Indonesien-Information Nr. 1, 1996 (Wirtschaft)
Rückblick auf das Wirtschaftsjahr 1995
Indonesien erlebte jüngst eine Überraschung besonderer Güte. Zum ersten mal in der Geschichte der Neuen Ordnung wurde ein Minister mitten in der Legislaturperiode entlassen. Handelsminister Satrio Budihardjo Joedono mußte seinen Posten verlassen, denn sein Ministerium wurde mit dem Industrieministerium verschmolzen /Gatra, 16.12.95/. Mit der Umstrukturierung hofft der Minister für Industrie und (neuerdings) Handel, Tungky Ariwibowo, könne eine Steigerung des Exports erzielt werden /Kompas, 30.12.95/.
Um die Jahreswende sprach Präsident Suharto öfters über die Notwendigkeit, eine effizientere Bürokratie aufzubauen, um sinnlose Ausgaben, die den Handel hemmten, zu beseitigen. Seine Erklärungen stehen in Zusammenhang mit dem Bestreben, die Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Nicht-Öl-Produkte zu steigern. Wenn schon der Präsident über sinnlose Ausgaben redet, dann sind sie wirklich zum Problem geworden. Immerhin basiert das Ansehen und die Glaubwürdigkeit von Suhartos Regierung in starkem Maße auf der wirtschaftlichen Leistung Indonesiens. /Gatra, 16.12.95/
Bis November 1995 erzielte Indonesien Exporterlöse in Höhe von US$ 28,96 Milliarden. Dies ist eine Steigerung von 14 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Doch in der selben Zeit stiegen die Importe um 32 % auf US$ 26,52 Milliarden. Zwar erzielte Indonesien damit immer noch einen Überschuß von US$ 2,4 Milliarden, aber gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies einen Rückgang um 55 %. 1994 erzielte Indonesien im gleichen Zeitraum US$ 5,4 Milliarden.
Zieht man von dem verbleibenden Handelsbilanzüberschuß von US$ 2,4 Milliarden die Erlöse aus Öl- und Gasexporten ab, so ergibt sich ein Handelsbilanzdefizit von US$ 2,6 Milliarden /Forum Keadilan, 4.12.95/.
Bei wichtigen Exportgütern mußte Indonesien Verkaufsrückgänge hinnehmen. Der Verkauf von Holzprodukten sackte um 9 % nach unten, Bekleidung um 0,81 %. Großabnehmer wie Japan, China und Südkorea deckten ihren Holzbedarf durch Käufe in Malaysia. Ein Händler in Japan begründete dies mit seinen Unmut über den Vorsitzenden des Indonesischen Holzverbandes APKINDO, "Tropenholzkönig" Bob Hassan. Er habe versucht, die Japaner zu zwingen, ihr Holz bei der Firma Nipindo zu kaufen, die das Monopolrecht für die Ausfuhr von Holz besitze. Der japanische Holzhändler sah sich derweil nach anderen Lieferanten um. Der leichte Rückgang der Textilexporte wurde mit der Preissteigerung von Baumwolle begründet. Eine Reihe von Bekleidungsfirmen in Pekalongan und Bandung gingen bereits pleite.
Um 50 % gestiegen sind dagegen die Exporte von Bergbauprodukten, die US$ 1,4 Milliarden erwirtschafteten. Auch Industrie- und Landwirtschaftsprodukte stiegen um 13 % bzw. 2,5 %. Die hohen Ausgaben für Importe wurden durch die gestiegene Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Getränken (je 335 % Zunahme), nach langlebigen Konsumgütern (+80 %), Kapitalgütern sowie Rohstoffen begründet /Forum Keadilan, 4.12.95/.
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Die Inflationsrate für das Jahr 1995 betrug bis November 7,85 %. Für das gesamte Jahr wurden 8,5 % geschätzt. Damit wäre zwar das Ziel, die Inflationsrate unter 5 % zu halten nicht erreicht, aber im Vergleich zu den vergangenen Jahren hätte die Inflation leicht gedrückt werden können (1993: 9,77 % und 1994: 9,72 %) /Gatra, 30.12.95/. Die Hoffnung war verfrüht, letztlich schloß Indonesien das Jahr 1995 mit knapp über 10% Inflation ab.
Beispiel Eier
Wie schwer es ist, Devisen zu erwirtschaften, wenn die Produktionsmittel ebenfalls mit Devisen bezahlt werden müssen, mußten beispielsweise die ca. 50.000 indonesischen Geflügelzüchter erfahren. Die Verbraucher freuten sich über den plötzlichen Preisverfall von Hühnereiern, die statt für Rp. 1.650/kg (ca. DM 1,10) nun schon für Rp. 1.400/kg (ca. DM 0,90) zu haben waren. Der Grund dafür war, daß die großen Geflügelzüchter, die jeweils zwischen 100.000 und 300.000 Stück Federvieh halten, ihre Eier billig auf den Markt warfen. Für viele von ihnen war das Geschäft mit Hühnern nicht mehr rentabel, sie machten ihren Betrieb dicht. Begründet wurde dies mit gestiegenen Futterpreisen auf dem Weltmarkt. 60 bis 65 % Hühnerfutter (Mais) wurden bisher aus dem Ausland eingeführt. Der Verband der Geflügelzüchter PPUI beschuldigte die Futterindustrie, die ihre Preise willkürlich festgesetzt habe. Ein Kilogramm Hühnerfutter hatte im Jahre 1990 noch 500 Rupiah gekostet, 1995 kostete das Kilo schon 830 Rupiah. Um die Krise zu bewältigen bat der Agrarminister die großen Geflügelzüchter mit ausländischer Beteiligung, sich an die Abmachungen zu halten. 65 % ihrer Eier sollten dem Export vorbehalten bleiben, um keine Überschüsse auf dem heimischen Markt zu schaffen /Forum Keadilan, 6.11.95/.
Beispiel Salz
Auch viele Salzproduzenten werden pleite gehen. Denn ab 1. Januar 1996 tritt ein neuer Standard für Salz in Kraft, der vom Industrieministerium erlassen wurde. Um den Jodgehalt des Salzes anzugleichen, müssen nun alle Produzenten eine Salzmaschine kaufen, die aus dem Ausland bezogen werden muß. Die Maschinen kosten Rp. 4 Milliarden pro Stück (ca. DM 2,2 mio), die Betriebskosten schlagen mit noch einmal Rp. 8 Milliarden (ca. DM 4,4 mio) zu Buche. "Wie sollen wir diese Maschine anschaffen?", fragte der Regionalsekretär des Verbandes der Salzindustrie APROGAKOB von Mittel-Java.
In Mittel-Java gibt es 44 Salzproduzenten, 20 davon sind mittlere Unternehmen, die restlichen 24 sind Kleinunternehmen. Letztere produzieren täglich ca. 5 Tonnen Salz, das entspricht einem Umsatz von Rp. 30 mio (ca. DM 20.000). Die 20 mittleren Unternehmen produzieren täglich 20 Tonnen Salz, das entspricht einem Umsatz von Rp. 100 mio (ca. DM 70.000). Ein Kilogramm Salz aus diesen Betrieben kostet 25 Rupiah (DM 0,0017). "Und hinzu kommt noch, daß wir um die 4 Milliarden Rupiah teuren Maschinen kaufen zu können, Zinsen in Höhe von 400 mio Rupiah monatlich bezahlen müssen", klagte der Regionalsekretär. Das heißt, die Höhe der monatlichen Zinsen entspricht dem Umsatz eines mittleren Betriebes in mehr als sechs Jahren.
Doch die Opfer sind nicht nur diese kleinen und mittleren Betriebe. Auch die Zahl der Anlieferer, die traditionelle Salzgärten bewirtschaften, ist seit der Bekanntgabe des Ministererlasses rückläufig. Die Leute geben auf, aus Angst, ihre Produkte später nicht verkaufen zu können. Nur noch 40 % der Flächen für die Salzgewinnung werden genutzt /Forum Keadilan, 4.12.95/.
Exportvergünstigungen gefordert
Die indonesische Industrie- und Handelskammer KADIN schlug der Regierung vor, von diesem Jahr an bestimmte Exportvergünstigungen zuzulassen. Diese seien notwendig, um den Export zu steigern und damit die in den letzten Jahren aufgrund gesunkener Exportzahlen defizitäre Leistungsbilanz zu verbessern. "Die Zunahme des Defizits in der Leistungsbilanz kann das wirtschaftliche Gleichgewicht gefährden", sagte der Chef der Kammer, Aburizal Bakrie.
Er nannte einige wirtschaftliche Maßnahmen, mit denen die defizitäre Leistungsbilanz verringert werden könne. Unter anderem forderte er niedrigere Kreditzinsen für bestimmte Exportdarlehen, die Bereitstellung langfristiger Exportkredite, die Streichung der Exportsteuer und eine Vereinfachung der Exportgenehmigungen für Ausfuhren in die nähere Region.
Die Verminderung des Kreditzinssatzes sei notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit indonesischer Produkte auf dem internationalen Markt zu verbessern. Der bisherige Kreditzinssatz von 20 % sei zu hoch, wünschenswert seien Kreditzinsen von etwa 14 % /Republika, 19.12.95/.
Touristen als Devisenquelle
Die Regierung strebt an, die Tourismusbranche bis zum Jahre 2005 zur größten Devisenquelle des Landes zu machen. In diesem Jahr erwartet man 11 mio Touristen, die mindestens US$ 15 Milliarden einbringen werden /Warta Ekonomi, 18.12.95/. Tanri Abeng, 53, der Chef des indonesischen Fremdenverkehrsamtes BPPI, sieht optimistich in die Zukunft seiner Branche. Der Tourismus sei die drittgrößte Devisenquelle nach Holz und Textilien. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Branche US$ 4,5 Milliarden Devisen. Nach Tanri Abengs Rechnung schaffen 72 Touristen einen zusätzlichen Arbeitsplatz in Indonesien /Gatra, 30.12.95/.
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indonesische Schuhe gesucht
Es ist nicht einfach, auf Indonesiens Märkten indonesische Schuhe zu finden. Die ca. 300 Betriebe der Schuhindustrie produzieren hauptsächlich für den Export. Viele von ihnen produzieren im Auftrag ausländischer Konzerne Markenschuhe wie Nike, Reebook und Adidas. Offenbar gehen Europäer und Amerikaner wieder häufiger zu Fuß, denn der Schuhexport floriert, s. Tabelle.
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