„PDI-P may remove outspoken legislators“, titelte am 16. August
ein Artikel in der Jakarta Post. Darin wird die Auffassung von Taufik Kiemas,
Ehemann der Präsidentin und PDI-P Vorsitzenden Megawati Soekarnoputri,
wiedergegeben, es bestehe eine reale Möglichkeit, dass einige PDI-P
Abgeordnete aus dem Parlament abberufen werden, da die Partei um Ordnung
und Konformität bemüht sei. Kiemas wird mit den Worten zitiert,
Umbesetzungen könnten jederzeit passieren und jeden treffen. „Selbst
ich könnte abberufen werden, wenn ich nicht strikt den Anordnungen
der Partei gehorcht habe.“
Rechtliche Grundlagen für eine solche Abberufung von Abgeordneten durch die Partei finden sich in der neuen Gesetzgebung für die Parlamentswahlen im nächsten Jahr. Das darin wiedereingeführte sog. recall-right, also das Recht auf Abberufung bzw. Mandatsentzug, war während des Suharto-Regimes ein sehr effektives Mittel gewesen, um freie Meinungsäußerung von Abgeordneten zu unterbinden. Es gehörte zu den Errungenschaften der Wahlgesetzgebung von 1999, dass das recall-right weitestgehend abgeschafft wurde.
Zeugt die neue Gesetzgebung für die Wahlen 2004 von einem Mehr
an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit? Oder sind restriktive Bestimmungen
der Suharto-Zeit immer noch – oder schon wieder – darin anzutreffen? Inwieweit
unterscheidet sich die gerade verabschiedete Gesetzgebung von jener, die
von der Habibie Administration und dem von Golkar und Militär dominierten
Parlament für die Wahlen 1999 in Kraft gesetzt worden waren? Diese
und andere Fragen werden uns im folgenden Beitrag beschäftigen. Roter
Faden bei der Untersuchung der neuen Gesetze zu Parteien, Parlamentswahlen
sowie zu Zusammensetzung und Status der Parlamente sind die Fragen, welche
Rolle darin den tragenden Säulen der Ideologie der Neuen Ordnung –
der Staatsideologie Pancasila, dem vehementen Antikommunismus und der prioritären
Verpflichtung auf nationale Einheit und Integrität – noch oder wieder
zukommt und welcher Stellenwert politischen und bürgerlichen Rechten
und Freiheiten eingeräumt wird.1
Das 1999er Parteiengesetz hatte im Vergleich zu seinem Vorgänger
eine Reihe ganz erheblicher positiver Veränderungen gebracht:2
So wurde das Parteienspektrum ausgeweitet – zumindest was die Zahl der
Parteien angeht –, da das Gesetz zunächst überhaupt einmal die
Bildung von mehr als den drei Parteien Golkar, PDI und PPP zuließ.
Außerdem wurde die strikte Gleichschaltung im Bereich politischer
Parteien aufgehoben: So war nicht länger gefordert, dass Parteien
als einzige Grundlage die Staatsideologie Pancasila haben mussten. Außerdem
verabschiedete man sich von der sog. floating mass-Politik, was hieß,
dass Parteien fortan auch in Dörfern und Distrikten Vertretungen haben
durften. Des Weiteren wurde festgelegt, dass Parteien nicht länger
durch die Exekutive aufgelöst werden konnten; die Zuständigkeit
für Parteiverbote wurde dem Obersten Gerichtshof übertragen.
Das Parteiengesetz von 1999 weist jedoch in vieler Hinsicht Relikte der Suharto-Zeit auf: So wird bei genauerem Studium des Gesetzes deutlich, dass es sich bei der Registrierung von Parteien beim Justizministerium – und nicht etwa bei einem Gericht, wie es noch in einem Entwurf zu lesen gewesen war – keineswegs um einen rein formalen Registrierungsprozess handelt. Vielmehr ist dieser Schritt auf dem Weg zur Parteigründung an die Erfüllung von Bedingungen geknüpft, welche auf Kontinuität mit der Neuen Ordnung hinweisen: Als Vorbedingung für die Zulassung einer Partei wird u.a. verlangt, dass diese der Staatsideologie Pancasila treu ist und nicht die nationale Einheit und Integrität gefährdet. Die Entscheidung, ob die ideologische Ausrichtung einer neuen Partei sich im vorgegebenen Rahmen bewegt, liegt bei der Exekutive, welche so ein entscheidendes Instrument zur Eingrenzung des indonesischen Parteienspektrums behalten hat.
Auch die dritte tragende Säule der Ideologie der Neuen Ordnung, vehementer Antikommunismus, ist freiheitsbeschränkend im 1999er Parteiengesetz vorhanden: Mit dem apodiktischen Verbot, Lehren des Kommunismus, Marxismus/Leninismus oder anderes im Widerspruch zu Pancasila stehenden Gedankengut zu verbreiten, werden in diesem Gesetz die auch in der indonesischen Verfassung verankerte Meinungs- und Vereinigungsfreiheit eingeschränkt.
Im Jahr 1999 bestimmte die neu gewählte und ernannte Beratende
Volksversammlung (MPR), dass die neue Gesetzgebung im politischen Bereich,
welche kurz zuvor noch von dem von alter Golkar und Militär dominierten
Parlament verabschiedet worden war, verbesserungswürdig sei. Dies
schließt die Parteiengesetzgebung ein. Und es stellt sich somit die
Frage, ob das Ende 2002 verabschiedete neue Parteiengesetz bessere Rahmenbedingungen
schafft.
Die geneigte Leserin bekommt jedoch schon im einleitenden Teil des
2002er Parteiengesetzes eine Ahnung davon, dass dem möglicherweise
nicht so ist. Denn dort wird gleich vehement unterstrichen, dass die alte
1966er Gesetzgebung zum Verbot der indonesischen kommunistischen Partei
PKI und zur Verbreitung kommunistischen und marxistisch/leninistischen
Gedankengutes nicht nur fortbesteht, sondern auch „konsequent“ umgesetzt
werden müsse. Dass es politischen Parteien verboten ist, kommunistisches
etc. Gedankengut zu verbreiten, wird im Haupttext des Gesetzes konkretisiert:
Parteivorständen, die eine Partei für solche Zwecke benutzen,
werden Strafen gemäß dem 1999 ins Strafgesetzbuch eingeführten
'Antikommunismusparagraphen' (Art. 107) angedroht; die Partei kann in so
einem Fall aufgelöst werden. An dieser Stelle ist anzumerken, dass
mit der dritten Verfassungsänderung die Zuständigkeit für
eine Parteiauflösung vom Obersten Gerichtshof auf das zu etablierende
Verfassungsgericht übergegangen ist.
Bei der weiteren Lektüre möchte man dann zunächst freudig bemerken, dass Pancasila-Treue und Verpflichtung auf nationale Einheit und Integrität als Vorbedingungen für die Parteiregistrierung nicht länger gefordert werden – zu früh, wie sich herausstellt, wenn der Leser sich zum Kapitel Sanktionen des Gesetzes durchgearbeitet hat, in dem selbige Vorschriften dann doch noch auftauchen: Stehen die Ziele einer Partei im Widerspruch zur Staatsideologie Pancasila, kann deren Registrierung vom Justizministerium zurückgenommen werden; und unternimmt eine Partei Handlungen, welche die nationale Einheit und Integrität gefährden, kann dies zu einer maximal einjährigen Suspendierung der Partei durch ein Distriktgericht führen. In der Essenz hat sich hier also nichts zum Positiven gewendet. Im Gegenteil, in das 2002er Gesetz ist ein Extrakapitel mit dem Titel „Aufsicht“ eingeführt worden, in dem u.a. das Justiz- und das Innenministerium explizit autorisiert werden zu kontrollieren, dass keine diesbezüglichen Gesetzesverstöße stattfinden. Laut dem 1999er Gesetz oblag es dem Obersten Gerichtshof, über die Einhaltung des Parteiengesetzes zu wachen.
Die Liste der Vorbedingungen für eine Parteiregistrierung enthält, verglichen mit dem alten Parteiengesetz, einen entscheidenden neuen Punkt, nämlich eine Vorschrift, die in ähnlicher Form zuvor nur im 1999er Wahlgesetz enthalten gewesen war: Das 2002er Parteiengesetz bestimmt, dass eine Partei, um zugelassen zu werden, Niederlassungen in mindestens der Hälfte aller Provinzen, in mindestens der Hälfte der Distrikte bzw. Städte der jeweiligen Provinzen und in mindestens einem Viertel der Sub-Distrikte (kecamatan) in den jeweiligen Distrikten bzw. Städten haben muss. Den bestehenden Parteien wird maximal neun Monate Zeit ab Inkrafttreten des Parteiengesetzes eingeräumt, um der Erfüllung dieser (und anderen) Bedingungen nachzukommen, ansonsten ist ihre Rechtmäßigkeit widerrufen.
Mit dieser neuen Bestimmung wird nicht nur das Parteienspektrum weiter eingeschränkt, sondern auch das Recht auf Gründung einer Partei, welches im indonesischen Menschenrechtsgesetz (Gesetz Nr. 39/1999) niedergelegt ist. Hintergrund ist u.a. das Bestreben, die Entstehung von regionalen Parteien zu verhindern. Dies wird mit dem 2002er Parteiengesetz nun noch rigoroser betrieben, als mit der 1999er Wahlgesetzgebung, welche auch eine bestimmte regionale Präsenz zur Vorbedingung der Teilnahme an Wahlen machte, aber die formale Existenz von Parteien unberührt ließ. Es ist diese Vorschrift des neuen Parteiengesetzes, die zudem Bestimmungen in dem Gesetz zur Sonderautonomie in Papua (Gesetz Nr. 21/2001) sinnentleert, in denen der dortigen Bevölkerung ausdrücklich das Recht auf Gründung politischer Parteien zugestanden wird.
Neu ist im Parteiengesetz eine Bestimmung zum oben erwähnten recall-right.
Darin heißt es, dass Abgeordneten durch Parteien ihr Mandat u.a.
durch Parteiausschluss entzogen werden kann. Gleichfalls verlieren Abgeordnete
ihr Mandat, wenn sie aus der Partei austreten. Dazu später mehr.
Das 1999er Wahlgesetz enthält eine ganze Reihe von positiven
Veränderungen gegenüber seinem Vorgänger aus der Suharto-Zeit.
Auffällig ist allerdings, dass die stärksten Änderungen
in Bereichen vorgenommen wurden, in denen während der Neuen Ordnung
besonders gravierende Verletzungen des Prinzips freier und fairer Wahlen
stattgefunden hatten und wo der Druck von einheimischen Kräften und
der internationalen Gemeinschaft am höchsten war.
So bot das 1999 Wahlgesetz im Einklang mit dem Parteiengesetz nun mehr als den drei Parteien Golkar, PDI und PPP die Möglichkeit, um die Wählergunst zu konkurrieren; eine neue – theoretisch unabhängige – Wahlkommission (Komisi Pemilihan Umum, KPU) wurde ins Leben gerufen und ersetzte die alte diskreditierte Regierungsinstitution LPU (Lembaga Pemilihan Umum); zivile Wachkräfte waren laut Gesetz für den Schutz der Wahllokale zuständig, nicht mehr Polizei oder gar Militär; die Bestimmungen zur Wählerregistrierung zeugen von der Absicht, Betrug und Einschüchterung bei diesem Prozess vorzubeugen; für das Prozedere der Stimmabgabe und der Auszählung der Stimmen wurden eine Reihe von Regelungen festgelegt, die Wahlfälschung verhindern sollten; die Zulassung von einheimischen und internationalen Wahlbeobachtern und -beobachterinnen sowie die Befreiung der für Wahlaufsicht zuständigen Institution aus der Umklammerung des Militärs erhöhte die Transparenz des Wahlprozesses; und schlussendlich wurde auch das Thema Korruption angegangen, indem Parteien- und Wahlkampagnenfinanzierung reguliert wurden.
Von den Unregelmäßigkeiten in der Praxis einmal abgesehen, ist festzustellen, dass Demokratie befördernde Bestimmungen des 1999er Wahlgesetzes oftmals im Gesetz selbst oder durch Ausführungsbestimmungen, sei es der Regierung, sei es der Wahlkommission, relativiert, eingeschränkt oder gar unterminiert wurden.
Ohne Zweifel war es eine Errungenschaft, dass aufgrund der neuen Rechtslage viele neue Parteien gegründet werden und sich zur Wahl 1999 stellen konnten. Das Parteienspektrum hat sich jedoch nicht wesentlich geändert, was nicht zuletzt auch an den rechtlichen Bestimmungen lag. So lassen sich etwa die derzeit im Parlament vertretenen Parteien weitestgehend unter die drei Parteikategorien der Neuen Ordnung, also Golkar und die aus Zwangszusammenschlüssen entstandenen Parteien PDI und PPP, subsumieren.3 Die gegenüber der Neuen Ordnung einzige neue politische Strömung, die nun (wieder) im Parlament vertreten ist, manifestiert sich in den drei Parteien, die in der Tradition der 1960 verbotenen Masyumi-Partei stehen.
Auf einige, das Parteienspektrum begrenzende Bestimmungen im 1999er Parteiengesetz ist oben schon eingegangen worden. Das 1999er Wahlgesetz knüpft daran an: Wie erwähnt, sah das Gesetz für die 1999er Wahl vor, dass Parteien, um zu den Wahlen für das nationale Parlament ebenso wie für Provinz- und Distriktparlamente zugelassen zu werden, in mehr als einem Drittel aller Provinzen vertreten sein müssen. Regionale Parteien werden so für indonesische Parlamente auf allen administrativen Ebenen ausgeschlossen. Des Weiteren war im 1999er Wahlgesetz eine Zwei- bzw. Drei-Prozent-Hürde vorgesehen, wobei diese, anders als bspw. in der Bundesrepublik, nicht für die aktuelle, sondern erst für zukünftige Wahlen wirksam wird. Im Klartext bedeutet dies, dass Parteien, die bei der 1999er Wahl nicht mehr als zwei Prozent der Sitze im nationalen Parlament oder drei Prozent der Sitze von Provinz- oder Distriktparlamenten (verteilt über die Hälfte aller Provinzen und aller Distrikte bzw. Städte) bekommen haben, an keiner weiteren Wahl mehr teilnehmen können. Durch die genannten zwei Bestimmungen wird das im indonesischen Menschenrechtsgesetz festgelegte Recht auf Parteigründung eingeschränkt, ist doch raison d'être einer Partei, irgendwann einmal an Wahlen teilzunehmen.
Die im 1999er Gesetz bestimmte Autonomie der neuen Wahlkommission wird in den Detailbestimmungen des Wahlgesetzes stark eingeschränkt, um nicht zu sagen unterminiert. So wird diese zur Farce, wenn a) in der Wahlkommission die Regierungsvertreter (fünf an der Zahl) genauso viele Stimmen haben wie sämtliche Parteivertreter (48, Golkar eingeschlossen) zusammen; b) in fast allen untergeordneten Gremien, den Wahlkomitees, Regierungsvertreter mitvertreten sind und c) die der Wahlkommission und den Wahlkomitees zuarbeitenden Sekretariate explizit Einrichtungen der Regierung und dieser partiell rechenschaftspflichtig sind.
Wie sieht es mit grundlegenden Prinzipien für Wahlen aus, wie sie etwa in Artikel 21 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschrieben sind? Das Prinzip 'gleicher Wahlen' übersetzt sich in das Prinzip der Gleichgewichtung der Stimmen. Für die 1999er Wahl ergab sich allerdings u.a. auch durch andere Bestimmung im Wahlgesetz eine sehr ungleichgewichtige Verteilung der Sitze auf die verschiedenen Provinzen und somit eine große Ungleichgewichtung der Stimmen. Wenn wir die zwei Extrembeispiele vergleichen, sehen wir, dass in Jakarta 540.000 Einwohner durch einen Sitz repräsentiert werden, während dies in Papua nur 180.000 Einwohner sind. Das bedeutet, dass man in Jakarta etwa dreimal so viele Stimmen braucht, um einen Parlamentssitz zu erlangen wie in Papua, es also rein rechnerisch viel leichter ist, Parlamentssitze in der östlichsten Provinz Indonesiens zu gewinnen als in der Hauptstadt. Das Prinzip der Gleichgewichtung der Stimmen ist also bei diesem System verletzt.4
Wie sieht es mit dem Prinzip 'allgemeiner Wahlen' aus? Eine Gruppe, die ihr Wahlrecht laut 1999er Gesetz nicht wahrnehmen kann, sind die Angehörigen des Militärs und der Polizei. Diese wurden jedoch mit ihren 38 reservierten Sitzen um Faktor 38 überkompensiert. Eine Gruppe, der ihr Wahlrecht – ohne Kompensation – vorenthalten wird, sind Personen, die rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt sind. Eine Verbesserung des 1999er Gesetzes ist, dass früheren Mitgliedern der kommunistischen Partei PKI und anderer verbotener Organisationen das aktive Wahlrecht nicht mehr vorenthalten wird – eine Bestimmung, die jedoch unter Gesetzesvorbehalt gemacht wird, d.h. durch andere gesetzliche Bestimmungen abgeändert werden kann.
Das im Internationalen Pakt für Bürgerliche und Politische Rechte festgelegte Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern und das passive Wahlrecht sind im 1999er Wahlgesetz massiv eingeschränkt: So ist es unter Androhung einer Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsentzug verboten, dass frühere Mitglieder der PKI und anderer verbotener Organisationen sowie Personen, die direkt oder indirekt in der Bewegung 30. September/PKI involviert gewesen waren (also jenen, denen der „1965 Coup“ angelastet wird), sich als Kandidaten für Parlamentswahlen aufstellen lassen.
Wie das Parteiengesetz so gehört auch das Wahlgesetz zu jenen Gesetzen,
die von der neu gewählten und ernannten MPR in ihrer ersten Sitzung
als verbesserungswürdig befunden wurden. Einer ihrer Instruktionen,
der Gewährleistung einer unabhängigen Wahlkommission, wurde bereits
mit Gesetz Nr. 4/2000 Rechnung getragen, welches die Zusammensetzung (und
das Stimmrecht) der KPU modifiziert: Diese besteht fortan aus elf Personen,
die alle gleiches Stimmrecht haben. Die Kandidaten für die Wahlkommission
werden nun vom Präsidenten bzw. von der Präsidentin vorgeschlagen
und müssen vom Parlament bestätigt werden.
Im folgenden soll uns nun beschäftigen, welche Spielregeln
diejenigen, die auf der Grundlage des 1999er Gesetzes ihren
Parlamentssitz erhielten, für die Parlamentswahlen 2004 festgelegt haben. Bevor wir uns dieser Frage zuwenden, muss erwähnt werden, dass in der Zwischenzeit mit den verschiedenen Verfassungsänderungen deutliche Veränderungen des institutionellen Gefüges des indonesischen Staatswesens vorgenommen wurden: Neu eingeführt wurde der Dewan Perwakilan Daerah (DPD), der Rat der Vertreter der Regionen. Das Parlament (DPR) und dieser neu zu gründende DPD bilden zusammen die MPR (vgl. Grafik). Auf Aufgaben, Zusammensetzung und Funktionen der drei Organe werde ich bei der Betrachtung der entsprechenden rechtlichen Grundlagen noch näher eingehen.
Mit der dritten Verfassungsänderung hat endlich auch das Prinzip „direkter, allgemeiner, freier, geheimer, ehrlicher und gerechter“ Wahlen Verfassungsrang erhalten. Ferner bestimmt das indonesische Grundgesetz nun, dass Teilnehmer an den DPR-Wahlen die Parteien und an den DPD-Wahlen Einzelpersonen sind und dass die Wahlen von einer unabhängigen Wahlkommission durchgeführt werden. Diesen Bestimmungen muss das 2003er Wahlgesetz genügen.
Was das Wahlsystem anbelangt, so bestimmt das neue Gesetz für die DPR- und DPRD-(Provinz- bzw. Kommunalparlaments)Wahlen ein proportionales System mit offenen Kandidatenlisten. Eine Distriktbindung der Kandidaten, welche das 1999 Wahlsystem sehr kompliziert gemacht hatte, gibt es nun nicht mehr. Kandidatenlisten sollen von den Parteien in einem „demokratischen und offenen Verfahren“ aufgestellt werden. Für Abgeordnete des neu zu etablierenden Rates der Vertreter der Regionen (DPD) bestimmt das neue Wahlgesetz entsprechend den Vorgaben in der Verfassung, dass diese nicht über Parteilisten, sondern als Direktkandidaten gewählt werden. Wahlkreise sind für die DPR- wie für die DPD-Wahlen die Provinzen. Die Zahl der DPR-Sitze wird um 50 auf nun 550 erhöht. Im DPD wird jede Provinz mit vier Abgeordneten vertreten sein. Die relative Größe des Rates der Vertreter der Regionen ist in der Verfassung festgelegt: So darf die Zahl der Volksvertreter im DPD nicht mehr als ein Drittel der Zahl der DPR-Abgeordneten betragen. Die Gesamtzahl der DPD-Mitglieder ist noch unklar, da die Zahl der indonesischen Provinzen noch nicht letztendlich bestimmt ist. So wird etwa derzeit die Teilung der Provinz Papua in drei Provinzen forciert, was dem Sonderautonomiegesetz für Papua widerspricht und auf großen Protest stößt.
Das 2003er Wahlgesetz weist eine ganze Reihe von Verbesserungen gegenüber seinem Vorgänger auf:
So ist nicht mehr die Präsidentin verantwortlich für die Wahlen, sondern die Wahlkommission KPU. Oben erwähnte Änderungsvorschriften zu deren Zusammensetzung sind in das Wahlgesetz übernommen worden. Das KPU Sekretariat wird nicht länger als Regierungsinstitutionen mit expliziter partieller Rechenschaftspflicht gegenüber dem Innenministerium genannt; seine Mitglieder sind aber noch immer Beamte, und über sein Vorschlagsrecht für Kandidaten für die Sekretariatsleitung behält das Innenministerium einen gewissen Einfluss.
Als ein Schritt in die richtige Richtung ist zu begrüßen, dass das 2003er Wahlgesetz bestimmt, Parteien mögen bei der Kandidaten- und Kandidatinnenauswahl einen Frauenanteil von mindestens 30% berücksichtigen. Frauen sind auch im 1999er Parlament stark unterrepräsentiert; ihr Anteil liegt insgesamt bei 9%, wobei dieser unter den Fraktionen stark schwankt (zwischen Golkars 13% und PANs 3%). Zu einer verpflichtenden Frauenquote konnte sich das Männer dominierte Parlament hingegen nicht durchringen. (Gleichzeitig wurde den Parteien erlaubt, die Anzahl der Kandidaten und Kandidatinnen auf ihren Listen auf 120% statt bisher 100% der zur Verfügung stehenden Parlamentssitze zu erhöhen, wodurch die 30%-Quote für Frauen wieder relativiert wird; red)
Des Weiteren verhindert das neue Wahlgesetz eine Wiederholung der absurden Situation von 1999, dass in einer Zeit, wo Verfassungsänderungen ein großes Thema waren und auch in den zuständigen Unterorganisationen der MPR diskutiert wurden, die Verfassung in den Wahlkampagnen nicht problematisiert werden durfte. Das Verbot einer Infragestellung erstreckt sich laut neuem Gesetz auf die Staatsideologie Pancasila sowie auf die Präambel der Verfassung, in der diese festgelegt ist.
Dem Problem der oben genannten Stimmenungleichgewichtung trägt das neue Gesetz in einer Fußnote Rechnung: So wird in den Erläuterungen bestimmt, dass ein DPR-Sitz höchstens 425.000 und wenigstens 325.000 Einwohner repräsentieren soll, abhängig von der Bevölkerungsdichte; dabei dürfen jedoch nicht weniger Sitze je Provinz zugeteilt werden als in der 1999er Wahl.
Auch das neue Wahlgesetz enthält detaillierte Vorschriften, die von der Absicht künden, Wahlmanipulation im Zuge der Stimmabgabe und der Auszählung der Stimmen zu verhindern. In diesem Zusammenhang ist auch zu nennen, dass 2004 – wie 1999 – die Wahlen an einem arbeitsfreien Tag stattfinden sollen. Auch Anti-Korruptionsbestimmungen finden sich wieder auf dem Gesetzespapier.
Im Wahlgesetz von 1999 hatte unter den Strafbestimmungen ein Paragraph aus der Zeit der Neuen Ordnung überlebt, nämlich jener zur Pflichtvernachlässigung seitens von Personen, die mit der Wahldurchführung beauftragt waren. Dieser sah ein geringeres Strafmaß vor als andere Strafbestimmungen, bei denen es um absichtliche Wahlmanipulation ging. Einen solchen Gummiparagraphen zum Schutze derjenigen, die mit der Wahldurchführung beauftragt sind, gibt es im 2003er Gesetz nicht mehr, im Gegenteil: Das neue Gesetz sieht sogar ein um ein Drittel höheres Strafmaß vor, wenn mit der Wahldurchführung Beauftragte oder Wahlteilnehmer absichtlich jene im Gesetz aufgelisteten Straftaten begehen. (Eine Androhung von Strafe allgemein für all jene Personen, die durch Nachlässigkeit zur Verfälschung oder Verhinderung eines Wahlergebnisses beigetragen haben, ist auch im 2003er Gesetz vorgesehen.)
Das 2003er Wahlgesetz weist aber in verschiedenen Bereichen Kontinuität mit seinem Vorgängergesetz und der Suharto-Zeit auf: So sind darin noch immer die Beschränkungen des passiven Wahlrechts für frühere PKI-Mitglieder und Mitglieder anderer verbotener Organisationen enthalten. Allerdings findet sich hier, anders als im 1999er Gesetz, keine Strafandrohung mehr.
Loyalität zur Staatsideologie Pancasila ist nach wie vor noch Bedingung für eine Kandidatur. In der Suharto-Zeit wurden spezielle Screenings (Penelitian Khusus, kurz: Litsus) u.a. auch von Kandidaten für die Wahlen vorgenommen, in denen diese auf ihre Pancasila-Treue und ein sauberes, sprich: „PKI-freies“, Umfeld hin untersucht wurden. Das 1999er Wahlgesetz stellte fest, dass Institutionen für solche Screenings nicht mehr nötig seien. Es wurde in die Hände der Parteien gelegt, die Pancasila-Treue ihrer Kandidatinnen und Kandidaten festzustellen und entsprechende Empfehlungen auszusprechen. Das neue Wahlgesetz sieht nur noch vor, dass Kandidaten eine Treueerklärung abgeben, die im Falle der DPR- und DPRD-Kandidaten noch der Parteiführung der entsprechenden administrativen Ebene zur Kenntnis gebracht wird.
Auch Rückschritte gegenüber der 1999 Gesetzgebung sind in einigen Bereichen des Wahlgesetzes zu verzeichnen, u.a. dort wo nach dem Rücktritt Suhartos augenscheinlich Zugeständnisse unter dem Druck der Öffentlichkeit gemacht worden waren. Ein Beispiel ist die Wählerregistrierung: Der Praxis von Einschüchterung und Manipulation hierbei während der Suharto-Zeit war mit der Bestimmung begegnet worden, dass Wählerregistrierung im Regelfall aktiv durch die Wählerinnen und Wähler betrieben würde; Ausnahmen waren dabei u.a. für Krisengebiete vorgesehen. Im neuen Wahlgesetz heißt es nun hingegen wieder, die Registrierung würde durch die zuständigen Beamten vorgenommen, die dabei von Haustür zu Haustür ziehen, „und/oder kann auch aktiv vom Wähler betrieben werden“.
Ein anderes Beispiel ist die Zusammensetzung der Wahlaufsichtsinstitutionen auf den verschiedenen administrativen Ebenen: Waren diese unter Suharto aus Vertretern der Regierung, des Militärs und der drei Parteien zusammengesetzt gewesen, sah das 1999er Gesetz keine dieser drei Gruppen mehr als Mitglieder vor. Bestimmt war, dass die Wahlaufsichtskomitees auf nationaler, Provinz- und Distriktebene jeweils aus einem Richter sowie aus Vertretern höherer Bildungseinrichtungen (u.a. Studentinnen und Studenten) und der Öffentlichkeit bestehen sollten. Während der Wahl im nächsten Jahr werden keine Richter mehr Aufsicht führen, wohl aber Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Polizei. Neben diesen und Vertretern der anderen im 1999er Gesetz genannten Gruppen sind außerdem Pressevertreter als Komiteemitglieder vorgesehen.
Das 2003er Wahlgesetz ist noch restriktiver als sein Vorgänger, was die Zulassung von Parteien zur Wahl anbelangt: Und es geht in seinen Bestimmungen auch noch über jene des neuen Parteiengesetzes hinaus. Zur Wahl wird eine Partei nur zugelassen, wenn sie u.a. vollständige und permanente Niederlassungen in mindestens zwei Dritteln aller Provinzen und in zwei Dritteln der Distrikte bzw. Städte in diesen Provinzen hat. Auch die Hürde für die Teilnahme an der nächsten Wahl wurde erhöht: So können 2009 nur Parteien antreten, die mindestens drei Prozent der Sitze des nationalen Parlaments oder vier Prozent der Sitze in Provinz- oder Distriktparlamenten (verteilt über die Hälfte aller Provinzen bzw. Distrikte/ Städte) erlangt haben.
Auch wird im neuen Gesetz die oben genannte Hürde aus dem 1999er
Gesetz wiederholt und festgestellt, dass diejenigen Parteien, die diese
Hürde genommen haben, als Teilnehmer an den Wahlen im nächsten
April feststehen.
Das 1999er Gesetz zu Zusammensetzung und Status der Parlamente (Gesetz
Nr. 4/1999) ist ein sehr kurzes Dokument, in dem Vorschriften eher technischer
Natur breiten Raum einnehmen. Auch in der Verfassung waren zu jener Zeit
noch kaum Bestimmungen zu den Parlamenten vorgegeben; diese waren ganz
wesentlich in den Geschäftsordnungen der MPR, der DPR und der regionalen
Parlamente festgelegt.
Hier hat sich seit 1999 viel verändert. Zu begrüßen ist vor allem, dass in den letzten Jahren grundlegende Bestimmungen zu Zusammensetzung, Zuständigkeitsbereichen und Rechten von MPR, DPR und nun auch dem neu zu etablierenden DPD in die Verfassung aufgenommen wurden. So ist ein wesentlicher struktureller Mangel der Gewaltenteilung auf dem Papier beseitigt worden: Zuvor hatte der Präsident u.a. aufgrund seiner weiten Gesetzgebungskompetenz und der Bestimmung in der Verfassung, dass Details zu Struktur und Status von MPR und DPR in Gesetzen festgelegt werden, großen Einfluss auf die Zusammensetzung der MPR, dem er oder sie laut Verfassung rechenschaftspflichtig ist, sowie auf Struktur und Befugnisse der DPR, welche den verfassungsmäßigen Auftrag hat, den Präsidenten und seine Regierung zu kontrollieren.
Das Gesetz Nr. 4/1999 spiegelt aber dennoch eine Reihe politischer Kompromisse wider, die als – wenn auch oftmals nur sehr zögerliche – Schritte in die richtige Richtung gewertet werden können. So hatte sich die politische Elite 1999 noch nicht zu einer vollständigen Verbannung von Militär und Polizei aus den parlamentarischen Institutionen durchringen können; nach harten Verhandlungen einigte man sich schließlich nur darauf, dass Repräsentanten der Sicherheitskräfte 38 Sitze in DPR und MPR sowie 10% der Sitze in den regionalen Parlamenten erhalten würden.
Mit dem 1999er Gesetz zu Zusammensetzung und Status der Parlamente wurde ferner festgelegt, dass der Präsident nicht mehr – wie in der Suharto-Zeit – Mitglieder jener Institution ernennt, der er – wie es im indonesischen Grundgesetz auf deutsch heißt – „untergeordnet“ ist. Die Repräsentanten von gesellschaftlichen Gruppen in der MPR wurden 1999 von der Wahlkommission KPU ernannt.
Auch Bestimmungen zu Rechten des Parlaments finden sich in dem Gesetz. Diese sind jedoch nicht neu, sondern waren in ähnlicher Form bereits seit 1969 auf dem Papier festgelegt. Andere (gesetzliche) Bestimmungen hatten jedoch sehr effektiv dafür gesorgt, dass diese so gut wie nie benutzt wurden. Im Jahr 2000 wurden unter anderem das Recht des Parlaments auf Äußerung einer Meinung, das Recht auf parlamentarische Untersuchung (hak angket; wohl abgeleitet vom französischen enquête) und das Interpellationsrecht (hak interpelasi) in die Verfassung aufgenommen. Wie die neu gewählte und ernannte DPR dann extensiv von diesen Rechten Gebrauch gemacht hat, ist deutlich im langen Verfahren zur Absetzung von Präsident Wahid vorexerziert worden – auf Kosten der gesetzgeberischen Tätigkeiten des Parlaments.
Ferner hat das 1999er Gesetz die Autorität der DPR gegenüber der Regierung dadurch gestärkt, dass darin u.a. Staatsbeamte und Regierungsvertreter verpflichtet wurden, dem Parlament Rede und Antwort zu stehen; für Nichtbefolgung wurde Freiheitsentzug von bis zu einem Jahr angedroht.
Ein weiterer positiver Schritt war die Einführung von Redefreiheit
auf dem parlamentarischen Parkett durch die weitestgehende Abschaffung
des eingangs erwähnten recall-rights. Bestehen blieb dieses allerdings
für Repräsentanten des Militärs und der Polizei.
Im neuen Gesetz über Zusammensetzung und Status der Parlamente
gibt es für die Verfassungsorgane MPR, DPR und DPD nur sehr wenige
Bestimmungen, die über die seit neuestem in der Verfassung festgelegten
hinausgehen. Um also die anstehenden Änderungen im politischen System
Indonesiens verstehen zu können, müssen hier vor allem die relevanten
Verfassungsänderungen betrachtet werden. Diese finden sich dann –
teilweise sogar im gleichen Wortlaut – im Gesetz 22/2003 wieder.
Vor allem durch die dritte und die vierte Verfassungsänderung wurden wesentliche Staatsorgane umstrukturiert: Die höchste Institution bleibt die MPR, die sich nach den Wahlen 2004 jedoch aus der DPR und dem neu zu gründenden DPD zusammensetzen wird. Positiv ist, dass in der Verfassung nun festgeschrieben steht, dass die Mitglieder beider Organe gewählt sind. Damit wird es nach der Wahl keine ernannten Volksvertreter mehr geben, weder aus den Sicherheitskräften noch als Repräsentanten gesellschaftlicher Gruppen.
Die Aufgaben der MPR haben sich nach den beiden letzten Verfassungsänderungen,
die u.a. auch die Direktwahl von Präsident/in und Vize-Präsident/in
festschreiben, verändert. Laut Verfassung - und Gesetz Nr. 22/2003
- ist die MPR autorisiert
Wie schon erwähnt, haben in den Verfassungsänderungen
verschiedene Rechte der DPR nun Verfassungsrang erhalten. Des Weiteren
wurden Befugnisse und Zuständigkeiten der DPR in den letzten Jahren
ausgeweitet. Laut Verfassung – und so auch niedergelegt im Gesetz 22/2003
– umfassen Aufgaben und Befugnisse der DPR u.a. folgende Bereiche:
Das Gesetz Nr. 22/2003 spiegelt eine ganze Reihe positiver Verfassungsentwicklungen
wider: die Verbannung von Militär und Polizei aus den parlamentarischen
Organen, Abschaffung von ernannten Repräsentanten; Ausweitung der
Kompetenzen des Parlaments; Repräsentanz der Provinzen in einem eigenständigen
Verfassungsorgan. Darüber hinaus übernimmt das Gesetz eine Reihe
der positiven Bestimmungen seines Vorgängers u.a. zu Verboten von
Ämterhäufung und Korruption. Auch die Bestimmung zur Pflicht
von Staatsbeamten, Rede und Antwort zu stehen, hat, wenn auch in veränderter
Form, wieder Eingang gefunden.
Des Weiteren ist positiv zu bewerten, dass in Gesetz 22/2003 keine Verbotsbestimmungen mehr zu „Personen, die direkt oder indirekt in die Bewegung 30. September/PKI involviert waren“ vorhanden sind. Mit dem alten Gesetz zu Zusammensetzung und Status der Parlamente waren die im 1999er Wahlgesetz niedergelegten Bestimmungen hierzu noch verschärft worden, denn dort war noch eine Erläuterung zu dem Anti-Kommunismusparagraphen enthalten gewesen, welcher aus dem Jahre 1969 datierte. Zusammengenommen hatten die 1999er Vorschriften bedeutet, dass theoretisch sogar jenen das passive Wahlrecht mit einer Strafandrohung von fünf Jahren Freiheitsentzug bei Zuwiderhandlung vorenthalten war, die sich 1965/66 gegen die Massenmorde ausgesprochen hatten. Diese waren laut Gesetz Nr. 4/1999 nach wie vor als „indirekt involviert“ klassifiziert.
Das Gesetz Nr. 22/2003 enthält detaillierte Bestimmungen zu Einsetzung von Vorsitzenden der jeweiligen Organe, zu Eidesformeln, zu Verboten von u.a. Ämterdoppelung, Korruption und anderen Vergehen und natürlich zu den regionalen Parlamenten, die uns hier nicht weiter interessieren sollen.
Es findet sich zudem ein ganzes Kapitel zum Thema vorzeitige Mandatsaufgabe.
Hier ist es denn auch, wo sich die neuen Vorschriften zum recall-right
befinden. So bestimmt das Gesetz 22/2003 u.a., dass eine vorzeitige Mandatsaufgabe
durch Vorschlag der jeweiligen Partei erfolgen kann. Ein solcher Vorschlag
ist vom DPR-Vorsitzenden an den Präsidenten weiterzuleiten, damit
dieser dem Mandatsentzug Rechtsgültigkeit verleihen kann. In den Erläuterungen
wird nur auf den entsprechenden oben schon erwähnten Artikel im neuen
Parteiengesetz verwiesen. Dieser besagt im Detail, dass einem Abgeordneten
sein Mandat entzogen werden kann, wenn er a) aus der Partei austritt oder
Mitglied einer anderen Partei wird, b) aufgrund einer Verletzung der Statuten
oder der Geschäftsordnung seiner Partei von dieser ausgeschlossen
wird oder c) gesetzliche Regelungen verletzt, die begründen, dass
er sein Mandat verliert.
Die Verfassungsänderungen haben eine Reihe positiver Umstrukturierungen
des politischen Systems in Indonesien festgeschrieben. Die oben dargestellten
Rahmenbedingungen für die Akteure im System, für die Besetzung
der parlamentarischen Institutionen sowie für deren Struktur und Funktion
lassen jedoch Zweifel daran aufkommen, dass mit den Durchführungsbestimmungen
auf dem Weg hin zu einem Mehr an Demokratie und Gewaltenteilung substantiell
fortgefahren wird. Das parteipolitische Spektrum Indonesiens bleibt dem
Erbe der Suharto-Zeit verhaftet. Neue politische Strömungen haben
kaum eine Chance, parlamentarische Vertretung zu finden, ja kaum einmal
die Möglichkeit, sich dauerhaft als politische Partei zu organisieren.
Die Drei- bzw. Vier-Prozent-Hürde und die strikten Vorschriften nach
breitester regionaler Repräsentanz machen dies für Newcomer so
gut wie unmöglich. Einer Ausweitung des Meinungsspektrums im Parlament
durch Querdenker in etablierten Parteien wird mit der Wiedereinführung
des recall-rights ein Riegel vorgeschoben. Besonders wenn sich die Tendenz
von quasi Allparteienregierungen fortsetzt, kann das recall-right zu einem
Instrument werden, mit der die verfassungsmäßige Aufgabe des
Parlaments – die Kontrolle der Regierung – eingeschränkt und die verfassungsmäßigen
Rechte der DPR – das Interpellationsrecht, das Recht auf Meinungsäußerung
und auf parlamentarische Untersuchung – unterminiert werden können.
Auch in der neuen Gesetzgebung für die Wahlen im nächsten Jahr spiegelt sich – wenn auch weniger drastisch – die allgemeine Tendenz der letzten Zeit wider, sukzessiv Elemente des Suharto-Regimes – in angepasster Form – wiederzubeleben. Die Wiedereinführung des recall-rights ist nur ein Ausdruck davon, auf anderes wurde oben hingewiesen. Mit den engen Rahmenbedingungen, die die Wahlgesetzgebung setzt, steht keine dramatische Änderung der Zusammensetzung der politischen Elite zu erwarten. Und ohne veränderte Bedingungen im Land selbst oder im internationalen Umfeld, ist es unwahrscheinlich, dass der genannte Trend aufgehalten wird. <>
1 Ich werde in diesem Beitrag auf detaillierte Verweise
in den jeweiligen Gesetzen verzichten. Bei den 1999er Gesetzen handelt
es sich um das Parteiengesetz, Gesetz Nr. 2/1999, das Wahlgesetz, Gesetz
Nr. 3/1999, sowie um das Gesetz über Zusammensetzung und Status von
MPR, DPR und DPRDs, Gesetz Nr. 4/1999. Bei der neuen Gesetzgebung handelt
es sich um das Parteiengesetz, Gesetz Nr. 31/2002, das Gesetz zur Wahl
der Mitglieder von DPR, DPD und den DPRDs, Gesetz Nr. 12/2003 sowie um
das Gesetz über Zuammensetzung und Status von MPR, DPR, DPD und DPRDs,
Gesetz Nr. 22/2003. Die Gesetze sind zugänglich auf der Regierungshomepage
http://www.ri.go.id;
da das letztgenannte dort noch nicht verfügbar war, beziehe ich mich
auf die Fassung, wie sie auf der Homepage des Lembaga Informasi Nasional,
http://lin.go.id, zu finden ist. Auf Bestimmungen
zu den regionalen Parlamenten wird in diesem Beitrag nicht weiter eingegangen.
2 Zu einer detaillierten Analyse der 1999er Wahlgesetzgebung
vgl. meine Dissertation, welche unter dem Titel „Indonesian Reformasi as
Reflected in Law. Change and Continuity in Post-Suharto Era Legislation
on the Political System and Human Rights“ Anfang 2004 im LIT-Verlag erscheinen
wird.
3 Zu Details darüber vgl. meine Dissertation.
4 Die Ungleichgewichtung der Stimmen ist auf eine bestimmte
Vorschrift im Wahlgesetz zurückzuführen, die eine Mindestrepräsentanz
von Distrikten bzw. Städten vorschreibt. Darauf kann an dieser Stelle
nicht näher eingegangen werden.
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