In vielen Ländern ist Gentechnik in der Landwirtschaft bereits
weit verbreitet und die Genpollen sind unwiederbringlich mit Pflanzen in
der Natur ausgekreuzt. Die bekanntesten Beispiele sind die USA, Kanada
und Brasilien. In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern versuchen
Agrarkonzerne wie Monsanto, Cargill oder Bayer Crop Sciences die wenig
informierten Bauern für den Kauf von gentechnisch verändertem
Saatgut zu gewinnen. Doch oft tritt über solche Fälle, wenn sie
fernab der Zentren der westlichen Welt geschehen, nur wenig an die Öffentlichkeit.
Wie sieht diese Situation im weltgrößten Inselstaat Indonesien
aus?
Aussaat ohne Kontrolle
Wie in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern konnten Agrarkonzerne auch in Indonesien einige Bauern überzeugen, gentechnisches Saatgut auszusäen. (Inwieweit die Überzeugungsmethoden dazu fragwürdig sind, sei an dieser Stelle dahingestellt.) So werden seit 2001 im Süden von Sulawesi Felder mit sogenannter BT-Baumwolle bestellt, das Saatgut stammt von der Monsanto-Tochterfirma PT Monagro Kimia. Die PT Monagro Kimia wurde 1997 gegründet; 1998 verteilte PT Monagro Kimia erstmals gentechnisches Saatgut an Bauern – und fand zunächst rasche Verbreitung: Bereits im Jahr 2000 wuchsen in Südsulawesi 5.000 Hektar gentechnisch veränderte BT-Baumwolle. Allerdings ließ die versprochene Produktivität der Erträge von Jahr zu Jahr nach, sodass der Anbau zunehmend unwirtschaftlicher wurde. Zudem wurden die Pflanzen mehr und mehr von den „Schädlings“-Insekten Helicoverpa armigera und Spodoptera befallen, wodurch die Ernteeinbußen noch zusätzlich verstärkt wurden. Enttäuscht wandten sich die meisten Bauern wieder von der BT-Baumwolle ab, fünf Bauern brannten ihre Plantagen sogar ab. 2003 gab PT Monagro Kimia bekannt, den Vertrieb des gentechnischen Saatguts einzustellen.
Wie es allerdings weitergeht mit all jenen Gen-Baumwoll-Plantagen, die
nicht abgebrannt wurden, rückt aus dem Blickwinkel des öffentlichen
Interesses. Ob Pollen aus den verwildernden Gen-Plantagen in die Nähe
anderer Baumwollplantagen rücken und eine Auskreuzungs-Gefahr besteht,
ob eine Beeinträchtigung des Ökosystems oder der Gesundheit von
Tieren oder gar Menschen im Umkreis der Plantagen besteht, sind allesamt
ungeklärte Fragen. Ebenso wenig ist darüber bekannt, wie die
Bauern nach den Missernten ihre Betriebe fortsetzen können.
Gegenangriff gegen Gen-Industrie
Fakt ist, dass die Bauern rechtlichen Anspruch auf Schadensersatz von Monsanto hätten, ihn selbst jedoch nicht einklagen könnten. Dafür haben sich 2001 sechs Nichtregierungsorganisationen (NGOs) unter der Regie von Konphalindo und PAN (Pesticide Action Network) zusammengetan, um gegen PT Monagro Kimia vor Gericht zu gehen. Sie gründeten die „Coalition for Biosafety and Food-Safety in Indonesia“ und werden dabei von mittlerweile 72 Organisationen unterstützt. Bei dem seit sechs Jahren laufenden Gerichtsverfahren brachten die NGOs unter anderem auch Beweise für Korruptionsfälle vor, in die PT Monagro Kimia verwickelt ist.
Nach indonesischer Gesetzeslage muss vor der kommerziellen Aussaat ein unabhängiges Gutachten erstellt werden, das die Unbedenklichkeit der GMOs (genetically modified organism, gentechnisch veränderter Organismus) überprüft und bestätigt. Nach Angaben führender indonesischer Zeitungen, z.B. Sinar Harapan vom 11. Januar 2005 und Tempo Interaktif vom 12. Januar 2005 soll PT Monagro Kimia den indonesischen Landwirtschaftsminister Bungaran Saragih dahingehend bestochen haben, dass der Vertrieb des Saatguts auch bereits ohne das fertige Gutachten beginnen konnte. Nach bislang unbestätigten Zeitungsberichten sollen einige Universitäten, die das Gutachten für Monsanto erstellen sollten, ebenfalls in den Korruptionsfall verstrickt gewesen sein. Nach aktuellen Informationen der Bauernorganisation FSPI vom März 2007 dauert das Gerichtsverfahren immer noch an.
Währenddessen geht die gefährliche Aussaat weiter: In Ostjava
hat PT Monagro Kimia mit der Verteilung von Saatgut für sogenannten
Roundup-Mais begonnen. Die Ernten sind jedoch wie bei der BT-Baumwolle
in Südsulawesi ebenfalls mangelhaft, so dass die Zukunft dieser Bewirtschaftung
ungewiss ist. Vorerst scheinen die Agrarkonzerne mit der Verbreitung der
Gentechnik in Indonesien mehr Rückschläge hinnehmen als Erfolge
verbuchen zu können. Allerdings sind nach wie vor gute „Bedingungen“
gegeben für die Verbreitung von gentechnisch verändertem Saatgut
ohne Erforschung der möglichen Folgen: Das Gros der Bauern ist über
Hintergründe und mögliche Folgen von Gen-Aussaat gänzlich
in Unkenntnis, Korruption tut ein übriges.
Gen-Drift im Welthandel
Spielt auch der Anbau von Genpflanzen in Indonesien eine noch eher untergeordnete Rolle, so ist der Konsum von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln bereits unkontrolliert verbreitet, da eine Kennzeichnungspflicht, die von der Regierung zwar durch die Verordnungen PP No. 69 seit 1999 und PP No. 28 seit 2004 vorgeschrieben ist, nicht umgesetzt wird. So fehlen zum Beispiel besondere Schilder oder Aufkleber, um Warenladungen mit gentechnisch veränderten Agrarerzeugnissen, in erster Linie Sojabohnen aus den USA und aus Argentinien, bei der Landung in den Häfen zu kennzeichnen.
Da Sojaprodukte Tahu (Tofu) und Tempe (Snack aus fermentierten Sojabohnen)
weit verbreitete und kulturell bedeutsame Nahrungsmittel in Indonesien
darstellen, ist die Frage nach der Herkunft des Sojas in Indonesien besonders
wichtig. Die Kennzeichnungspflicht tatsächlich umzusetzen, bedürfte
des Drucks über Öffentlichkeitsarbeit von international vernetzten
Umweltorganisationen ebenso wie der Proteste von einer breiten sozialen
Bewegung in Indonesien – die es bislang nur in Ansätzen gibt.
* Der Artikel entstand im Rahmen eines Praktikums,
das Mandus Craiss und Yunas Yan Afrika bei Watch Indonesia! im März
absolvierten.
Nachtrag von Watch Indonesia!: Ein Gesetz zu Absicherung der Finanzierung
neuer Projekte mit genetisch veränderten Pflanzen ist derzeit in Vorbereitung.
Mit der Einführung von Genpflanzen wolle Indonesien seine Abhängigkeit
von Nahrungsmittelimporten verringern, so die Regierung. Vermutlich wird
die Palmölbranche den ersten Schritt tun. Forschungsvorhaben mit Gen-Ölpalmen
waren
erfolgreich, und die ersten Setzlinge sind bald auf dem Markt. <>
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