Erfahrungen von Gewalt und Unrecht prägen Gesellschaften und alle betroffenen Personen tief und bedürfen der Deutung. Mit einer strafrechtlichen und gesellschaftlichen Aufarbeitung geschehenen Unrechts haben friedliche Entwicklungen nach der Überwindung von Gewaltherrschaft mehr Chancen auf Erfolg. Gerechtigkeit und Versöhnung sind zwei Seiten einer Medaille, und beiden wohnt das Element der Wahrheitsfindung inne: Strafprozesse allein können gesellschaftliche Wunden nicht gänzlich heilen, Versöhnung ohne Bestrafung der Täter stößt bei Opfern auf wenig Verständnis.
In Osttimor sind während der Besatzungszeit durch Indonesien schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen begangen worden. Der VN-Sicherheitsrat verlangte im Oktober 1999 mit der Einsetzung der VN-Übergangsverwaltung in Osttimor, dass die Verantwortlichen für die Gewalt vor Gericht gebracht werden sollen. Um die erhobene Forderung nach einem internationalen Tribunal abzuwenden, bot Indonesiens Regierung an, im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit Prozesse anzustrengen. Mit großer zeitlicher Verzögerung nahm das Ad-hoc-Menschenrechtsgericht in Jakarta 2002 seine Arbeit auf. In Osttimor richteten die Vereinten Nationen sogleich eine Ermittlungsbehörde (Serious Crimes Unit, SCU) und ein Sondergericht ein, bei dem jeweils zwei internatonale und ein lokaler Richter die Verhandlungen führten. Doch weder das Gericht in Jakarta noch das in Dili waren in der Lage, die Hauptverantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Von den 18 Angeklagten in Jakarta sind 17 letztlich freigesprochen worden, einzig der osttimoresische Milizenführer Eurico Guterres musste am 5. Mai 2006 seine zehnjährige Haftstrafe antreten.
2005 mussten die Anklagebehörde und das Sondergericht in Dili ihre Pforten schließen, denn die VN-Mission sah für sie keine Verlängerung vor, und Osttimors Regierung wünschte keine Strafverfolgung mehr. Mehr als die Hälfte aller Mordfälle von 1999 bleiben damit unaufgeklärt. Vieler Täter, die die Behörde angeklagt hatte, konnte sie nicht habhaft werden – sie halten sich in Indonesien auf. Die Bemühungen um Strafverfolgung sind gescheitert. Dies schlussfolgert auch die von VN-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzte Expertenkommission. Doch ihr Mitte 2006 vorgelegter Bericht samt den Empfehlungen, die Verfahren in Jakarta wieder aufzunehmen und gegen neue Beschuldigte zu eröffnen, sowie in Osttimor die Arbeit zu Ende zu bringen, wird in den Gremien der Vereinten Nationen in New York hin und her gespielt; befassen möchte sich niemand damit.
Um den Opfern eine Stimme zu geben und dem Bedürfnis der Bevölkerung nach Versöhnung zu entsprechen, wurde in Osttimor als Ergänzung zur Strafverfolgung 2002 eine Empfangs-, Wahrheits- und Versöhnungskommission (Comissão de Acolhimento, Verdade e Reconciliação de Timor Leste, CAVR) geschaffen. Sie hatte die Aufgabe, die vom April 1974 bis zum Abzug des indonesischen Militärs im Oktober 1999 begangenen Menschenrechtsverbrechen zu untersuchen, Versöhnungsprozesse für minderschwere Verbrechen durchzuführen und einen Abschlussbericht mit Empfehlungen vorzulegen. Täter schwerer Straftaten sollten sich vor Gericht verantworten. Die Kommission fand breite Akzeptanz, nahm über 7.500 Aussagen von Opfern, Zeugen und Tätern auf und führte über 1.400 Versöhnungsprozesse durch. In einer landesweiten Kampagne wollte sie den Abschlussbericht und die Empfehlungen der Bevölkerung Osttimors vorstellen und ihnen erläutern, welche konkreten Maßnahmen zu Gerechtigkeit, Versöhnung und nationalem Frieden daraus folgen sollten.
Mit großer Verspätung, im Oktober 2005, übergab die Kommission ihren rund 2.500 Seiten umfassenden Abschlussbericht an Präsident Xanana Gusmão. Damit liegt erstmals eine offizielle Gesamtdarstellung der Menschenrechtsverletzungen in Osttimor vor – doch die Bevölkerung von Osttimor hat davon noch keine Kenntnis. Der Präsident hatte sich in seiner Rede vor dem Parlament zur Übergabe des Berichtes am 28. November 2005 eine Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt. Eine „sofortige“ Verbreitung ist jedoch gesetzlich vorgeschrieben. Darüber hinaus hatte sich Präsident Gusmão entschieden gegen die Empfehlung zur Wiedergutmachung für die Opfer durch westliche Regierungen gewandt, die Indonesien mit Waffen beliefert und seine Besatzung Osttimors gebilligt hatten. Auch eine Wiederaufnahme der Strafverfolgung lehnte er ab. Mit der Rede entzog Präsident Gusmão der Kommission die politische Unterstützung und stellte sie so ins Abseits. Inzwischen ist der Bericht im Januar 2006 an Kofi Annan übergeben worden, wie an den Präsidenten von Indonesien und an diverse Regierungen weltweit. Er ist abrufbar im Internet zugänglich, wenn gleich bis zum heutigen Tag nicht auf der offiziellen Seite der Wahrheitskommission. Das mit der Aufgabe, den Bericht der Bevölkerung in Osttimor vorzustellen und sie über die Ergebnisse und Empfehlungen zu informieren, betraute technische Büro der CAVR in Dili untersteht direkt dem Präsidenten – und der spielt auf Zeit.
Viele der in die Kommission
gesetzten Hoffnungen sind zerstört. Insbesondere die der Opfer und
ihrer Familien. Wenn die Wahrheit über Unrecht und Gewalt folgenlos
bleibt, bestätigt dies die Macht der Täter und lässt die
Opfer ein weiteres Mal ohnmächtig und verletzt zurück. „Der Staat
Osttimor folgt dem Prinzip, dass die Enthüllung der Wahrheit ein Weg
ist Gerechtigkeit zu erlangen, was unter den gegenwärtigen Umständen
die bestmögliche Herangehensweise für die Entwicklung des Landes
ist“, bekannte Präsident Xanana Gusmão in seiner Rede vor dem
Parlament. Er hat jedoch hierbei nicht die geleistete Arbeit der Wahrheits-
und Versöhnungskommission im Blick. Vielmehr redet er von der bilateralen
Freundschafts- und Wahrheitskommission (Commission for Truth and Friendship,
CTF), die gemeinsam mit der indonesischen Regierung inzwischen als Alternative
zur Strafverfolgung eingerichtet wurde. Während die Arbeit der CAVR
noch nicht beendet war, wechselten einige der Kommissare auf Bitten von
Xanana Gusmão bereits in diese neue Kommission über.
Frage: Sie beide
waren in Institutionen der Strafverfolgung und Versöhnung, die die
Vereinten Nationen in Osttimor vor der Unabhängigkeit gerichtet hatten,
beschäftigt oder haben sie kritisch begleitet. Wie sind ihre Eindrücke,
wie war die Beziehung zwischen den Institutionen und der Bevölkerung?
Hatten sie den gewünschten Effekt?
Amado Hei: Als Politiker
Osttimors und die Vertreter der VN-Übergangsverwaltung die Idee vorbrachten,
eine Wahrheitskommission und eine Strafverfolgungsbehörde einzurichten,
fand dies bei der Bevölkerung breite Unterstützung. Aus diesem
Grund waren die Menschen bereit, ihre Aussagen zu machen, aber nun stehen
wir vor dem Problem der Fortführung der Prozesse, nachdem die VN das
Sondergericht im Mai 2005 geschlossen hat. Nun sehen wir, dass der politische
Wille von beiden Seiten, der osttimoresischen Regierung und den Vereinten
Nationen, fehlt. Während der Prozess der Strafverfolgung noch nicht
abgeschlossen war, setzte durch die Einrichtung der Wahrheits- und Freundschaftskommission
ein Prozess der Straflosigkeit ein.
José Guterres:
Zur Wirkung der Wahrheitskommission in die Bevölkerung und besonders
zur Umsetzung ihrer Arbeit sind die folgenden Aspekte wichtig. Zuerst hatten
viele Opfer von Menschenrechtsverletzungen die Vergangenheit verdrängt.
Durch die Kommission wurde die Vergangenheit für sie ins Licht zurückgeholt.
Die Menschen sind nun in der Lage mit der Vergangenheit und mit ihrer eigenen
Geschichte zu leben. Die Menschen haben vor der Kommission ausgesagt, weil
das Mandat der Kommission Wahrheitsfindung war. Neben diesem positivem
Effekt, gibt es auch eine negative Seite. CAVR hat die Erwartung geschaffen,
dass es Gerechtigkeit geben würde. Jetzt warten die Menschen auf Gerechtigkeit.
Doch der Abschlussbericht der Kommission kann seine Wirkung nicht entfalten,
weil die Regierung Osttimors und auch die Vereinten Nationen nicht darauf
eingehen. Zugleich werden mit der Einrichtung der Wahrheits- und Freundschaftskommission
die Erwartungen auf Straflosigkeit hervorgerufen. Das ist sehr enttäuschend.
Frage: Wie ist die
Stimmung in Osttimor jetzt, da sowohl die Strafverfolgungsbehörde
wie auch die Wahrheitskommission geschlossen wurden?
Amado Hei: Auf Seiten
der Zivilgesellschaft ist die Enttäuschung enorm groß. Aber
wir werden unseren Kampf um Gerechtigkeit fortsetzen, denn unserer Ansicht
nach ist der Prozess, die Täter vor Gericht zu bringen, noch nicht
beendet. Besonders die Opfer unterstützen unseren Weg.
Frage: Wird das Thema
Strafverfolgung in der Gesellschaft und mit den Opfern rege diskutiert?
Amado Hei: Ja, aber
das Problem ist, dass die Stimmen der Opfer von der Regierung nicht gehört
werden. Vielleicht denken nicht alle Osttimoresen gleich, aber die Mehrheit
ist der Auffassung, dass es Gerechtigkeit geben muss.
José Guterres:
Ja, aber die Menschen sind enttäuscht von der Regierung, die nicht
mit allen Empfehlungen des CAVR-Berichtes übereinstimmt. Zuvor haben
wir hohe Erwartungen geweckt, und am Ende ist das Ergebnis keine Gerechtigkeit
und die Entwicklung zielt in Richtung Straflosigkeit. Die Bevölkerung
denkt auch, dass wir gute Beziehungen zu Indonesien brauchen, aber das
sollte nicht heißen, dass wir die Vergangenheit vergessen und es
keine Gerechtigkeit für die Opfer geben wird.
Frage: Kommen Leute
zum CAVR-Büro, um nachzufragen oder sich zu beschweren?
José Guterres:
Diejenigen, die ich getroffen habe, haben viele Fragen gestellt. Wechseln
Sie zur Freundschaftskommission (CTF), fragten sie, nein, sagte ich, ich
bin bei CAVR. Viele verstehen auch den Unterschied zwischen diesen beiden
Institutionen nicht. Einige Leute sagen, es sieht aus als spielt ihr nur
Spiele. Ihr kommt und nehmt unsere Aussagen und versprecht uns Gerechtigkeit
und am Ende wechseln einige von euch zu CTF. Für sie ist CAVR in CTF
übergegangen, besonders weil beide das gleiche Gebäude benutzen.
Die Leute sind verwirrt.
Frage: In den vergangenen
Jahren haben führende Politiker, insbesondere Präsident Xanana
Gusmão kritisiert, dass die Ermittlungsbehörde und das Sondergericht
den Interessen des neuen unabhängigen Staates zuwider laufen. Warum
stehen führende Politiker Osttimors den internationalen Bemühungen
um Strafverfolgung von Kriegsverbrechern so kritisch gegenüber?
Amado Hei: In ihren
öffentlichen Statements ist immer wieder zu hören, dass sie gute
Beziehungen zu Indonesien aufbauen wollen. Aber meiner Ansicht nach nehmen
sie diese Haltung nur ein, weil sie ein kleines Land wie Osttimor regieren.
Sie fühlen sich schwach. Aber sie verwirren die Menschen. Sie haben
ihre Meinung zu Strafverfolgung geändert und verletzen jetzt internationale
Standards.
José Guterres:
Dazu habe ich zwei Anmer-kungen. Zum einen, die Regierung ist der Auffassung,
dass Entwicklung sehr wichtig ist. Sie hat die Prozesse ins Leere laufen
lassen, weil sie denkt, dass Entwicklung wichtiger als Gerechtigkeit ist.
Zum andern gibt es praktische Schwierigkeiten. Alle Täter sind außerhalb
Osttimors, in Indonesien. Und die Regierung sieht es nicht als alleinige
Verantwortung Osttimors, sondern auch als die der VN an, sich dem anzunehmen.
Wenn schon die VN der Täter nicht habhaft werden kann, wie soll Osttimor
dies können? Und Indonesien ist auch sehr nahe. 1999 war Indonesiens
Militär gezwungen worden, aus Osttimor abzuziehen. Osttimor fürchtet
die indonesische Armee noch immer.
Frage: Ist in den
Augen der Opfer die Veröffentlichung des Abschlussberichtes eine Alternative
zur Strafverfolgung?
José Guterres:
Ja, in der Theorie, aber nicht in der Praxis. Es sieht so aus, als ob weder
die Regierung Osttimors noch die Vereinten Nationen sich für die Umsetzung
jeglicher Empfehlungen stark machen wird. Bis zum heutigen Tag gibt es
keine Reaktion von Seiten der VN und dieser Bericht wird wie eine Bibel
behandelt, alle haben sie, aber meistens liegt sie unbeachtet im Schrank.
Ich denke, es wäre besser, unsere Regierung und die VN würden
aufhören, weiter die Erwartungen der Opfer zu nähren. Augenscheinlich
sind die Menschen enttäuscht worden. Wenn wir den Bericht öffentlich
machen, werden wieder Erwartungen geweckt. Die Empfehlungen werden nicht
erfüllt, nichts wird umgesetzt werden. Die Regierung Osttimors muss
sich entscheiden und die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft
müssen darauf eingehen.
Amado Hei: Die Veröffentlichung
des Berichts ist sehr wichtig, da er mehr als eine geschichtliche Dokumentation
ist, aber die Frage bleibt, wie können wir ihn nutzen, um die Menschen
an die Vergangenheit zu erinnern und zu verhindern, dass Unrecht noch einmal
passiert. Andererseits kann der Bericht auch Teil eines Heilungsprozesses
für jeden Osttimoresen und jede Osttimoresin sein, die Opfer von Menschenrechts-verletzungen
geworden sind. Meiner Ansicht nach kann der Bericht auch nützlich
sein als Beweis in Strafprozessen.
Frage: Können
sie die Probleme bei CAVR beschreiben?
José Guterres:
Zu Anfang war das Hauptproblem von CAVR, dass sie so wahrgenommen wurde,
dass sie nur die Wunden der Vergangenheit wieder öffnen will. Deshalb
waren am Anfang viele nicht bereit, die Kommission zu unterstützen.
Aber dann, Schritt für Schritt, als CAVR den Prozess von Wahrheitsfindung
und Gerechtigkeit erläuterte, sahen die Menschen einen Sinn darin
und brachten sich ein. Sie hatten darauf gewartet. Sie wollten Gerechtigkeit.
Frage: Wie waren die
Beziehungen zwischen den internationalen und lokalen Mitarbeitern von CAVR?
José Guterres:
Obgleich CAVR von den Vereinten Nationen eingerichtet wurde, kam die Idee
dazu doch von den Osttimoresen. Die Verordnung 2000/10 wurde von der VN-Übergangsverwaltung
angenommen. Dann wurde CAVR auch in der Verfassung des unabhängigen
Osttimors aufgenommen, es war sowohl eine internationale wie auch nationale
Einrichtung. CAVR hatte internationale und lokale Mitarbeiter. Die internationalen
Mitarbeiter waren Berater. Was die Beziehung zwischen Internationalen und
Lokalen anbelangt, zeigte sich, dass alle unterschiedliche Hintergründe
hatten. Einige hatten gute Fähigkeiten, aber CAVR war neu für
uns Timoresen, die wir wenig Erfahrung hatten. Es war für uns learning
by doing. Dies war ein schwieriger Prozess und manchmal stimmten Osttimoresen
und Internationale nicht überein. Dann waren Diskussionen nötig,
wie wir zusammen arbeiten können. Spannungen waren eher technischer
als persönlicher Natur, weil den osttimoresischen Mitarbeitern die
nötige Erfahrung fehlte. Der Wissenstransfer war manchmal schwierig.
Bei den öffentlichen Anhörungen gab es einige Fälle von
Meinungsverschiedenheit mit den Beratern. Sie rieten, dass die Opfer zu
den öffentlichen Anhörungen kommen und frei sprechen sollten.
Die Kommissare hingegen wollten einige schützende Maßnahmen
für die Opfer. Am Ende konnten sich die Kommissare durchsetzen. Ich
war einige Male an den Diskussionen beteiligt und die Kommissare waren
immer sehr stark in ihrer Position.
Frage: Werden die
CAVR Empfehlungen zum Beispiel nach Kompensation oder nach Strafverfolgung
von Ihren politischen Führern umgesetzt werden?
José Guterres:
Die Opfer, die Zivilgesellschaft und jeder einzelne weiß, dass dieser
Bericht sehr wichtig ist. Wir hoffen, dass er nicht wie ein heiliges Buch
behandelt wird, sondern die Empfehlungen darin umgesetzt werden. Aber wir
brauchen dazu die Unterstützung der Regierung und anderer Akteure.
Wir müssen gegenüber der Regierung Druck machen. Ich für
meinen Teil bin nicht pessimistisch, dass es früher oder später
Gerechtigkeit geben wird. Für mich gibt es dazu keine Alternative.
In der Zukunft gibt es Hoffnung auf Veränderung. Der wichtigste nächste
Schritt wird seine, dass Opfer und Zivilgesellschaft in Osttimor ihren
Kampf um Gerechtigkeit gemeinsam mit Opfern und Zivilgesellschaft in Indonesien
führen. Sie müssen eng zusammenarbeiten und gegenüber ihren
Regierungen und der internationalen Gemeinschaft darauf drängen, dass
Gerechtigkeit geschieht.
Frage: Die Regierungen
Indonesiens und Osttimors haben die Wahrheits- und Freundschaftskommission
eingerichtet. Welchen Beitrag zu Gerechtigkeit und Versöhnung kann
diese leisten?
Amado Hei: Kurzgesagt,
hier wird Wahrheit gegen Straflosigkeit eingetauscht. Dies ist meine Ansicht
als Mitglied der Gesellschaft und das kann in den Statuten der Kommission
nachgelesen werden. Stellen sie sich vor, was passieren wird. Für
Fälle schwerer Menschenrechtsverbrechen wird Amnestie empfohlen. Oder,
so wie es im Mandat steht, möchten sie empfehlen, Personen zu rehabilitieren,
die vor dem Ad-hoc-Menschenrechtsgericht in Jakarta angeklagt oder sogar
verurteilt wurden. Das heißt für mich, dass Generäle Indonesiens,
die in Osttimor schwere Menschenrechtsverbrechen begangen haben und von
dem Tribunal freigesprochen wurden, rehabilitiert werden. Und was wird
für die Opfer passieren? In dem Mandat steht nichts über die
Opfer.
Frage: Welche Bedeutung
hat der CAVR Bericht für Indonesien?
Fadjroel Rachman:
Ich habe den Abschlussbericht von CAVR gelesen und habe festgestellt, dass
die Täter von schweren Menschenrechtsverbrechen in Osttimor unter
dem Suharto Regime nahezu dieselben waren, die auch in Indonesien Menschenrechtsverletzungen
begangen haben. Wie beispielsweise Suharto, General Wiranto usw. Ich habe
auch erkannt, dass die Muster der Menschenrechtsverletzungen fast gleich
waren. Das bedeutet, dass der Abschlussbericht auch für unsere Gesellschaft
und unseren Umgang mit der Vergangenheit sehr wichtig ist. <>
Das Interview wurde am
25. April 2006 in Berlin geführt.
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