Suara Nr. 1/2007 (Umwelt)

 

Augen zu und durch

WestLB finanziert zweifelhaftes Minenprojekt in Nordsulawesi

von Fabian Junge


Weiße Sandstrände, kristallklares Wasser und saftig grüner tropischer Regenwald, so präsentiert sich die Provinz Nordsulawesi dem Besucher. Die Küstengewässer von Likupang bis Bitung sind in die tentative list der UNESCO-Weltnaturerbe aufgenommen und locken gemeinsam mit dem Bunaken-Meeres-Nationalpark Taucher aus aller Welt an. Die einmalige Biodiversität der Gewässer setzt sich an Land fort, vor allem in den Nationalparks Tangkok und Dua Saudara. Doch nun steht diesem Paradies die Zerstörung bevor. Noch in diesem Jahr will das Bergbauunternehmen PT Meares Soputan Mining (MSM) die Toka Tindung Goldmine in Betrieb nehmen. Ein Projekt, das sich katastrophal auf nahe gelegene Küsten und Nationalparks und damit die Lebensgrundlage der Menschen auswirken würde. Als Teil des Konsortiums, das die Goldmine mit einem Kredit an MSMs Mutterkonzern Archipelago Resources Plc finanziert, steht die WestLB in der Verantwortung.

Obwohl das Projekt von Beginn an mit Landkonflikten, Korruption und Einschüchterung der Bevölkerung einherging, beteuert die Bank aus NRW: „Bei der Finanzierung des Bergbauprojektes Toka Tindung achtet die WestLB streng darauf, dass alle nationalen Sozial- und Umweltvorschriften eingehalten und alle notwendigen Genehmigungen im Umwelt- und Sozialbereich eingeholt werden“ /Regenwald-Report 1/07/. Die so genannten Equator Principles der Weltbank, in denen sich Banken bei der Projektfinanzierung zur Kontrolle von Menschenrechts- und Umweltstandards verpflichten, seien sogar Vertragsbestandteil. Dass MSM mit ihren illegitimen Praktiken genau diese Prinzipien verletzt, überrascht die WestLB. Offensichtlich hat man sich zu sehr auf die Informationen des Projektpartners verlassen, ohne die in den Equator Principles festgelegte Kontrollverpflichtung ernst zu nehmen. Den Umweltschäden würde vorgebeugt, ein Dialog mit der Bevölkerung sichere deren Zustimmung, und in land- und umweltrechtlichen Fragen poche man auf die Einhaltung nationaler Bestimmungen und die Einholungen nötiger Genehmigungen, so die Landesbank. Tatsächlich aber hätte die Goldmine verheerende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Die Bevölkerung stellt sich gegen das Projekt, und bei Konflikten um Landrechtsfragen und die nötige Umweltverträglichkeitsprüfung bedient sich MSM illegaler Methoden wie Korruption und Einschüchterung.

Katastrophale Auswirkungen auf Mensch und Umwelt

Die befürchteten Umweltauswirkungen der Toka Tindung Goldmine sind immens und bedrohen die Lebensgrundlage der Bevölkerung von Nordsulawesi. Größter Risikofaktor ist die Lagerung des giftigen Abraums, der so genannten Tailings. Nachdem MSM aufgrund massiver Proteste von Bevölkerung, Provinzparlament und Gouverneur von der unterseeischen Lagerung nach dem Submarine Tailings Disposal (STD)-Verfahren abgesehen hat, sollen die Giftschlämme nun in Staubecken an Land gelagert werden. Auch dies ist wegen häufiger Erdbeben und Erdrutsche in der Region äußerst bedenklich. Die Staubecken werden übrigens von einer Firma des Wohlfahrtsministers Aburizal Bakrie gebaut. Der hat spätestens, nachdem sein Gasbohrunternehmen Lapindo im Mai 2006 den Ausbruch des ganze Dörfer unter sich begrabenden Schlammvulkans in Sidoardjo, Ostjava, verursacht hat, bewiesen, dass ihn die sozialen und Umweltauswirkungen seiner Wirtschaftsaktivitäten kalt lassen. Insofern ist auch in Toka Tindung zu befürchten, dass die Tailings Storage Facilities (TSF) nicht wie versprochen erdbebensicher sein werden. Und ob tatsächlich erdbebensichere Staubecken gebaut werden, wie mit den Auswirkungen im Falle von Naturkatastrophen umgegangen wird und wer für eventuelle Schäden aufkommen wird, steht in den Sternen.

Neben den Abfällen birgt die eigentliche Goldgewinnung große Gefahren. In Toka Tindung soll das Gold durch Zyanidlaugerei abgebaut werden. Die Entgiftung der hochgiftigen Zyanidlaugen ist die eine Frage, für die sich technische Lösungen finden lassen können. Aber wie Unfällen und, vor allem, wie korruptionsbedingtem Missbrauch vorgebeugt werden soll, ist eine ganz andere Frage.

Nicht nur der Minenbetrieb, auch der durch ihn bedingte steigende See- und Landverkehr hat zerstörerische Auswirkungen. Die schweren Schiffe, die seit 2004 Maschinen und Ausrüstung im, nach Auffassung des Gouverneurs ohne Genehmigung ausgebauten Hafen von Bitung anlegen, und der Schiffsverkehr an der ebenfalls illegal gebauten Anlegestelle in der Bucht von Rinondoran, verringern die Fischvorkommen und zerstören die erstklassigen Tauchgebiete.

Die Zerstörung von Seefauna und Fischvorkommen würde das Aus für die Entwicklungspläne der Provinz bedeuten, die auf Tourismus, Fischfang und Landwirtschaft setzen. Mindestens 48 Tourismusunternehmen sind direkt bedroht. /AMMALTA-Direktorin Didi Koelangan in Kompas 13.02.07/ Auch hat der Tourismussektor enormes Potential, ist er doch im letzten Jahr um 12% gewachsen und soll in der Planung der Provinzregierung zum primären wirtschaftlichen Standbein werden. In der Fischerei sind laut NGO-Studien mindestens 18.000 Fischer durch die Auswirkungen des Seeverkehrs bedroht. Und auch die Landwirtschaft könnte durch die Giftabfälle und das Absinken des Grundwassers beeinträchtigt werden.

Denn nicht nur würden durch die Goldgewinnung Unmengen an Wasser verbraucht werden (die Gewinnung von nur einem Gramm Gold verbraucht ca. 104 Liter Wasser), das die Bevölkerung als Trinkwasser, die Landwirtschaft zur Bewässerung und die heimische Industrie zur Produktion benötigen. Die Mine würde darüber hinaus ein unterhalb der Wasserquellen liegendes Loch hinterlassen und so ein Absinken des Grundwassers verursachen. Nach Angaben der Bergbau-NGO Jatam ist die Wasserversorgung von mindestens 20.000 Menschen in den Distrikten Likupang Timur und Bitung akut bedroht, das Absinken des Grundwassers und Wüstenbildung würde die Lebensgrundlage von mindestens 30.000 Landwirten zerstören.

Einschüchterung der Bevölkerung

Kein Wunder also, dass die Bevölkerung gegen das Minenprojekt protestiert. Um den Bau der Goldmine zu verhindern, wurde die „Küstenallianz gegen Giftschlämme“ (AMMALTA) gegründet. Seit Beginn ihrer Aktionen ist AMMALTA mit Einschüchterungen durch Polizei und Sicherheitskräfte von MSM konfrontiert. Im Juli letzten Jahres etwa nahmen mehrere tausend Menschen an einem Protestmarsch vom Hafen von Bitung in die Provinzhauptstadt Manado teil. Sie forderten den Rückzug des australischen MSM-Mutter-unternehmens Archipelagos aus Nordsulawesi. Nach der Kundgebung wurde ein Laster mit heimkehrenden Teilnehmern angegriffen. Mehrere Menschen trugen schwere Kopfverletzungen davon, eine schwangere Frau erlitt eine Fehlgeburt. Unter den Angreifern waren laut AMMALTA auch Sicherheitskräfte von MSM. Bis heute bleibt die Polizei den Opfern eine umfassende Untersuchung des Falles schuldig.

Ein weiterer Konflikt dreht sich um den ungenehmigten Bau einer Anlegestelle in der Bucht von Rinondoran. Wegen des Schiffsverkehrs befürchten die hiesigen Fischer einen Rückgang der Fischbestände. Um für den Erhalt ihrer Lebensgrundlage zu kämpfen, sammelte AMMALTA über 3.000 Unterschriften gegen die Konstruktion. Trotzdem steht der Anleger heute, und eine Firma von Wohlfahrtsminister Bakrie verlädt hier Bauelemente für die Giftschlammstaubecken. Seitdem veranstalten die aufgebrachten Fischer regelmäßig Seeblockaden gegen Bakries Schiffe. Mehrere Male wurden auch Posten und kleinere Lager von MSM bei Protestaktionen zerstört. Die sich anschließenden Gerichtsverfahren erwecken laut AMMALTA den Anschein von Schauprozessen. So seien die vorgebrachten Beweise widersprüchlich, und Videoaufnahmen würden belegen, dass die angeklagten Aktivisten nicht die wirklichen Täter sind. Es scheint viel mehr, dass Polizei und Staatsanwaltschaft im Interesse von MSM agieren, mit dem Ziel, Kritiker des Unternehmens mundtot zu machen. Dieser Verdacht wird durch die ständige Anwesenheit von Brimob-Offizieren in Rinondoran bestärkt. Diese wurden anscheinend von MSM zum Schutz der Anlegestelle angeheuert und versuchen, die protestierende Bevölkerung mit Gewalt oder der Androhung von Gerichtsverfahren einzuschüchtern.

Wegen der breiten Ablehnung durch die Bevölkerung und der Verwicklung von Polizei und MSM-Sicherheitskräften in Gewaltakte und Terror sollte die WestLB ihre Beteiligung an dem Toka Tindung Goldminenprojekt dringend überdenken. Ohne Zustimmung der Bevölkerung wird das Projekt neue Konflikte verursachen. Da MSM unter Dialog mit der Bevölkerung nur Einschüchterung und Bestechung versteht, ist das Vertrauen der Bank in MSM sehr fragwürdig.

Keine gültige Umweltverträglichkeitsprüfung

Nicht nur die Bevölkerung, sondern auch der erste gewählte Gouverneur von Nordsulawesi, S.H. Sarundajang, stellt sich gegen die Goldmine. In einem Brief vom 2. Februar 2007 an den Umweltminister lehnt er die Öffnung der Mine ab. Sie würde die Entwicklungspläne der Provinz behindern, die auf Tourismus und Fischfang setzen. Diesem Machtwort ging ein langer Streit um die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die Toka Tindung-Mine voran. Der ursprüngliche Projekteigner, die australische Aurora Gold Ltd, hatte 1998 noch während der Suharto-Diktatur eine UVP erhalten. Wegen der durch die Ereignisse in Osttimor 1999 verursachten australisch-indonesischen Spannungen konnte das Projekt zunächst nicht weiterverfolgt werden. Da nach indonesischem Recht eine UVP nach drei Jahren verfällt, erklärte der Umweltminister die ursprüngliche UVP im Jahre 2005 für ungültig. Der Minister für Energie und Bergbau, Purnomo Yusgiantoro, behauptete jedoch, die alte UVP genüge, MSM solle mit dem Projekt fortfahren. Dumm nur, dass die Genehmigung von UVPs dem Umweltminister obliegt, Purnomo also seine Kompetenzen überschritt. Trotzdem berief sich die mittlerweile von Archipelago übernommene MSM beim Bau der Anlegestelle in Rinondoran auf Purnomos Äußerungen. Später bemühte sie sich aber doch um eine neue UVP, die im Januar vom Umweltminister abgesegnet wurde. Allerdings hat der Gouverneur von Nordsulawesi von seinem Recht, die UVP innerhalb von 30 Tagen abzulehnen, Gebrauch gemacht. Damit fehlt MSM weiterhin jegliche rechtliche Grundlage für Bau und Betrieb der Mine.

Peter Brown, General Manager von MSM, zeigt sich angesichts dieser Vorgänge überraschend zuversichtlich. So verkündet er am 14. Februar, dass die nötige Umweltprüfung erteilt wurde und der Abbau im September beginnen wird: „Just because there's a debate going on over (environmental approval) at the moment, this has zero validity on the company's ability to operate“ /Dow Jones Newswire 14.02.07/. Brown wird sicherlich weiterhin seine Überzeugungskraft einsetzen müssen, um berechtigte Zweifel der Investoren an Zuverlässigkeit und Methoden von MSM zu zerstreuen.

Auch das indonesische Parlament beschäftigt sich mit dem Fall. Am 30. Januar fand eine Anhörung vor dem Energie- und Umweltausschuss statt, bei der Vertreter von AMMALTA ihre Kritik vortrugen. MSM schickte neun Bürgermeister und fünf Dorfvorsteher, die von der angeblichen Begeisterung der Bevölkerung über das Minenprojekt berichten sollten. Da sich aber im Vorfeld der Anhörung herausstellte, dass MSM seine neuen Fürsprecher mit Autos bestochen hat, wurden die Dorfchefs von der Sitzung ausgeschlossen.

Der Rechtsausschuss wies jüngst den Chef der Nationalen Polizei an, den Fall MSM zu untersuchen. Er soll herausfinden, wieso der Polizeichef von Nordsulawesi eine von AMMALTA eingereichte Umweltbeschwerde abgelehnt hat, ohne eigene Nachforschungen anzustellen. Auch soll geklärt werden, wieso indonesische Polizisten die Bauarbeiten an einem ungenehmigten Minenprojekt schützen.

Ungelöste Landrechtskonflikte

Neben den umweltrechtlichen ruft das Toka Tindung Projekt auch Landrechtskonflikte auf den Plan. Zwar behauptet Archipelago, dass alle für den Beginn der Produktion nötigen Landkäufe abgeschlossen sind. Die Initiative „Freundeskreis Lembeh“ wendet hierauf aber ein: „Diese Bewertung erweist sich als vorschnell angesichts der Tatsache, dass das indonesische Oberste Gericht in einem Beschluss vom 23. April 2006 der Klage einheimischer Landbesitzer (Familie Dendeng) über 29,6 ha stattgegeben hat, die, so die Firma, bereits im ihrem Besitz sind.“ Die Implementierung der Landrückführung, die dem Landgericht Manado obliegt und der am 4. Oktober 2006 stattgegeben wurde, wurde am 10. Oktober 2006 überraschend auf unbestimmte Zeit aufgeschoben. Zuvor hatte MSM gedroht, den Obersten Richter von Manado zu verklagen, sollte er die Landrückgabe verfügen. Der Freundeskreis Lembeh berichtet weiter: „Das australische Unternehmen bereitet sich nun auf den Krieg vor. Es mobilisiert die Familien und Verwandten der bislang dort arbeitenden Kräfte, außerdem einen bezahlten jugendlichen Mob. ’Wir sind gerüstet, die Umsetzung des Gerichtsbeschlusses zu verhindern. Wir mobilisieren unsere Massen’, wird Jecky Sumampow, einer der Pressemitarbeiter des Unternehmens, in der Zeitung Komentar zitiert. In einer anderen Lokalzeitung, Posko (…), droht Feliks Palenewen, ein anderer PR–Mitarbeiter: ’Ca. Zehntausend Leute stehen in den Startlöchern, eine Großkundgebung vom Landgericht zum Amt des Provinzgouverneurs zu inszenieren.“ Dass MSM dem Landericht so unverhohlen droht, spricht der Behauptung der WestLB Hohn, sie achte auf die Einhaltung nationaler Gesetze und Bestimmungen.

Mit den Equator Principles hat sich die WestLB verpflichtet, bei von ihr finanzierten Projekten die Achtung nationaler Gesetze, des Umweltschutzes und der Menschenrechte durchzusetzen und zu überwachen. Ein offener Dialog mit der Bevölkerung vor Projektbeginn ist ebenfalls Teil der Prinzipien. Wie passt dies mit den korrupten Praktiken von MSM zusammen? Scheinbar verschließt die WestLB die Augen vor den Umwelt- und Menschenrechtsproblemen, die mit der Toka Tindung Goldmine verbunden sind. Sie vertraut blind auf Informationen des Partners MSM, anstatt ihrer Verantwortung als Financier gerecht zu werden. Dann müsste sie nämlich das Projekt  intensiver überwachen und die Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechtsstandards bei MSM durchsetzen. In letzter Konsequenz müsste sich die Bank bei anhaltenden Verletzungen dieser Standards komplett aus dem Projekt zurückziehen. <>
 
 

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