles verlieren. Nicht berücksichtigt und sogar verhindert wird eine Verbesserung der Lebensumstände der Armen durch Schulbildung für ihre Kinder, ihrer Zukunft.

Schlimmer noch, ausländische Kredite für entsprechende Programme, die den Schuldenberg Indonesiens vergrößern, verschwinden oft in dunklen Kanälen. Der Direktor der Planungsbehörde Bappenas (Badan Perencanaan Pembangunan Nasional), Kwik Kian Gie, deutete an, dass jedes Jahr 20 % der Kredite der Consultative Group on Indonesia (CGI) verschwinden oder entwendet werden. „Brauchen wir wirklich noch Kredite von der CGI?”, fragte Kwik /Aksi, 24.1.03/. Der Staatssekretär der Planungsbehörde, Koensatwanto Inpasihardjo, deutete an, es gebe Hinweise auf eine Beteiligung der Kreditgeberstaaten und Verantwortlicher in der CGI bei der Veruntreuung dieser Gelder.

Indonesien hat für das Armutsbekämpfungsprogramm, zur Verbesserung der Infrastruktur und zur Bekämpfung der Korruption (auch in Jakarta) hohe Schulden auf sich geladen. Eigentlich müssten die Gläubiger genaue Ziele und Vorstellungen haben und effektive Kontrollmechanismen einführen und nicht nur Worte schwingen. Namhafte Indonesier oder Gruppen mit nationalem und internationalem Renommee wollen einen Staat frei von Korruption. Es ist dringend erforderlich, dass sie an der Entwicklung solcher Kontrollmechanismen beteiligt werden. Bis jetzt gibt es höchstens Meinungsaustausch.

Ähnlich verhält es sich in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen den Partnerstädten Jakarta und Berlin. Aufgrund verschiedener Ursachen blieb die Umsetzung der im Kooperationsvertrag vereinbarten Programme äußerst minimal, aber das Partnerschaftsabkommen wurde nie aufgekündigt. Zusammenarbeit zwischen Partnerstädten ist eine Erfordernis der heutigen Zeit und sollte niemanden benachteiligen, weder die Finanzwelt, noch die Bevölkerung oder die Stadtverwaltung. Die Regierung der Stadt Berlin sollte von allen seriösen Gruppen, die sich um die Situation in Jakarta sorgen und diese aus nah oder fern beobachten, so weit wie möglich unterstützt werden und vielseitige, genaue und glaubwürdige Informationen über die Lage der urbanen Armen von Jakarta bekommen. Dies sollte im Interesse der Armen von Jakarta geschehen. Eine solche Informationsarbeit würde der offiziellen Zusammenarbeit nicht zuwider laufen, denn die Bekämpfung der Armut in Jakarta ist ein Bestandteil des Kooperationsprogramms zwischen beiden Städten. Berlin sollte auch seine Kontakte zu anderen europäischen Städten nutzen, die mit Jakarta kooperieren, um Anstöße oder wo nötig auch Mahnungen zu geben, die einem Missbrauch der Kooperationsprogramme zuvorkommen, der vor allem die urbanen Armen schädigt. Alle Staaten der EU haben die Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet, die für alle Menschen und alle Lebensbereiche in allen Ländern der Welt gelten. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass das Übereinkommen zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen nur ein Versprechen von Hilfsprogrammen ist.

Dieser Artikel basiert auf der Arbeit vor Ort. Er entstand aus Sorge um die besorgniserregende Entwicklung in Jakarta. Er spiegelt auch die globale Situation Jakartas wider, insbesondere das Verhältnis zur Partnerstadt Berlins. Vieles wäre noch zu berichten von den Bewohnern Jakartas. Ihr Zorn über die Zustände ist nicht grundlos. Dieser Artikel ist als Vorschlag zu verstehen, die Bürger Jakartas direkt oder indirekt in die Zusammenarbeit der Partnerstädte einzubeziehen. Die Partnerschaft muss neben den Kontakten der Regierung auch auf den Beziehungen von Wissenschaftlern und Geschäftsleuten sowie Bürgern und Freunden Jakartas im In- und Ausland basieren. <>

* Aus dem Indonesischen übersetzt von Marianne Klute und Alex Flor
 
 

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