Indonesien-Information Nr. 1, 1997 (Ost-Timor)
Das Bischöfliche Hilfswerk Misereor und das Internationale Missionswerk Missio bereiteten Bischof Belo am 14. Dezember im Krönungssaal des Aachener Rathauses einen würdevollen Empfang.
"Man kann keine humanitäre Hilfe leisten ohne auch die politische Dimension mitzuberühren", so Prälat Herkenrath von Misereor. Misereor unterstützt in Ost-Timor Gesundheits- und Ausbildungseinrichtungen und Projekte im Bereich ländliche Entwicklung."Doch all solche Entwicklungsmaßnahmen stoßen da an ihre Grenzen, wo die Menschen nicht frei sind und deshalb ist es erste und vordringlichste Aufgabe, daß wir ihnen solidarisch zur Seite stehen in ihrem Bestreben zur Selbstbestimmung."
Deutliche Kritik an der Indonesien-Politik der Bundesregierung übte der Aachener Oberbürgermeister Jürgen Linden (CDU): "Es muß Schluß sein mit einer Politik, die ein unterdrückerisches Regime hofiert, um der deutschen Exportwirtschaft die Tür zu öffnen." Er rief dazu auf, deutsche Militärhilfe und Rüstungsexporte nach Indonesien nicht mehr zu genehmigen.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau sagte, daß "diejenigen, die sich für die Menschenrechte auf Ost-Timor einsetzen, auf allen Kontinenten mehr Rückenwind brauchen." Er hoffe, daß die internationale Beachtung die Position des Bischofs stärke.
Bischof Belo dankte den katholischen Hilfswerken für ihre Unterstützung im Kampf für die Rechte der Menschen in Ost-Timor und versäumte es auch nicht, auf seinen Mitpreisträger José Ramos-Horta hinzuweisen. Mit politischen Äußerungen hielt er sich jedoch sehr zurück und sagte auch Pressetermine ab. Er wolle wieder sicher in seine Heimat zurückkehren, begründete er diesen Schritt. Schon bei der Verleihung in Oslo wurde deutlich, daß Bischof Belo offenbar von der indonesischen Regierung unter Druck gesetzt worden war.
Erstmals in der Geschichte des Friedenspreises gaben die Preisträger getrennte Pressekonferenzen und Stellungnahmen zu politischen Fragen verwies der Bischof an José Ramos-Horta. Der Vorsitzende des Nobelkomitees bestätigte, daß Indonesiens Regierung vor den Feierlichkeiten "sehr aktiv" gewesen sei /FR, 10.12.96/.
Auch blieb Indonesiens Botschafter in Norwegen den Feierlichkeiten fern. José Ramos-Horta äußerte für das getrennte Auftreten viel Verständnis: "Wenn Belo in Europa zu deutlich Stellung nimmt, wird er nicht nach Hause zurückkehren können", /taz, 7./8.12.96/. "Es ist sehr weise von ihm, hier nicht mit mir zusammen aufzutreten. Niemand wird dringender in Ost-Timor gebraucht als er", /Tagesspiegel, 10.12.96/. Aus Rücksicht auf Bischof Belo sei José Ramos-Horta auch nicht der Einladung nach Aachen gefolgt, so Prälat Herkenrath von Misereor. Aus eben dieser Rücksichtnahme trat er auch nicht wie angekündigt in der WDR Live-Sendung "Bischof Belo muß schweigen" auf, die in der Sendereihe 'Gott und die Welt' gezeigt wurde. Der Bischof hatte sich kurzfristig entschieden, trotz seiner Bedenken an dieser Sendung teilzunehmen. Am Sonntag traf Bischof Belo mit dem Vorsitzenden der deutschen katholischen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, zusammen und holte dann am folgenden Tag das in Jakarta nicht zustande gekommene Gespräch mit Bundeskanzler Helmut Kohl nach.
Kohl wies auf die Bedeutung einer friedlichen, gerechten und einvernehmlichen Lösung für Ost-Timor hin. Dies gelte insbesondere für die Einhaltung der Menschenrechte. Es wurde vereinbart, den Dialog fortzusetzen. Volker Neumann (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses für humanitäre Hilfe und Menschenrechte, wertete es als einen wichtigen politischen Schritt vorwärts, daß Bundeskanzler Helmut Kohl sich mit Bischof Belo getroffen hat. Gespräche mit Außenminister Kinkel und dem Vorsitzenden der Sozialdemokraten im Bundestag, Scharping, vervollständigten das Besuchsprogramm des Bischofs.
Abschließend sagte Belo vor Journalisten, er erwarte von der internationalen Staatengemeinschaft Solidarität und Unterstützung zur Schaffung des Friedens, der Versöhnung sowie zur Einhaltung der Menschenrechte und der Menschenwürde in seiner Heimat.
Beide Nobelpreisträger stießen in Deutschland auf ein hohes Maß an Solidarität und Unterstützungsbereitschaft. PolitikerInnen, kirchliche Vertreter und NGOs bekräftigten Forderungen nach Einhaltung der Menschenrechte und nach einem Verbot weiterer deutscher Waffenlieferungen an Indonesien. In den nächsten Monaten muß sich nun zeigen, wie sich die von allen Seiten gezeigte Gesprächs- und Hilfsbereitschaft in konkretes politisches Engagement zur Lösung des Ost-Timor-Konfliktes umsetzen läßt. Bislang ist die deutsche Außenpolitik von einer gebührenden Berücksichtigung Ost-Timors noch weit entfernt.
Zu unserer großen Freude wird José Ramos-Horta voraussichtlich in der zweiten Septemberhälfte mit ausreichend Zeit erneut nach Deutschland kommen, um sein unermüdliches Bemühen für eine friedliche Lösung des Konfliktes auf allen politischen Ebenen fortzusetzen und mit verschiedenen Gesprächspartnern Lösungsmöglichkeiten zu erörtern.
Neben politischen Terminen und Hintergrundgesprächen sind auch
öffentliche Veranstaltungen vorgesehen, die in der Verantwortung von
Gruppen vor Ort durchgeführt werden sollen. Hierzu möchten wir
alle herzlich einladen. Tatkräftige Hilfe, Anregungen und Vorschläge
sind gerne willkommen. Die Koordination der Besuchsreise liegt bei Watch
Indonesia!
Die Reden der beiden Nobelpreisträger anläßlich der Verleihung in Oslo am 10. Dezember 1996, sowie die Rede des Vorsitzenden des Nobelpreiskomitees Francis Sejersted sind für DM 10,- bei Watch Indonesia! zu bestellen.
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