Suara Nr. 2/2008 (ArbeiterInnen)

 

 

Domestic Work is Work!

Migrierte Hausarbeiterinnen haben auch Rechte

 

von Samia Dinkelaker


Die überwältigende Mehrheit der indonesischen Migranten sind Frauen. Laut Human Rights Watch beträgt ihr Anteil an der indonesischen Emigration über 70%. Somit ist Migration zunehmend „feminisiert“. Charakteristisch ist, dass Frauen oftmals allein migrieren. Dabei steigt die so genannte illegale Migration unter Frauen aufgrund restriktiver Migrationspolitiken der Empfängerländer. Die meisten Migrantinnen verlassen ihre Heimat, um als Hausarbeiterinnen tätig zu werden, andere, um in der Gastronomie oder um als Sex-Arbeiterinnen ihr Geld zu verdienen. Jedes Jahr machen sich etwa 300.000 Indonesierinnen auf den Weg, die meisten, über 90%, um in der „Unsichtbarkeit“, nämlich in Haushalten reicherer Länder wie Saudi-Arabien, Malaysia, Hong Kong oder Singapur zu arbeiten und damit dort den Lebensstil etlicher Familien zu ermöglichen. Es rührt möglicherweise von der Unsichtbarkeit der Migrantinnen in Haushalten, dass ihre Rechte selten anerkannt werden, weder von der indonesischen Regierung noch von den Empfängerländern. In Deutschland arbeiten nur wenige Indonesierinnen, doch auch hier ist die Möglichkeit zur Ausbeutung strukturell gegeben.
 

Migrantinnen in Deutschland

Im Januar 2008 ging die Geschichte von Hasniati* aus Flores durch die deutsche und die indonesische Presse. Hasniati arbeitete und wohnte fünf Jahre lang bei einem jemenitischen Diplomaten unter ausbeuterischen Bedingungen. Die Presse sprach von sklavenähnlichen Verhältnissen. Hasniati kam wie alle Indonesierinnen, die auf legalem Wege zum Arbeiten ins Ausland gehen, über eine Rekrutierungsagentur zu ihrer Arbeit für den jemenitischen Diplomaten, der sie erst in Kairo, dann in Deutschland beschäftigte. Weil sie durch die Vermittlung Schulden bei der Rekrutierungsagentur hatte, konnte Hasniati ihren Arbeitgeber nicht verlassen. Nach dem indonesischen Gesetz über den Einsatz und den Schutz von ArbeitsmigrantInnen im Ausland müssen indonesische MigrantInnen eine Rekrutierungsagentur nutzen, um im Ausland arbeiten zu können.

In Deutschland ist die Arbeit als Hausangestellte bei Diplomaten eine der letzten legalen Möglichkeiten zum dauerhaften Aufenthalt in Deutschland. Hasniatis Erfahrungen, die ständige Kontrolle durch ihren Arbeitgeber, die Misshandlungen und die Essensrationierungen, sind dabei Ausdruck struktureller Möglichkeiten der Menschenrechtsverletzung von Diplomaten an Hausarbeiterinnen in Deutschland: Hasniatis Aufenthaltsgenehmigung war an ihren Arbeitgeber gebunden. Dieser genießt als Diplomat Immunität und kann wegen Straftaten nicht belangt werden. Hasniati entkam ihrem Arbeitgeber, weil sie mit Tuberkulose in ein Berliner Krankenhaus eingeliefert wurde, welches sich an die Organisation Ban Ying wandte, eine Anlaufstelle für südostasiatische Migrantinnen in Berlin. Die Mitarbeiterinnen von Ban Ying haben Hasniati geholfen, ihr eine Zufluchtswohnung gestellt und psychologische Unterstützung geleistet. Die Berliner Härtefallkommission im Abgeordnetenhaus entschied, dass sie zunächst aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsgenehmigung erhält. Die 30-Jährige hat mittlerweile eine Arbeit gefunden. Wäre ihr in Deutschland das Bleiberecht verwehrt worden, und hätte sie zurück nach Indonesien reisen müssen, hätte das unter Umständen weitere Ausbeutung bei ihrer Ankunft nach sich gezogen: Zurückkehrende MigrantInnen mussten bis vor kurzem über das Terminal 3 des Soekarno Hatta International Airports in Jakarta einreisen, wo ihnen von sowohl privaten Agenturen als auch von der Regierung illegale Gebühren und hohe Wechselraten abverlangt werden. Zurückkehrende Migrantinnen mussten dort mehrfach für ihr Übergepäck oder horrende Preise für Sicherheitsdienste bezahlen.

Hasniatis Arbeitgeber, ein Mitarbeiter des jemenitischen Botschafters, kann aufgrund seiner Immunität als Diplomat auf rechtlichem Weg nicht zur Rechenschaft gezogen werden, jedoch wurde erreicht, dass Hasniati den ausstehenden Mindestlohn von 750 Euro im Monat für die Zeit von zweieinhalb Jahren, während der der Diplomat Hasniati für sich arbeiten ließ, ausgezahlt wurde.

Andere indonesische Migrantinnen in Deutschland haben hier geheiratet, arbeiten als Au-Pair oder studieren an einer deutschen Universität. Ein wirksamer Schutz der Rechte von Migrantinnen wird dabei weder von deutscher, noch von indonesischer Seite gewährleistet. Heiratsmigrantinnen drohe durch das Aufenthaltsgesetz „staatlich geförderte Gewalt“, so Nivedita Prasad von Ban Ying. Sie sind extrem abhängig von ihrem Ehemann. Ihre Aufenthaltserlaubnis wird im Fall einer Trennung nur dann verlängert, wenn sie mindestens zwei Jahre lang mit dem Ehemann zusammen gelebt haben. Menschenrechtsorganisationen werfen der indonesischen Regierung vor, Migrantinnen im Ausland kaum Schutz zu gewähren. Dass die indonesische Botschaft der heimischen Presse Hasniatis wirklichen Namen verraten hat, ist ein Zeichen des unbedachten Umgangs mit Migrantinnen im Ausland.

Feminisierte Migration aus Indonesien

Deutschland ist jedoch kein häufig anvisiertes Zielland indonesischer Migrantinnen. Nach wie vor leben und arbeiten die meisten Indonesierinnen in den reicheren Ländern Ostasiens sowie im Nahen Osten, der Großteil von ihnen als Hausangestellte – mit steigender Tendenz. Saudi-Arabien ist nach wie vor das am häufigsten aufgesuchte Zielland, gefolgt von Malaysia, Kuwait, den ostasiatischen Staaten und Singapur.

Hausarbeiterinnen machen laut der Jakarta Post 70% der auf etwa vier Millionen geschätzten ArbeitsmigrantInnen im Ausland aus. Dementsprechend machen die (Rück-)überweisungen der Hausarbeiterinnen an ihre Familien in Indonesien einen hohen Teil der Gelder aus, die von den ArbeitsmigrantInnen insgesamt nach Indonesien geschickt werden. Diese wurden im Jahr 2006 auf rund 3,4 Milliarden US-Dollar geschätzt./The Jakarta Post 24.3.2008/. Für die Ökonomien der Entsendeländer sind die Überweisungen von MigrantInnen enorm wichtig. Im Fall von Indonesien machen diese laut der Weltbank 2% des Gesamt-BIP aus. Diese Zahl enthält nicht die Dunkelziffer, da informelle Kanäle des Geldtransfers nicht quantifizierbar sind.

Der Bedeutung von indonesischen Migrantinnen für indonesische Familien, die sich in den seltensten Fällen auf Sozialleistungen verlassen können, steht die geringe Anerkennung ihrer Leistungen durch die indonesische Regierung entgegen. Die Arbeitsbedingungen und die Migrationspolitik der Empfängerländer verletzen oftmals die fundamentalen Rechte der Migrantinnen. Eine Eingabe der NGOs Infid und Migrant Care an den Menschenrechtsrat vom Februar dieses Jahres identifiziert Todesfälle, Gewalt, illegalen Menschenhandel, Deportationen und Rechtlosigkeit als die Probleme, mit denen MigrantInnen im Jahr 2007 konfrontiert waren.

Die indonesische Regierung unterstützt, dass Hausarbeiterinnen von Rekrutierungsagenturen als Waren und nicht als Menschen gehandelt werden. Die Vermittlung von Hausarbeiterinnen trägt so Züge einer modernen Form des Sklavenhandels. Von den Frauen werden nicht nur extrem hohe Vermittlungsgebühren verlangt – in Hong Kong betragen diese 81% der anfänglichen sieben Monatsgehälter /World Bank 2006/ – sondern sie werden auch sehr schlecht auf ihren angehenden Aufenthalt vorbereitet.

Ein Großteil der Migrantinnen macht sich inoffiziell auf den Weg, d.h. ohne Papiere und ohne sich bei einer Rekrutierungsagentur gemeldet zu haben. Während die Migrantinnen weniger Kosten zu tragen haben, wenn sie sich ohne Rekrutierungsagentur und Papiere auf den Weg machen, sind sie in den Empfängerländern mit dem harschen Umgang mit undokumentierter Migration konfrontiert. In Malaysia zum Beispiel wurden nach einer Razzia in privaten Haushalten etliche Migrantinnen abgeschoben. Ebenso sind die unmenschlichen Verhältnisse in malaysischen Abschiebelagern und Gefängnissen bekannt.

Migrationspolitik in den Entsende- und Empfängerstaaten

Als im Jahr 2004 der Fall von Nirmala Bonat bekannt wurde, wurden indonesische Arbeitsmigrantinnen aus der „Unsichtbarkeit“ insbesondere saudischer und malaysischer Haushalte in die indonesische Öffentlichkeit katapultiert. Nirmala wurde von ihrer malaysischen Arbeitgeberin mit dem Bügeleisen misshandelt, nachdem ihr eine Tasse kaputt gegangen war. Über das Schicksal der jungen Frau aus Flores wurde ausgiebig berichtet, und die damalige Präsidentin Megawati Sukarnoputri sah sich auf den Plan gerufen. Sie machte aus dem Fall ein nationales Thema und lud als Zeichen der Anerkennung Nirmala Bonats Eltern in den Präsidentenpalast nach Jakarta ein, um deren aus Malaysia ausgeflogene Tochter dort in Empfang zu nehmen.

Leider ließ es sich die Präsidentin, die während ihrer gesamten Amtszeit kaum eine einzige Pressekonferenz gab, zur Steigerung der eigenen Publicity nicht nehmen, ausgerechnet die Eltern von Nirmala Bonat zu einem gemeinsamen Termin vor die Fernsehkameras zu zerren. Die Hilflosigkeit mit der die beiden einfachen, nur um das Schicksal ihrer Tochter besorgten, vor der Kamera agierten, konnte bei den Zuschauern nur noch mehr Mitleid erzeugen.

Das Aktivwerden der Regierung und das fast übergroße Medienecho auf den Fall Nirmala Bonat kamen sicher nicht ganz von Ungefähr. Denn längst war die Regierung in die Kritik von Menschenrechtsorganisationen, Medien und Öffentlichkeit geraten. Während sich die Regierung des Nachbarlandes Philippinen nach langer Zeit des Wegschauens etwa ein Jahr zuvor unter großer Anteilnahme der Weltöffentlichkeit um das Schicksal der in Saudi-Arabien zum Tode verurteilten Hausangestellten Sarah Jane Dematera annahm, hatten indonesische Behörden auf die Nachricht von fast 100 bei Stürzen aus Hochhäusern in Singapur zu Tode gekommenen Indonesierinnen mit völliger Hilflosigkeit reagiert: es wurde angeordnet, dass künftige Hausangestellte vor der Ausreise nach Singapur Kurse im Wäscheaufhängen vor Hochhausfenstern belegen und rudimentäre Sprachkenntnisse nachweisen müssten. (vgl. Watch Indonesia! - Information und Analyse, 20.02.2004; http://www.watchindonesia.org/Info+Analyse-20.2.2004.htm)

Mittlerweile wird von den Migrantinnnen, die einen Großteil der Devisen in Indonesien erwirtschaften, als Heldinnen gesprochen, jedoch folgen als Konsequenz dieser rhetorischen Anerkennung nicht mehr Schutz und Engagement für die „globalen Nannies“.

In den ostasiatischen Empfängerländern ermöglichen indonesische Hausangestellte einen modernen, westlichen Lebensstil der Mittelstandsfrauen: Diese sind durch die Anstellung einer (billigen) Hausarbeiterin entlastet und können selbst einer besser bezahlten Arbeit oder Freizeitaktivitäten nachgehen. Hausarbeit ist in den Empfängerländern nach wie vor den Frauen zugewiesen und wird gegenüber der bezahlten Lohnarbeit abgewertet. Mit der Veränderung von Frauenidealen, dem Eintritt von Mittelstandsfrauen in den Arbeitsmarkt und fehlender staatlichen Organisation der sozialen Fürsorge für Pflege- und Erziehungsarbeit steigt die Nachfrage nach Hausarbeiterinnen.

Dabei verdienen Hausarbeiterinnen oft nicht angemessen und erhalten ihren Lohn manchmal gar nicht. In Singapur etwa verdienen Human Rights Watch zufolge ausländische Hausarbeiterinnen nur halb so viel wie singapurische ArbeiterInnen in ähnlichen Beschäftigungen wie zum Beispiel im Reinigungsgewerbe. Die Fälle von Nirmala Bonat und Hasniati sind Extremfälle und stellen, neben den von Infid und Migrant Care berichteten Fällen von Gewalt, Mord und Suizid, nur die Spitze des Eisbergs von fehlenden Schutzrechten dar. Ihr Beitrag zu einer „globalen Ökonomie der Versorgung“ von Kindern, Familien und pflegebedürftigen Menschen wird fast nirgendwo angemessen anerkannt. Sie gelten nicht als Arbeiterinnen, sondern in vielen Ländern als „Haushaltshilfen“. Gleichzeitig geht die Abwertung „häuslicher Arbeit“ oftmals einher mit Rassismus und Stereotypen, die Hierarchien zwischen Arbeitgebern und den Arbeiterinnen herstellen. Dabei werden auch Unterschiede zwischen Migrantinnen unterschiedlicher Herkunft geschaffen. In taiwanesischen Haushalten gelten, wie eine Studie von Anne Loveband zeigt, zum Beispiel philippinische Hausarbeiterinnen als „gerissener“ und gleichzeitig „gebildeter“, während indonesischen Arbeiterinnen als „arbeitswilliger“ und „loyaler“ gelten.

Im Hinblick auf die Rechte von Hausarbeiterinnen gilt Hong Kong als vergleichsweise fortschrittlich, da es dort formal besondere Regelungen zum Schutz von Migrantinnen gibt. In der Praxis werden diese jedoch nicht ausreichend umgesetzt. In Malaysia ist der Aufenthalt von Migrantinnen hingegen an ihren Arbeitsplatz gebunden. Migrantinnen, die unangemessen oder gar nicht bezahlten werden oder gar körperlicher Gewalt ausgesetzt sind und deshalb ihren Arbeitsplatz wechseln wollen, droht die Illegalität und unter Umständen Deportation. Engagierte NGOs wie Tenaganita in Malaysia leisten den Migrantinnen rechtliche Unterstützung. Malaysia ist bekannt für eine restriktive Einwanderungspolitik, gleichzeitig jedoch auf die niedrigen Lohnkosten für ArbeitsmigrantInnen angewiesen. Weil illegalisierte MigrantInnen besonders billige Arbeitskräfte darstellen, sprechen MigrationsforscherInnen heute von einer „Ökonomie der Illegalität“ und weisen darauf hin, dass restriktive Migrationspolitik und wirtschaftliche Interessen sich häufig nur auf den ersten Blick widersprechen.

Offiziell erkennen die Regierungen Indonesiens und Malaysias die Rolle indonesischer ArbeitsmigrantInnen für die Ökonomien beider Länder zwar an. Im Jahr 2006 unterzeichneten die Regierungen ein „Memorandum of Understanding“, das einen ersten Schritt in Richtung Schutz von ArbeitsmigrantInnen darstellt. Jedoch bleiben darin viele Fragen, die die Rechte der Hausarbeiterinnen betreffen, unbefriedigend beantwortet. Sicher nicht zufällig, denn Malaysia ist einer der wenigen Staaten, in denen die Zahl männlicher Arbeitsmigranten, oftmals als Plantagenarbeiter tätig, die der weiblichen Hausangestellten übersteigt. Weiterhin können ArbeitgeberInnen die Pässe der Angestellten einbehalten, und Malaysia ist immer noch weit davon entfernt, Mindestlöhne für Hausarbeiterinnen einzuführen. Ebenso bleiben die Vermittlungsagenturen unangetastet. Da Migrantinnen sich nicht auf ein sie schützendes Recht verlassen können, hängt es weitgehend von ihren ArbeitgeberInnen ab, ob sie in angemessenen und menschenwürdigen Verhältnissen arbeiten. /Jakarta Post 31.3.2008/.

Das Schicksal der indonesischen ArbeitsmigrantInnen in Malaysia kann freilich nicht losgelöst von anderen Faktoren gesehen werden. Bereits seit den längst vergangenen Jahren der „Neuen Ordnung“ nutzen indonesische Staatsbürger die Möglichkeit der Ausreise nach Malaysia, um dort Zuflucht vor Verfolgung zu finden oder das Zentrum ihres jeweiligen politischen oder religiös-ideologischen Kampfes dorthin zu verlegen. Flüchtlinge und Agitatoren aus der einst umkämpften Provinz Aceh nutzten Malaysia ebenso als sichere Basis wie die islamistische Jema’ah Islamiyah (JI) des im Westen als Hassprediger und geistiger Führer der Bali-Attentäter angesehenen Abu Bakar Ba’asyir und seines Kollegen Abdullah Sungkar.

Solche Entwicklungen werden aus unterschiedlichen Gründen weder in Indonesien, noch in Malaysia besonders gerne gesehen. Malaysia erlebt des Weiteren gerade einen Umbruch, den wir in Deutschland bereits seit langem kennen: die einst gerufenen „Gastarbeiter“ werden zunehmend lästig. Einerseits braucht man nicht mehr so viele, wie kommen möchten oder schon da sind, und andererseits werden diese MigrantInnen immer mehr zur Belastung, da sie nun beginnen, Rechte einzufordern und die Gesellschaft des Gastlandes zu verändern. Seit einigen Jahren reagiert Malaysia darauf mit flächendeckenden Razzien gegen „illegale“ Einwanderer und deren Deportation. Die zum Teil haarsträubenden Praktiken sowie die erbärmlichen Lebensverhältnisse in den Deportationslagern wiederum führen regelmäßig zu einem Aufschrei in den indonesischen Medien. Dabei befördern insbesondere die nationalistischen Kräfte Indonesiens alte Ressentiments, die sicher nicht zufällig an die unter Präsident Sukarno betriebene Konfrontationspolitik (konfrontasi) gegen Malaysia erinnern.

Ist es wohl Zufall, dass sich Megawati, die auf der nationalistischen Welle schwimmende Tochter des ersten Präsidenten Sukarno, ausgerechnet anhand des Falles der in Malaysia misshandelten Nirmala Bonat zu profilieren suchte? An anderen, zum Teil weit schlimmeren Fällen, bestand immerhin kein Mangel.

Nachdem realisiert wurde, dass Nirmala Bonats Schicksal keinen Einzelfall darstellt, gab es einige, jedoch nicht immer effektive Bemühungen von Seiten der indonesischen Regierung, sich für den Schutz indonesischer Migrantinnen einzusetzen. Im Jahr 2004 wurde das Nationale Amt für den Einsatz und den Schutz von ArbeitsmigrantInnen (Badan Nasional Penempatan dan Perlindungan Tenaga Kerja Indonesia di Luar Negri, BNP2TKI) eingerichtet, das seit März 2007 seine Arbeit aufgenommen hat. Indonesien hat als Mitglied der ASEAN außerdem die Cebu-Erklärung zum Schutz und der Förderung der Rechte von ArbeitsmigrantInnen unterschrieben. Diese hat jedoch einen mehr deklaratorischen als bindenden Charakter. Internationale Abkommen wie die ILO Konventionen zum Schutz von MigrantInnen oder die Internationale Wanderarbeiterkonvention wurden von Indonesien nicht unterschrieben oder noch nicht ratifiziert.

Seit Februar dieses Jahres kommen rückkehrende ArbeitsmigrantInnen am Terminal 4 des Flughafens von Jakarta an. Das neue Terminal zur Ankunft der MigrantInnen sollte „humaner“ werden, so wird der Leiter des Amts zum Einsatz und Schutz von ArbeitsmigrantInnen in der Jakarta Post zitiert /16.3.2008/. Problematisch bleibt die Praxis der Rekrutierungsagenturen, die kaum Restriktionen unterworfen sind und an deren Abgaben der indonesische Staat verdient.

Eingeforderte Rechte

Warum machen sich Frauen trotz der Möglichkeit der Ausbeutung auf den Weg? Disparitäten zwischen den reicheren und den ärmeren Ländern treiben Frauen aus Indonesien in neue Welten, in den Nahen Osten, nach Ostasien oder Europa: Ihr Alltag ist geprägt von Perspektiv- und Arbeitslosigkeit. Migration bedeutet für viele Frauen eine hohe Verantwortung durch die Rücküberweisungen, von denen ganze Familien abhängig sein können. Viele Muslima erhoffen sich durch die Ausreise nach Saudi-Arabien die Teilnahme an der Pilgerfahrt nach Mekka.

Nicht zu übersehen ist, dass Migrantinnen ihre Rechte einfordern: In Hongkong kann die MigrantInnengewerkschaft Atki Erfolge verbuchen, nur dort können sich Migrantinnen in Interessenverbänden organisieren und nur dort sind gerechte Bezahlungen und Arbeitsschutz für die Migrantinnen geregelt. Migrantinnen fordern des Weiteren die Legalisierung „illegalisierter“ Arbeiterinnen, die durch restriktive Migrationsregime jegliche Rechte verloren haben. Zum 1. Mai 2008 lancierte die Allianz asiatischer Hausarbeiterinnen (Asian Domestic Workers Alliance, ADWA) und die Internationale Arbeitsorganisation eine Kampagne, die mit dem Motto Domestic Work is Work! Women's Work is Work! die Anerkennung von Hausarbeiterinnen als Arbeiterinnen fordert und sich gegen die allgemeine Bezeichnung der Arbeiterinnen als „Hilfen“ richtet. Sie suchen einen Weg in die Öffentlichkeit und fordern ihre Rechte ein. <>
 

* Name geändert.
 

Literatur:

Infid/Migrant Care 2008: Eingabe an den Menschenrechtsrat A/HRC/7/NGO/70. 25. Februar 2008. Online: <http://www.infid.org/newinfid/files/INFIDMigrantCARE.pdf>.

Ehrenreich, Barbara/Hochschild, Arlie Russell (Hrsg.) 2004: Global Woman. Nannies, Maids, and Sex Workers in the New Economy. New York.

World Bank 2006: Migration, Remittance and Female Migrant Workers. Factsheet. Online: <http://siteresources.worldbank.org/INTINDONESIA/Resources/fact_sheet-migrant_workers_en_jan06.pdf>.
 

Info Ban Ying:

Ban Ying ist eine Berliner Beratungs- und Koordinationsstelle für Frauen mit Gewalterfahrungen in der Migration. Die Organisation bietet auch Beratung und Unterstützung auf indonesisch an.

Kontakt:

Ban Ying Koordinations- und Beratungsstelle gegen Menschenhandel
Anklamer Strasse 38
10115 Berlin

Tel.: 030 / 440 63 73/74
Fax: 030 / 440 63 75
E-mail: info@ban-ying.de
Website: www.ban-ying.de
 
 
 

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