Indonesien-Information Nr. 1, 1996 (Ost-Timor)
Indonesier und Ost-Timoresen handeln gemeinsam. Zum 20. Jahrestag der Besetzung Ost-Timors durch das indonesische Militär machten sie durch die spektakuläre Besetzung der Botschaften Rußlands und der Niederlande auf sich aufmerksam. Die Welle von Botschaftsbesetzungen der letzten Monate wurde von offizieller indonesischer Seite immer als billige Methode zur Ausreise nach Portugal diskreditiert. Das plötzliche Auftauchen von indonesischen Botschaftsbesetzern, die damit ihre Solidarität unter Beweis stellten, strafte die Propaganda der indonesischen Regierung Lügen.
Am 7. Dezember 1995 jährte sich zum 20. mal der Tag des Einmarschs indonesischer Truppen nach Ost-Timor. Insgesamt 116 Ost-Timoresen und indonesische Sympathisanten, die der Organisation SPRIM (Solidarität des indonesischen Volkes mit dem Volk der Maubere) angehören, nahmen den Jahrestag zum Anlaß, der Welt zu demonstrieren, daß das Streben nach dem Recht auf Selbstbestimmung unter Ost-Timoresen ungebrochen ist und zunehmend auch in indonesischen Oppositionskreisen auf Sympathie stößt. In den frühen Morgenstunden waren sie über die Zäune der russischen und der niederländischen Botschaft geklettert, von wo aus sie anschließend die Forderung nach einem sofortigen Referendum über die Unabhängigkeit Ost-Timors unter Aufsicht UN stellten.
Insbesondere die Angehörigen der niederländischen Botschaft zeigten zunächst Verständnis für das Anliegen der Besetzer. Aber noch am gleichen Tag hatten sich vor dem holländischen Botschaftsgebäude regierungsfreundliche Demonstranten versammelt, die mit Messern und Eisenstangen bewaffnet waren. Diese vermutlich der militärisch organisierten, regierungstreuen Jugendorganisation "Pemuda Pancasila" (PP) angehörigen Randalierer, die sich als Ost-Timoresen ausgaben, drangen schließlich in das Botschaftsgebäude ein und bedrohten das Personal. Ein Botschaftsangehöriger wurde schwer verletzt. Die Aufforderung der Botschaft an die indonesische Regierung, für Sicherheit zu sorgen, wurde geflissentlich überhört. Im Gegenteil schauten Polizeikräfte dem Treiben der Randalierer zu ohne einzugreifen.
Aus Angst vor weiteren Übergriffen und weil die Besetzer das Gebäude nicht freiwillig räumen wollten, entschied sich die holländische Botschaft schließlich, indonesische Polizeikräfte in das Gebäude zu lassen. 29 indonesische Sympathisanten und 26 Ost-Timoresen wurden verhaftet, gewaltsam aus dem Gebäude in einen Bus geschafft und zum Polizeihauptquartier transportiert. Hier wurden sie erkennungsdienstlich behandelt. Nach Ablauf des gesetzlichen 24-stündigen Gewahrsams sollten sie zum Busbahnhof gebracht werden. Von dort aus war ihnen freies Geleit zugesichert worden. Allerdings fehlte zunächst jede Spur von den Besetzern, die - wie sich später herausstellte - nach Ost-Java deportiert worden waren. Einem von ihnen war während der Fahrt die Flucht gelungen. Inzwischen scheinen alle wieder auf freiem Fuß zu sein, einige von ihnen müssen allerdings mit einer Anklage rechnen.
Die Besetzer der russischen Botschaft waren bereits zuvor auf ähnliche Weise von der indonesischen Regierung getäuscht worden. Hier war es nach Verhandlungen zwischen den Besetzern, den Botschaftsangehörigen und dem prominenten Anwalt H.J.C. Princen zu der Übereinkunft gekommen, daß die Besetzer das Gebäude freiwillig verlassen und zum nahegelegenen Gebäude der Rechtshilfeorganisation YLBHI gebracht würden. Doch kaum hatten die Besetzer den gecharterten Bus bestiegen, erzwangen sich fünf bewaffnete Polizisten Zutritt und nahmen den Bus in ihre Gewalt. Der Bus erreichte nie sein Ziel. Die Passagiere, von denen zunächst ebenfalls jede Spur fehlte, wurden wenige Tage später wieder auf freien Fuß gesetzt.
Der portugiesische Präsident Soares verurteilte die indonesische Regierung, weil sie gegen die Übergriffe der Randalierer nichts unternommen habe und sagte, er halte einen Dialog mit einem solchen Regime nur für schwer möglich. Der indonesische Außenminister Alatas bezeichnete diese Äußerung als Propaganda, hinter der die Absicht stehe, den Ruf Indonesiens zu schädigen. Von Menschenrechtsgruppen wird das Verhalten der indonesischen Regierung als ein weiterer Beweis für die Unglaubwürdigkeit des indonesischen Regimes gewertet. Die indonesische Regierung habe wieder einmal gezeigt, daß ihr jegliche Bereitschaft zur Lösung des Konflikts in Ost-Timor fehle. Tatsächlich hatten die in diesem Jahr begonnenen Gespräche zwischen UN, indonesischer Regierung und Vertretern der Ost-Timoresen zwar zu einer teilweisen Übereinstimmung geführt, die Übergriffe durch das indonesische Militär auf die Menschen in Ost-Timor sind indes nicht abgebrochen. <>
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