Chega! (Genug!) lautet der Titel des Abschlussberichts der osttimoresischen Empfangs-, Wahrheits- und Versöhnungskommission (CAVR), der die zahlreichen zwischen 1974 und 1999 in Osttimor begangenen Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Die Fakten erhielt die Kommission, indem sie tausende Zeugenaussagen von Opfer aufnahm. Neben Fakten über Menschenrechtsverletzungen enthält der Chega!-Bericht, der über 2.500 Seiten umfasst, auch Empfehlungen an die Regierungen von Osttimor und Indonesien, an die Vereinten Nationen und die internationale Staatengemeinschaft, damit sie Gerechtigkeit für die Opfer herstellen und zukünftige Menschenrechtsverletzungen verhindert werden.
Der Prozess zur Einrichtung einer Wahrheitskommission wurde durch die Verordnung 10/2001 der UN-Übergangsverwaltung eingeleitet, unterzeichnet vom UNTAET Leiter, dem verstorbenen Sergio Vieira de Melo. Die Legitimation des Mandats wurde noch verstärkt durch seine Aufnahme in Absatz 162 der Verfassung der Demokratischen Republik Timor Leste. Die Kommission übte ihr Mandat für ungefähr vier Jahre aus. Der Chega!-Bericht wurde dem Präsidenten von Osttimor am 31. Oktober 2005 übergeben, das Parlament erhielt ihn Ende 2005. Im Januar 2006 wurde er an den damaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, übergeben. Chega! gehört nicht nur der Bevölkerung von Osttimor, sondern auch den Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft. Die UN befasste sich mit Osttimor als portugiesische Kolonie seit 1960 und mit der indonesischen Besatzung bis 1999. Finanzielle Unterstützung für die Ausübung des Mandats von CAVR kam von Staaten, die es als wichtig erachteten, dass den Menschen, die zwischen 1974 und 1999 Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden waren, Gerechtigkeit widerfährt. Die Gewalt in dieser Zeit widersprach aufs Heftigste den Prinzipien der universellen Menschenrechte, denen sich die Staatengemeinschaft verpflichtet hat.
Der Chega!-Bericht ist die vergessene Stimme der Bevölkerung von Osttimor. Chega! gibt denjenigen Menschen eine Stimme, für die die weltweite Menschenrechtsbewegung über 30 Jahre gekämpft hat. Doch bis heute wird diese Stimme in der Welt nicht beachtet. Chega! hat nicht die nötige und ernsthafte Aufmerksamkeit der zuständigen Akteure in der Regierung von Osttimor, den Vereinten Nationen und der internationalen Staatengemeinschaft erhalten. Seitdem der Bericht Ende 2005 an den Präsidenten von Osttimor übergeben wurde, ist er kein einziges Mal diskutiert worden. Auch das Parlament von Osttimor hat weder in der ersten noch in der zweiten Legislaturperiode den Bericht beachtet, gar debattiert.
Das Schicksal das Chega!-Berichts bleibt also ungewiss. Wenn er schon
nicht von den entsprechenden Stellen debattiert wird, wie sieht es dann
erst mit der Umsetzung seiner Empfehlungen aus? Wenn dem so bleibt, dann
ist der Bericht nur Augenwischerei und die Stimmlosen bleiben weiterhin
ohne Stimme. Mit ihrer ignoranten Einstellung legitimieren Parlament und
Regierung von Osttimor weiterhin die Menschenrechtsverletzungen, die zwischen
1974 und 1999 in Osttimor begangen wurden.
Eurico Guterres
2002
vom Ad hoc-Gericht zu 10 Jahren verurteilt
Eurico Guterres erklärt nach seiner Haftentlassung, sich als Mitglied von PAN (Partai Amanat Nasional) wieder aktiv in die Politik einbringen zu wollen. In Kürze wolle er sich mit dem Ministerpräsidenten Osttimors, Xanana Gusmão zu einem versöhnlichen Gespräch treffen. April 2008 es gibt keine Schuldigen für die 1999 in Osttimor begangenen Gräueltaten. |
Damit sind sie in guter Gesellschaft: Der Oberste Gerichtshof Indonesiens sprach am 4. April 2008 den ehemaligen Anführer der Miliz „Pasukan Pejuang Integrasi“ frei, der vom Ad hoc-Menschenrechtsgerichtshof in Jakarta wegen der Begehung schwerer Menschenrechtsverletzungen im Jahr 1999 zu 10 Jahren Haft verurteilt worden war. Der Freispruch für Eurico Guterres weckt den Anschein, dass es keine Menschenrechtsverbrecher in Osttimor gibt. Auch schließt er die Tür für die Umsetzungen der Empfehlungen des Chega!-Berichtes und die Bestrafung der verantwortlichen Generäle in Jakarta, auf die die Opfer in Osttimor schon seit langem warten. Der Freispruch und die Tatsache, dass Eurico Guterres bei den Militärs ein und aus geht, zeigen, dass die Regierung von Osttimor, die Vereinten Nationen und die internationale Staatengemeinschaft darin versagt haben, die schweren Menschenrechtsverletzungen in Osttimor zu ahnden.
Deshalb ist es an der Zeit für die Regierung, die Vereinten Nationen
und die internationale Gemeinschaft, ihren Beitrag zum Kampf um Gerechtigkeit
noch einmal zu reflektieren mit dem Ziel, effektive Schritte einzuleiten,
um den Opfern der zwischen 1974 und 1999 in Osttimor begangenen Menschenrechtsverletzungen
Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Zudem muss das osttimoresische Parlament
die Initiative ergreifen und den Chega!-Bericht debattieren, um den Vereinten
Nationen und der internationalen Gemeinschaft die Möglichkeit zu eröffnen,
den Prozess des Kampfes für die von den Opfern lang ersehnte Gerechtigkeit
zu unterstützen. <>
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