Indonesien-Information Nr. 1, 1997 (Aktion)

Dr. Sri-Bintang Pamungkas verhaftet

Anklage wegen 'Suversion'

Berlin/Jakarta, 6. März 1997. Der indonesische Systemkritiker Dr. Sri-Bintang Pamungkas wurde gestern abend zusammen mit zwei weiteren Vertretern der neugegründeten Oppositionspartei PUDI (Partai Uni Demokrasi Indonesia) in Haft genommen. Neben dem Parteivorsitzenden, Dr. Sri-Bintang Pamungkas, wurden sein Vize, Julius Usman, sowie der Generalsekretär der Partei, Saleh Abdullah verhaftet. Gegen alle drei soll Anklage nach dem heftig umstrittenen Subversionsgesetz erhoben werden, wie dem Watch Indonesia! vorliegenden Haftbefehl zu entnehmen ist. Das Subversionsgesetz schränkt die Rechte eines Angeklagten auf ein absolutes Minimum ein. Als Höchststrafe droht die Todesstrafe.

Die Existenz von PUDI ist auch nach indonesischem Rechtsverständnis nicht illegal, solange die Partei sich nicht an Wahlen beteiligen möchte. PUDI hat stets betont, bei den am 29. Mai bevorstehenden Wahlen nicht antreten zu wollen. Im Gegenteil hat sich die Partei mehrfach dagegen ausgesprochen, unter den geltenden undemokratischen Bedingungen überhaupt Wahlen durchzuführen. Das indonesische Wahlrecht gestattet nur der Regierungspartei Golkar sowie den beiden Blockparteien PPP (Vereinigte Entwicklungspartei) und PDI (Demokratische Partei), sich dem Wählervotum zu stellen. Der Wahlprozeß ist gekennzeichnet von umfangreichen Manipulationen, angefangen von der gewaltsamen Entmachtung der PDI-Vorsitzenden Megawati Soekarnoputri seitens der Regierung und des Militärs bis hin zu massiven Restriktionen bezüglich der Wahlkampfaktivitäten der beiden kleinen Parteien. Unter dem Eindruck der schweren Unruhen stehend, die seit einigen Monaten Indonesien erschüttern, hieltStaatspräsident Suharto diese Woche eine vielbeachtete Rede, in der er androhte, alle diejenigen, die versuchten, ihn mit nicht verfassungsgemäßen Mitteln seines Amtes zu entheben, zu 'zerschmettern'. Die Rede folgte unmittelbar im Anschluß an eine Reise Suhartos nach Burma, Kambodscha und Laos, die den Beitritt dieser drei Staaten zum ASEAN-Verbund vorbereiten sollte. Bei dieser Gelegenheit hatte Suharto Verständnis für das Verhalten der burmesischen Regierung gegenüber der Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyii geäußert und zahlreiche Kooperationsverträge mit dem Militärregime in Rangoon abgeschlossen. Mit der Verhaftung von Dr. Sri-Bintang Pamunkas, Julius Usman und Saleh Abdullah machte das Regime deutlich, daß Suhartos Ankündigung ernst zu nehmen ist. Anlaß der Verhaftung ist eine Glückwunschkarte, die Sri-Bintang Pamungkas zum Ende des Fastenmonats Ramadhan an Politiker und politische Freunde versandt hat. Als Anlage waren der Karte drei politische Statements von PUDI beigefügt: ein Aufruf zum Boykott der bevorstehenden Wahlen, die Ablehnung der Wiederwahl von Präsident Suharto und ein Aufruf, Vorbereitungen für eine 1998 anbrechende Ära nach Suharto zu treffen.

Es wird vermutet, daß sich die Anklage auf eine Reihe von Schriftstücken stützen wird, in denen PUDI seine politische Programmatik umrissen hat. Hierzu zählen u.a. das Parteiprogramm und ein jüngst vollendeter Entwurf zur Neugestaltung der Verfassung.

Zahlreiche führende Mitglieder einer weiteren neugegründeten Oppositionspartei, der PRD (Volksdemokratische Partei), sowie der Gewerkschaftsführer Muchtar Pakpahan müssen sich bereits seit August vor Gericht verantworten. Sie wurden ebenfalls wegen Subversion angeklagt, da sie es gewagt hatten, in konstruktiver Weise Kritik an der Regierung zu üben, indem sie ihre politischen Leitgedanken in detaillierter Form zu Papier gebracht hatten. Wegen einer Rede an derTechnischen Universität Berlin im April 1995 wurde Dr. Sri-Bintang Pamungkas in zwei Instanzen zu 34 Monaten Haft verurteilt, nachdem sich zunächst gegen ihn erhobene Beschuldigungen 'Drahtzieher' der Anti-Suharto-Demonstration in Dresden gewesen zu sein als unhaltbar erwiesen hatten. Der weltweiten Aufmerksamkeit, die diesem Fall entgegengebracht wurde, war es zu verdanken, daß Sri-Bintang Pamungkas seine Strafe bislang nicht antreten mußte, da ein abschließendes Urteil durch den Obersten Gerichtshof (Mahkamah Agung) noch aussteht. Mit der nun erhobenen neuerlichen Anklage versucht das Regime, den Fall zu einer 'internen Angelegenheit' Indonesiens zu machen, um lästige Fragen von ausländischen Politikern zu vermeiden. <>

 
 
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