Das Ende einer juristischen
Odyssee
oder
Osttimor hat keine Feinde
in der Welt, nur Freunde
Das Oberste Gericht sah es als erwiesen an, dass Guterres als Anführer der Milizengruppe Aitarak im April 1999 nach einer aufhetzenden Rede den Angriff auf das Haus des pro-Unabhängigkeit Vertreters, Manuel Carrascalão, angeführt hat. Dabei starben 12 Menschen, darunter auch der 17-jährige Sohn Carrascalãos. Einer der fünf Richter, Richter Effendi, sprach sich öffentlich gegen das Urteil aus: Er hält die Beweislage für nicht eindeutig. Darüber hinaus wären auch weitere Personen, u.a. Polizei und Militärs am besagten Tatort anwesend gewesen, die die Übergriffe nicht verhindert hätten.
Bei seiner Ankunft im Hochsicherheitsgefängnis Cipinang, in dem ironischer Weise auch der langjährige Widerstandskämpfer und heutige Präsident Osttimors, Xanana Gusmão, einige Jahre einsaß, wurde Guterres von seinen Anhängern und Sympathisanten als Held begrüßt. Guterres sagte, er sei stolz, 1999 für die Verteidigung der rot-weißen Fahne (der indonesischen Flagge) in Osttimor gekämpft zu haben. /Antara 4.5.2006/
Internationale Nichtregierungsorganisationen begrüßten einerseits die Inhaftierung von Eurico Guterres als wichtige Entwicklung hin zu Gerechtigkeit für die Opfer der indonesischen Besatzung in Osttimor. Andererseits sieht das Judicial System Monitoring Programme (JSMP) dabei mindestens zwei wichtige Schwachpunkte: Erstens würde die Haftstrafe von zehn Jahren gemessen an den Straftaten von Guterres nicht internationalen Standards entsprechen, so wie sie von dem gemischten oder internationalisierten Sondergericht (Special Panel for Serious Crimes) in Osttimor angewandt wurden. Zweitens sei bisher nicht ein einziges Mitglied des indonesischen Militärs verurteilt worden. Und das, obwohl es mittlerweile nachgewiesen sei, dass das indonesische Militär die Gewaltkampagne vor und nach dem Referendum 1999 angeführt habe. /JSMP Pressemitteilung 17.3.2006/ Der indonesische Menschenrechtsanwalt Todung Mulya Lubis fragte sarkastisch, warum die Richter nicht einfach alle der insgesamt 18 Angeklagten des Ad-hoc-Tribunals einschließlich der Zivilisten freigesprochen hätten, anstatt den Militärs juristische Privilegien zukommen zu lassen. /The Jakarta Post 15.3.2006/
Eine Expertenkommission der Vereinten Nationen, die 2005 die gerichtliche Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen in Osttimor vor und nach dem Referendum 1999 überprüft hatte, kam zu dem Schluss, dass das Ad-hoc-Tribunal in Jakarta internationalen Standards nicht entsprochen hätte. Sie empfahlen, Indonesien aufzufordern, innerhalb eines halben Jahres adäquate Schritte zu unternehmen, um die Straflosigkeit zu beenden. Die Verurteilung von Eurico Guterres könnte nun der Versuch Indonesiens sein, dieser Forderung im Vorfeld zu begegnen und das erneute Aufrollen der Gerichtsverfahren zu verhindern. Internationale wie nationale Menschenrechtsorganisationen fordern anhaltend ein internationales Tribunal einzurichten.
Guterres, ein gebürtiger Osttimorese mit indonesischer Staatsangehörigkeit, war während des Revisionsverfahrens auf freiem Fuß und hielt sich in Westtimor auf. Er stand im letzten Jahr wiederholt im Rampenlicht der Presse: So wurde er im Herbst letzten Jahres zum Regionalvertreter der PAN (Partai Amanat Nasional - Nationale Mandatspartei) gewählt. Sein anhängiges Verfahren in Jakarta stand dem ebenso wenig im Wege wie seine Anklage vor dem Sondergericht in Osttimor. Nach Aussagen von Guterres soll der PAN-Gründer und frühere Bürgerrechtler Amien Rais, der 1998 maßgeblich an den Studentenprotesten und dem Sturz von Präsident Suharto beteiligt war, Guterres zur Mitarbeit in der PAN eingeladen haben. Die Partei werde Guterres nicht fallen lassen und ihn mit rechtlichem Beistand unterstützen. Im Namen der Gerechtigkeit sollte er freigesprochen werden, fordert Amien Rais. „Wenn der Kommandant freigesprochen wird, sollte das für den Untergebenen auch gelten.“ /Antara, 15.5.2006/ Unterstützung erhielt Guterres auch von Parlamentariern diverser Parteien. Als Zeichen der Sympathie für seinen Kampf für die Integration Osttimors statteten ihm sieben Parlamentarier sogleich einen Besuch im Gefängnis ab.
Zudem entbrannte im Dezember eine heftige Diskussion über einen möglichen Besuch von Guterres in Osttimor – ausgelöst durch eine Ansprache des osttimoresischen Präsidenten Xanana Gusmão in Kupang/Westtimor. Was genau Xanana Gusmão dort gesagt hat, ist bis heute unklar. Klar ist hingegen, dass daraufhin eine Debatte entsprang, die sich mit dem Für und Wider eines vermeintlichen Besuchs von Eurico Guterres in Osttimor beschäftigte. Minister Antonio Bianco berief sich gegenüber Journalisten auf die Verfassung und erklärte, dass jeder osttimoresische Staatsangehörige das Recht hätte, seine Heimat zu besuchen. Und: Er sei froh, dass die Tür zu Osttimor für alle offen stehe, auch für Eurico Guterres, da die Regierung Osttimors keine Feinde hätte, nur Freunde. Einige Parlamentarier bekräftigten ihre Unterstützung für den Weg der Versöhnung, den Präsident Xanana eingeschlagen hatte und der helfen werde Frieden zu schaffen – ein Besuch von Guterres sei daher zu unterstützen. /Timor Post 29.12.2005/
Anfang Januar beendetet Außenminister
Ramos-Horta diese Debatte, indem er erklärte, dass Guterres festgenommen
werden müsste, sollte er nach Osttimor einreisen, da er durch das
Sondergericht wegen schwerer Straftaten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
angeklagt ist. Zudem hätte ihn Präsident Gusmão nicht
persönlich nach Osttimor eingeladen. Vielmehr hätte er an die
in Westtimor verbliebenen ehemaligen pro-indonesischen Anhänger appelliert,
nach Osttimor zurückzukehren, um so auch die in Westtimor lebende
osttimoresische Zivilbevölkerung zu einer Rückkehr in ihre Heimat
zu ermutigen. /UNOTIL, Daily Media Review, 6.1.2006/ <>
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