Indonesien-Information Nr. 1, 1997 (Aktion)
Presseerklärung zu den Unruhen in West-Kalimantan:
Berlin, 27.2.97. In Briefen an Außenminister Klaus Kinkel und den UN Special Rapporteur on extrajudical, summary or arbitrary executions forderten heute die Organisationen IMBAS, Südostasien-Informationsstelle und Watch Indonesia! eine unabhängige Untersuchung der seit Ende Dezember anhaltenden Unruhen in der indonesischen Provinz West-Kalimantan.
Nach Angaben der indonesischen Streitkrafte (ABRI) beträgt die Zahl der Todesopfer etwa 300 Menschen. Unabhängige Beobachter rechnen jedoch mit bis zu 2.000 Todesopfern, wie die britische Tageszeitung "The Guardian" in ihrer Ausgabe vom 13. Februar 1997 vermeldete.
Der blutige Konflikt begann Ende Dezember 1996 als während eines Festes einheimische Dayaks mit zugezogenen Maduresen im Streit um eine Frau aneinander gerieten. Dieser scheinbar nichtige Anlaß führte in den folgenden Wochen zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen zwischen Dayaks und Maduresen in weiten Teilen der Provinz, die sogar auf die Provinzhauptstadt Pontianak überzugreifen drohten. Malaysia schloß sämtliche Grenzstationen zu der Unruheprovinz, um eine Ausweitung des Konflikts auf malaysisches Staatsgebiet zu verhindern. Die indonesische Regierung verhängte ihrerseits eine Nachrichtensperre und verwehrte Presseleuten jeglichen Zugang zu dem Gebiet, in das 3.000 indonesische Soldaten entsandt worden waren. Lediglich einem Fernsehreporter der BBC gelang es, Filmaufnahmen über das grausame Geschehen zu machen, die letzte Woche von BBC World in vielen Ländern der Welt ausgestrahlt wurden.
Die tiefere Ursache für die Unruhen dürfte in der soziokulturellen und ökonomischen Diskrepanz zwischen der einheimischen Dayak-Bevölkerung und den zugezogenen Maduresen liegen. Die Maduresen - spontane Transmigranten - bekommen von der Regierung in Kalimantan Land zugewiesen, das nach indigenem Recht den Dayaks gehört. Diesen wird dadurch und durch die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen ihres Landes zunehmend die Lebensgrundlage entzogen, ohne daß sie von dem damit erzielten wirtschaftlichen Fortschritt in angemessener Weise profitieren. Die Diskriminierung ihrer indigenen Lebensweise und Kultur führt zusätzlich zu einer Entwurzelung der Dayaks. Aus Sicht der Dayak verkörpern die Maduresen - stellvertretend für viele andere Bevölkerungsgruppen Indonesiens - die Bedrohung ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Existenz. Es ist offensichtlich, daß die indonesische Regierung nicht in der Lage ist, die Ursachen der Unruhen zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur friedlichen Beilegung des Konfliktes zu treffen. Eine lückenlose Aufklärung des Geschehens durch eine unabhängige Untersuchungskommission ist daher dringend geboten. <>
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