Bei einer Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf wurde Indonesien unlängst als Mitglied für die Wahlperiode von 2007-2010 wiedergewählt und erhielt dabei den zweitgrößten Anteil der Stimmen. In Hinblick auf ihre Menschenrechtspolitik war das ein Moment des Erfolgs für die indonesische Regierung.
Indonesien hat internationale Anerkennung gewonnen aufgrund seiner Fähigkeit, den Wandel zu einer demokratischen Nation zu vollziehen, nachdem Suharto 32 Jahre lang mit eiserner Faust über das Land geherrscht hatte und 1998 gestürzt worden war.
Nach dem Jahr 1998 verabschiedete und ratifizierte Indonesien verschiedene internationale Abkommen. Dies spielte eine wichtige Rolle für die Tatsache, dass sich Indonesien ein gutes Image verschaffte und internationales Lob erntete. Hervorzuheben ist, dass Indonesien in den Jahren nach den Verfassungsänderungen auch den internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (International Covenant on Civil and Political Rights/ICCPR) sowie den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights/CESCR) verabschiedet hat.
Diese Initiativen setzen Indonesien auf die Liste derjenigen Staaten, die sich der Respektierung der Menschenrechte verpflichten, indem internationale Menschenrechtsnormen in nationalen politischen Systemen Eingang finden.
Dieser „Fortschritt“ steht jedoch in einem unmittelbaren Widerspruch zur Frage, in welchem Umfang der Schutz und die Respektierung der Menschenrechte nach wie vor auf nationaler Ebene verwirklicht werden. Belege für qualitative Mängel, auf die bereits das indonesische Menschenrechts-Ad-Hoc-Tribunal für Osttimor hingewiesen hatte, wurden auch von der UN-Expertenkommission bestätigt, deren Bericht im Jahr 2005 vom früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan in Auftrag gegeben worden war.
Anstatt die Qualität des Rechtssystems zu verbessern, wählte Indonesien den Weg bilateraler Initiativen mit Ost-Timor, indem die Wahrheits- und Freundschaftskommission (Commission of Truth and Friendship/CTF) ins Leben gerufen wurde. In den Augen internationaler Menschenrechtsorganisationen wurden bei der Wahrheits- und Freundschaftskommission internationale Menschenrechtsstandards aufs Spiel gesetzt, insbesondere weil Indonesien als Mitglied des UN-Menschenrechtsrates internationale Mechanismen zur Durchsetzung von Menschenrechten unterstützt.
Durch das fehlende Engagement scheinen auch verschiedene Verfahren in Fällen von Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land ins Stocken zu geraten. Zur langen Liste ungelöster Fälle gehören das Menschenrechts-Ad-Hoc-Tribunal zu Tanjung Priok, das Abepura-Menschenrechtsgericht, die Fälle Trisakti und Semanggi, das Menschenrechtsermittlungsteam zu verschwundenen Personen, die Vernachlässigung des Falles Talangsari und die Menschenrechtsverletzungen des Jahres 1965.
In ihrer politischen Ausrichtung scheint sich die Regierung von der Menschenrechtsagenda, zuvor noch Gegenstand offener Debatten, stillschweigend verabschiedet zu haben. Seit der Aufhebung des Gesetzes Nr. 27/2004 zur Errichtung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission durch das Verfassungsgericht im Jahr 2006 gibt es keine erkennbaren Hinweise auf Reaktionen seitens der Regierung.
Es ist offenkundig, dass die Außerkraftsetzung dieses Gesetzes bei den Opfern früherer Menschenrechtsverletzungen größte Beunruhigung auslösen wird. Es stellt auch eine frühere Selbstverpflichtung, eine Wahrheits- und Versöhnungskommission für Aceh und Papua einzurichten, in Frage.
Das schlimmstmögliche Ergebnis ist, dass die Aussichten auf den Erfolg der institutionellen Reform des politischen und militärischen Systems – welches die Würde so vieler Opfer gefordert und Spaltungen in der Gesellschaft verursacht hat – immer weniger versprechen.
Obwohl Indonesien zu den Unterzeichnern internationaler Menschenrechtsabkommen gehört, ist der Wille der Regierung, diese Abkommen auch umzusetzen, immer noch sehr fraglich.
Der Schutz der Menschenrechte heißt nicht lediglich die Verabschiedung von Abkommen, sondern beinhaltet vor allen Dingen die Entschlossenheit, diese auch zu implementieren. Das Engagement der Regierung zur Umsetzung des Internationalen Pakts für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist nach wie vor zweifelhaft. Was hat die Regierung zum Beispiel getan, um die Menschen und die Gemeinden, deren Leben durch die Katastrophe von Sidoarjo zerstört wurden, zu unterstützen?
Verfolgt die Regierung darüber hinaus irgendein bestimmtes Konzept, um ihren Bürgern soziale Rechte zu gewähren? Die Umsetzung des Internationalen Pakts für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hängt in hohem Maße davon ab, dass der Staat einen Prozess aktiven Handelns einleitet.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Wiederwahl Indonesiens in den UN-Menschenrechtsrat nicht automatisch bedeutet, dass Indonesien eine Erfolgsgeschichte darstellt. Sie sollte als Chance wahrgenommen werden, erneut die Frage zu stellen, wie die Regierung mit Menschenrechtsverletzungen auf nationaler Ebene umgeht.
Bei den Menschenrechten geht es weder um die internationale Anerkennung,
die Indonesien durch die Unterzeichnung von internationalen Abkommen erhält,
noch sind sie ein Mittel, um eine wichtige Position auf internationaler
Ebene zu gewinnen. Es geht darum, alles zu unternehmen, was möglich
ist, um die Werte der Menschenrechte in unserem täglichen sozialen
und politischen Handeln als Nation zu verwirklichen und jene Aufgabe zu
Ende zu bringen, die von der Erblast der Menschenrechtsverletzungen aus
der Zeit autoritärer Herrschaft hinterlassen wurde. <>
Die Autorin ist Mitarbeiterin am Institute for Policy Research and Advocacy (ELSAM) in Jakarta. Sie absolviert derzeit ihren Master in Sozialpolitik und Entwicklung an der London School of Economics and Political Science (LSE) in London.
Der Artikel erschien im Original in der Jakarta Post vom 31.05.2007.
Übersetzung aus dem Englischen von Samia Dinkelaker
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