Indonesien-Information Nr. 2 2003 (Demokratie)

 

Kriminelle Partner

Eine Greenpeace-Studie zu der Verbindung von Großbritannien mit indonesischen Holzbaronen, Juni 2003 *

von Marianne Klute


„Illegales Holz zu importieren oder zu handeln ist ein Verbrechen“, sagte Indonesiens Forstminister Prakosa im Januar während des Treffens der Consultative Group on Indonesia (CGI). Es ist ein Verbrechen am Wald und an der Bevölkerung, bei dem die reichen Holzbarone, die korrupten Politiker und Militärs mit den Holzhändlern im Ausland eine lukrative Partnerschaft eingehen. Alarmierende 88 % des Holzes in Indonesien stammen aus illegalem Holzeinschlag. Und wenn Großbritannien die Hälfte seiner Holzeinfuhren aus Indonesien bezieht, so liegt der Verdacht nahe, dass dies nicht alles aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen kann. Greenpeace ist diesem Verdacht nachgegangen, hat exemplarisch den Transportweg von Holz der Barito-Gruppe von der Kettensäge in Kalimantan bis zu den britischen Holzhändlern verfolgt sowie offizielle und authentische Daten evaluiert.

Jede Minute verliert Indonesien Waldfläche in der Größe von fünf Fußballfeldern, jedes Jahr soviel wie fünf Inseln Bali. Beim Verlust an tropischem Regenwald ist Indonesien nach UN-Angaben Weltspitze, noch vor Brasilien und Kongo. Die ökologischen und die sozialen Auswirkungen sind verheerend: das einst waldreiche Sumatra ist fast abgeholzt, Kalimantan kann nur noch sieben Jahre Tropenholz liefern. Der Verlust an Arten lässt sich mit bloßem Auge beobachten. Und die Weltbank sieht in der ungerechten Ausbeutung der Wälder zum Nachteil der Bevölkerung eine der Hauptursachen für die ernsten sozialen Probleme Indonesiens.

Die finanzielle Seite sieht nicht rosiger aus. Zwar ist Holz, nach dem Sektor Erdöl, Indonesiens Devisenlieferant Nummer eins, doch durch den illegalen Holzeinschlag entgehen dem Staat jährlich Einnahmen in der Höhe des dreifachen Bruttoinlandprodukts. (vgl. Contreras-Hermosilla, Arnoldo (2002): Law compliance in the forest sector, Arbeitspapier 3720 für die Weltbank)

Barito Pacific, das Fallbeispiel der Studie, im Besitz des Suharto-Cronies Prajogo Pangestu, ist von allen Einschlagkonzessionären der größte – die Gruppe verfügt über Lizenzen über mehr als 5 Millionen Hektar. In Baritos vielfältige Unternehmungen haben nicht nur internationale Banken und Kreditagenturen laufend investiert, sondern auch die Europäische Kommission. Noch im Jahre 2001 kam Barito Pacific in den Genuss auch von Hermes-verbürgten Krediten. Mittlerweile ist Barito Pacific der größte Sperrholzproduzent der Welt und gleichzeitig der zweitgrößte Schuldner Indonesiens. Um wenigstens einen Teil des Schuldenberges abzutragen und die übergroßen Kapazitäten der Holz verarbeitenden Betriebe auszulasten, reichen die konzessionierten Waldflächen nicht aus. Die mehr als 5 Millionen Hektar können den Holzbedarf der Sägemühlen nur zu einem Viertel decken. 65 % bis 83 % des Holzes sind undefinierbaren, d.h. illegalen Ursprungs. Das Holz stammt aus verschiedensten Quellen, nicht zuletzt aus den Konfliktgebieten Molukken und Papua.
Im Januar 2003 kam Greenpeace auf die Spur von illegal gefälltem Holz und musste feststellen, dass Barito nach einer geschickt eingefädelten „Holzwäsche“ dieses Holz sein eigen nennen konnte. Barito bedient sich einer Reihe weiterer illegaler Methoden. Dazu gehören gezielt gelegte Waldbrände, Bestechung, Vertragsbruch, Vertreibung der Bevölkerung. (Luftaufnahmen der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) zum Beispiel bewiesen, das während der bisher verheerendsten Waldbrände 1997-98 fast sämtliche der Barito-Holzplantagen abbrannten.)

20 % der von den Barito-Firmen produzierten Sperrholzplatten werden nach Großbritannien exportiert. Die Studie benennt mit Travis Perkins, Jewson, Montague Meyer und Finnforest die Großhändler, die „partners in crime“. Deren Lieferungen endeten zum Beispiel im Hauptgebäude des Innenministeriums in Westminster. Die britische Regierung gehört mit insgesamt 15 % zu den Großabnehmern von Sperrholz indonesischen Ursprungs. Damit ist sie, laut Umweltminister Nabiel Makarim, mitverantwortlich für die Zerstörung der Tropenwälder und der indonesischen Nationalparks. Weder Versprechungen des Premierministers noch das im April 2002 unterzeichnete „Memorandum of Understanding“ konnten bewirken, dass weiterhin illegales Tropenholz nach England strömt. Regierungen scheinen machtlos gegenüber den kriminellen Partnern, die von Kreditagenturen finanziert werden, die sich weder an ökologischen und sozialen Kriterien orientieren noch ihren Regierungen verantworten müssen.
Die Greenpeace-Studie empfiehlt, in Indonesien kommerziellen Holzeinschlag vollständig zu unterbinden und in Europa effektive Importgesetze zu verabschieden. Großhändler und Importeure sollten generell auf Tropenholz und Tropenholzprodukte verzichten, es sei denn, sie tragen das Siegel des Forest Stewardship Council (FSC). Europäische Greenpeacegruppen unterstrichen – nach Protestaktionen in London und in Nordenham (Deutschland) Anfang Juni – diese Forderungen. Regierungen in Europa sollen sofort effektive Gesetze zum Importverbot von illegalen Tropenholz verabschieden, welche die Beweislast der Herkunft den europäischen Händlern und Importeuren auferlegen. Für EU-Projekte sollten verbindliche Tropenholzrichtlinien erlassen werden. Für Exportkreditagenturen sollten soziale und ökologische Mindeststandards gelten. <>
 
 

* indonesischer Titel: Mitra dalam Kejahatan: Investigasi Greenpeace mengungkap kaitan antara Inggris dan raja kayu Indonesia, Juni 2003)
 

Die Studie „Partners in Crime“ kann heruntergeladen werden:
http://www.saveordelete.com/indonesia/background.html
Siehe auch:
http://www.greenpeace.org/press/release?press_id=267538
 
 

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