Indonesien-Information Nr. 1/2004 (Osttimor)

 

Osttimor ratifiziert Abkommen mit den USA

von Monika Schlicher


Noch bevor Osttimor als 79. Staat der Welt das Römische Statut zur Schaffung eines Internationalen Gerichtshofes (IStGH) unterzeichnete, schloss das Land mit den USA ein Abkommen zu Artikel 98 des IStGH. Mit diesen bilateralen „98er Verträgen“ schützt die USA ihre Bürger vor Strafverfolgung und Auslieferung an den Internationalen Strafgerichtshof. Damit, so Menschenrechtsorganisationen, verstoße sie gegen das Statut von Rom und schwächt den Strafgerichtshof. In der Indonesien-Information Nr. 3/2002 berichteten wir über die Hintergründe. Zum damaligen Zeitpunkt spielten die politischen Vertreter Osttimors die Bedeutung und Tragweite der Vertragsunterzeichnung herunter: Es sei noch keine Entscheidung getroffen, da es sowohl die parlamentarische Zustimmung als auch die Unterschrift des Präsidenten brauche, bevor das Abkommen in Kraft trete. Gleichzeitig ließ Osttimors Außenminister, José Ramos-Horta, zum Beispiel bei seinem Deutschlandbesuch im November 2002, keinen Zweifel daran, dass er keine Probleme mit der Unterzeichnung des Vertrags habe und die politischen Implikationen und Kritik daran nicht nachvollziehen kann /s.  Infodienst Indonesien und Osttimor, Nr. 17, November-Dezember 2002/.

In der letzten Oktoberwoche 2003 hat Osttimors Ministerrat dem Abkommen zugestimmt und wird somit „current or former government officials, employees (including contractors), or military personnel or nationals“ der USA nicht an den Internationalen Strafgerichtshof ausliefern. Die USA drohten damit, Militärhilfe an IStGH Unterzeichnerstaaten einzustellen, wenn sie nicht mit ihnen bilateral bis zum 1. Juli 2003 ein solches Abkommen treffen. Für Länder, die das Abkommen bereits unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert hatten, wurde als Stichtag der 1. November 2003 festgesetzt.

Die USA sind neben Portugal, Japan, Australien und der EU bilateral der größte Geldgeber Osttimors. Zuständig für die Verteilung und Verwaltung der Mittel ist die United States Agency for International Development (USAID), die 1961 vom US-Kongress eingerichtet wurde.USAID bestimmt über die jeweilige Höhe der Entwicklungshilfe für einzelne Länder. Daneben gibt es die US Support Group East Timor (USGET), ein Projekt, das dem US Pazifik Kommando in Hawaii unterstellt ist und vom Verteidigungsministerium finanziert wird. Etwa alle sechs Wochen laufen ein bis drei Kriegsschiffe Osttimor an und liefern Hilfsgüter. Während ihrer zwei-fünf Tage dauernden Aufenthalte führen die Mannschaften kurzfristige Hilfsmaßnahmen in verschiedenen Regionen durch: sie reparieren Schulen und öffentliche Gebäude, helfen, wo Not ist und mit allem, was innerhalb der kurzen Zeit bewältigt werden kann. Das medizinische Personal an Bord behandelt Kranke, zieht Zähne und verteilt Medikamente. USGET führt auch zwei bis drei längerfristige Projekte im Jahr durch. Beispielsweise stellt sie Soldaten zur Mithilfe bei Projekten von Strom- und Wasserversorgung ab. Betreut und vorbereitet werden die Einsätze von militärischem Personal, das in Osttimor stationiert ist und über die letzten Jahre stetig reduziert wurde. (Die logistische Unterstützung der USGET obliegt dem Unternehmen DynCorp Inc., das von der US-Regierung auch zur Ausbildung von Polizei und Streitkräften in Osttimor eingesetzt ist.

Humanitäre Hilfe ist nicht das Hauptanliegen der USGET. Laut eines USGET Kommandanten ist sie in Osttimor, um Flagge zu zeigen – um zu demonstrieren, das das US Militär den Erfolg der UN und die osttimoresische Bevölkerung unterstützen. Laut offiziellen Verlautbarungen hat Washington kein strategisches Interesse an Osttimor. Grund zur Skepsis, wem hier die Flagge gezeigt wird, bleibt in Osttimor allemal. Und gleichfalls bleibt der Beigeschmack, dass die US-Truppen auch deshalb in Osttimor stehen, um zu signalisieren, dass Dili keine Politik verfolgen sollte, die Washington möglicherweise unbequem finden könnte. /USGET and DynCorp, Inc in: The La’o Hamutuk Bulletin, Vol.3, No. 2-3: April 2002: US Government Assistance, S.12/

Während der Stichtag zur Ratifizierung des Abkommens näher rückte, liefen erneut drei Kriegsschiffe zum Höflichkeitsbesuch Osttimor an und US-Spezialkräfte trainierten in Los Palos Osttimors junges Militär. Osttimors Regierung entschied, dass das Abkommen weder eine parlamentarische Debatte, noch eine Ratifizierung durch das Parlament benötige. In einer geschlossenen Sitzung des Ministerrates wurde das Abkommen am 27. Oktober 2003 in geltendes Recht umgesetzt. Es wurde keine Presseerklärung abgegeben und die Presse berichtete auch nicht darüber. Der Botschafter der USA, Joseph Rees versicherte, dass das Pentagon bereit stehe, Osttimors Militär auch in Zukunft jederzeit mit Ausbildung zu unterstützen. /East Timor Gives US Soldiers Impunity, Quietly, by Charles Scheiner, La’o Hamutuk, 21.11.2003/ <>
 

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