Indonesien-Information Nr. 2 1996 (Ost-Timor)

 

Ein Nobelpreis gegen Suharto


Eine Kursänderung der indonesischen Ost-Timorpolitik steht nicht zu erwarten. Dennoch war die Verleihung des Friedensnobelpreises an die beiden Ost-Timoresen Bischof Carlos Filipe Ximenes Belo und Jose Ramos Horta eine herbe Niederlage für das Regime Suharto, denn der Friedensnobelpreis stärkt nicht nur Suhartos Gegner in Ost-Timor, sondern auch in Indonesien. Auch für Suhartos Männerfreund Helmut Kohl kam die Nobelpreisvergabe zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

„Carlos Belo, Bischof von Ost-Timor, ist der herausragendste Repräsentant des ost-timoresischen Volkes. Unter Gefahr für sein eigenes Leben versuchte er, sein Volk vor der Verfolgung durch die Machthaber zu schützen. In seinen Bemühungen, eine gerechte Lösung, die auf dem Selbstbestimmungsrecht seines Volkes beruht, herzustellen, hat er sich als ein unermüdlicher Verfechter der Gewaltlosigkeit und des Dialogs mit den indonesischen Behörden bewiesen.“

„Ramos-Horta ist seit 1975 international der führende Sprecher für die Sache Ost-Timors. Einen wesentlichen Beitrag leistete er kürzlich durch die 'Versöhnungsgespräche' und die Ausarbeitung eines Friedensplanes für die Region“, so heißt es in der offiziellen Erklärung des Friedensnobelpreiskommittees über die beiden diesjährigen Preisträger. /Nobelpreiskommittee, 11.10.96/

In einer ersten Stellungnahme sagte Jose Ramos Horta, statt seiner selbst hätte der Widerstandsführer Xanana Gusmao, der in Jakarta eine 20jährige Haftstrafe absitzt, den Preis erhalten sollen. Bischof Belo kommentierte den Preis mit den Worten: „Ich werte das als einen Sieg für die Ost-Timoresen ... und für alle Indonesier.“ /Reuters, 11.10.96/

Die Entscheidung des Friedensnobelpreiskommittees überraschte sogar die ExpertInnenwelt. Zwar galt Ost-Timors Bischof Belo seit mehreren Jahren als Top-Anwärter auf den Preis, aber niemals war die Rede davon, daß auch der im Exil lebende Sprecher des ost-timoresischen Widerstandes, Jose Ramos Horta, mit dieser Ehrung bedacht werden könnte.

Schon öfter hatte das Kommittee in Stockholm entschieden, bei der Preisvergabe mehrere Personen gleichzeitig zu berücksichtigen. Beispielsweise wurden die Kontrahenten Begin und Sadat sowie später Rabin/Peres und Arafat für ihre Bemühungen um eine friedliche Beilegung des Nahostkonfliktes demonstrativ gemeinsam ausgezeichnet. Doch sehr zum Unbehagen der indonesischen Regierung folgte das Nobelkommittee diesmal einem anderen Muster. Die mehr als zaghafte Verhandlungsbereitschaft Indonesiens auf UN-Ebene war keinesfalls ausreichend, um sich als Ko-Preisträger ins Gespräch zu bringen und die fortdauernde blutige Unterdrückung des Volkes von Ost-Timor verbietet schon den bloßen Gedanken an einen Friedenspreis. Stattdessen wurden mit Belo und Horta zwei ausgewiesene Kritiker der indonesischen Besatzungsmacht ausgewiesen, die sich beide auf ihre jeweils eigene Art und Weise um Ost-Timor verdient gemacht haben.

Die indonesische Regierung reagierte wie vor den Kopf geschlagen auf die Nachricht. Die Auszeichnung Belos wäre gerade noch akzeptabel gewesen und wurde von den Medien in den ersten Tagen weitgehend durch Nicht-zur-Kenntnisnahme gewürdigt. Doch die Ehrung für Indonesiens Lieblingsfeind, den „Terroristen“ Ramos Horta, wurde als erstrangige Provokation verstanden. Politiker, Militärs und Medien versprühten Gift und Galle gegen den Preisträger und das Nobelpreiskommittee. Außenminister Ali Alatas, der sich gerade zu einem Besuch in Deutschland aufhielt, bezeichnete Horta als politischen „Abenteurer“.

„Ich gebe keinen Kommentar,“ begann der Militärpressechef, Brigadegenaral Amir Syariffudin, sein ausführliches Interview mit Tempo Interaktif. Syariffudin würdigte den Nobelpreis als gleichwertig mit dem Menschenrechtspreis herab, den die als kommunistisch verfemte PRD kürzlich an verschiedene Persönlichkeiten verliehen hatte, und empfahl der Presse, „aus nationaler Verantwortung“ nicht über die Preisverleihung zu berichten /Tempo Interaktif, 12.10.96/.

Unbeeindruckt von der Nobelpreisvergabe hielt Präsident Suharto an seinem Vorhaben fest, nur wenige Tage später eine seit längerem geplante Reise nach Ost-Timor anzutreten. Es war erst der dritte Besuch Suhartos in der umstrittenen Region. Der nur wenige Stunden dauernde Aufenthalt diente der Einweihung einer Christusstatue in Dili, deren Bau in Ost-Timor umstritten war, denn jeder der 27 Meter Höhe dieser zweitgrößten Christusstatue der Welt symbolisiert eine indonesische Provinz - einschließlich Ost-Timors. Zur Errichtung der ungeliebten Statue wurden die EinwohnerInnen Osttimors zu Sonderabgaben gezwungen. Bischof Belo, der letztes Jahr noch erwogen hatte, die Einweihung der Statue zu boykottieren, nahm schließlich doch an der Zeremonie teil, betonte aber, für die Gläubigen gewinne die Statue erst dann an Bedeutung, wenn sie auch geweiht werde /AFP, 15.10.96/.

Suharto beließ es bei seinem Zusammentreffen mit dem frisch gekürten Nobelpreisträger bei einem wortlosen Handschlag. Mit keinem Wort ging er auf die hohe Auszeichnung für Belo ein. Lediglich der ebenfalls zu der Zeremonie anwesende Oberkommandeur der Streitkräfte, General Feisal Tanjung, erwähnte in seiner Rede den Nobelpreis und gratulierte dem Bischof. Am selben Tag nahm Suharto die Auszeichnung „Vater der Integration“ entgegen, die ihm durch das lokale Marionettenparlament Ost-Timors zugesprochen worden war. Etwa 200 StudentInnen demonstrierten gegen diese zynische Ehrung des Staatschefs /AP, 15.10.96/. Im Gedenken an die im Frühjahr verstorbene Präsidentengattin wurde in Dili noch schnell eine Ibu-Tien-Straße eingeweiht, bevor der „Vater der Integration“ wieder das Weite suchte /AFP, 15.10.96/.
 

Bischof Belo versetzt Helmut Kohl

Bundeskanzler Kohl zeigte sich ein weiteres Mal wesensverwandt mit seinem Männerfreund Suharto. Denn auch Helmut Kohl sah keinen Anlaß, aufgrund der jüngsten Ereignisse - u.a. der gewaltsamen Stürmung des PDI-Büros, der Welle von Verhaftungen Oppositioneller und der Verleihung des Friedensnobelpreises - seine Reisepläne nach Indonesien neu zu überdenken.

Der indonesische Regimekritiker Sri-Bintang Pamungkas hatte Kohl in einem Brief aufgefordert, seine Reise abzusagen. Unter den derzeitigen Bedingungen sei der Besuch des Kanzlers ein falsches Signal, da es als Aufwertung des diktatorischen Regimes Suharto mißverstanden werden müsse, meinte Bintang. Der Staatspräsident von Portugal, Sampaio, und amnesty international äußerten in Briefen an Kohl ebenfalls ihre Besorgnis über die Reisepläne des Kanzlers.

Watch Indonesia! schrieb in einer Presseerklärung anläßlich der Verleihung des Nobelpreises: „Vom 25.-29. Oktober wird Bundeskanzler Helmut Kohl als erster westlicher Regierungschef nach den Unruhen im Juli in offizieller Mission Indonesien besuchen. Dieser Besuch bietet Gelegenheit, gegenüber der indonesischen Regierung für eine friedliche und gerechte Lösung des Osttimor-Konfliktes einzutreten. Wir sind der Auffassung, daß angesichts der gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Indonesien und Osttimor und der fortwährenden Unterdrückung jeglicher Opposition der Staatsbesuch nur dann zu rechtfertigen ist, wenn der Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte öffentlich Nachdruck verliehen wird. Andernfalls stärkt dieser Besuch nur ein Regime, das die Unterstützung in der Bevölkerung immer weiter verliert.“ /Presseerklärung von Watch Indonesia!, 11.10.96/

Jose Ramos Horta forderte in einem Interview mit der Deutschen Welle den Bundeskanzler auf, Druck auf Indonesien auszuüben, um die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten. Die Bundesrepublik wie auch andere Staaten sollten keine Waffen an die indonesische Diktatur verkaufen. An die Adresse Suhartos gerichtet machte Ramos Horta das Angebot, der ost-timoresische Widerstand würde auf alle Protest- und Guerrillaaktivitäten verzichten, wenn Suharto anläßlich des Kohl-Besuches Maßnahmen wie die Freilassung von Gefangenen sowie das Ende von Folter und Hinrichtungen erklären würde /Deutsche Welle, 14.10.96/.

Wenige Tage vor Kohls Abreise nach Indonesien am 25. Oktober 1996 ließ das Bundespresseamt verlautbaren, ein Zusammentreffen Kohls mit Friedensnobelpreisträger Belo stehe nicht auf dem Programm. Die ersten beiden Tage seiner Reise nutzte der Kanzler zu einem privaten Besuch Suhartos. Auf Pulau Biru, einer Privatinsel Suhartos im Golf von Jakarta, gingen die beiden Freunde gemeinsam auf Fischfang und setzten ein Zeichen gegen das drohende Aussterben der Meeresschildkröten, indem sie vor laufenden Kameras nachgezüchtete Jungtiere in die der Mega-Metropole Jakarta vorgelagerte überfischte Kloake aussetzten.

Zusammen mit Kohl angereist waren Wirtschaftsminister Rexrodt, Forschungsminister Rüttgers und Telekomminister Bötsch sowie rund 70 Vertreter der deutschen Wirtschaft. Weniger um Schildkröten- oder Menschenrechte besorgt, bemühten sie sich in erster Linie um lukrative Aufträge für deutsche Firmen. Projekte in den Bereichen Flughafenbau, Energie, Infrastruktur, Gas- und Ölförderung, Stahlerzeugung, Handel, Versicherungswesen und andere füllten die deutschen Auftragsbücher. Insgesamt wurden Verträge und Vorverträge im Wert von 1,3 Mrd. DM gezeichnet.

Doch auch die indonesische Regierung war sich darüber bewußt, daß Helmut Kohl unter dem Druck der Öffentlichkeit stehend nicht ganz am Thema Menschenrechte vorbeikommen würde. „Es wird öffentlich angesprochen werden und die Presse wird darüber berichten, aber es wird kein konfrontativer oder herablassender Tonfall sein, sondern wie sanfter Druck,“ sagte der Vizegouverneur des Nationalen Instituts für Verteidigung, Juwono Sudarsono zwei Tage vor Eintreffen des Kanzlers. Kohl „müsse“ im Gespräch mit Suharto zwar auch das Thema Ost-Timor ansprechen, aber im Gegensatz zu den Wirtschaftsfragen werde dieses Thema von untergeordneter Bedeutung sein, war sich Sudarsono sicher /AFP, 24.10.96/.

Immerhin durften die mitreisenden Bundestagsabgeordneten Seiters, Kansy und Hörster (alle CDU), Berger (SPD) und Albowitz (FDP) - VertreterInnen von Bündnis 90/Grüne und PDS waren nicht auf die TeilnehmerInnenliste gesetzt worden - ihre Zeit zu politischen Gesprächen mit dem NGO-Dachverband INFID, der nationalen Menschenrechtskommission KOMNAS HAM, dem Oppositionellen Dr. Sri-Bintang Pamungkas und dem gleichgeschalteten Gewerkschaftsverband SPSI nutzen. An einem Gespräch mit Vertretern der Kirche nahm sogar der Kanzler persönlich teil.

Am letzten Besuchstag verkündete Kohl überraschend, in Abänderung seines ursprünglich verkündeten Programms wolle er nun doch noch mit Nobelpreisträger Bischof Belo zusammentreffen. Die indonesischen Gastgeber hegten keine Einwände und erklärten sich sogar bereit, Belo mit einem Sonderflugzeug aus Dili abholen zu lassen. Der aber ließ den Bundeskanzler wie einen begossenen Pudel im Regen stehen. „Ich habe keine Einladung erhalten ... Kanzler Kohl in Jakarta zu treffen,“ sagte Belo später gegenüber der Presse. Er habe ohnehin keine Zeit gehabt, da er Gemeinden in Ost-Timor besuchen mußte. „Mein Programm konnte nicht aufgeschoben werden, denn die Leute haben auf den Besuch ihres Bischofs aus Dili gewartet, insbesondere weil sie dafür schon seit letztem Monat Vorbereitungen getroffen haben,“ sagte Belo /AFP, 30.10.96/.

Es bleibt ungeklärt, wann der Bischof von der Einladung Kohls gehört hat und wie ernsthaft Kohls Verlangen nach einem Zusammentreffen vorgetragen wurde. Ganz offensichtlich hatte Belo aber keine Lust, spontan nach Jakarta zu reisen, um vor den Objektiven der Pressefotographen einen unverbindlichen Händedruck mit dem Bundeskanzler auszutauschen und ihm damit die gewünschte Absolution zu erteilen. Die Absage wurde als diplomatische Blamage für den Bundeskanzler und seine sich hilfsbereit gebenden indonesischen Gastgeber gewertet.
 
 

Angriffe auf Belo wegen SPIEGEL-Interview

Obwohl Belo nach seiner Ernennung zum Nobelpreisträger weltweit von dutzenden Medien interviewt wurde, geriet er Anfang November ausgerechnet wegen seiner Äußerungen in den beiden deutschen Nachrichtenmagazinen Der Spiegel und Focus unter Beschuß. „Das geht zu weit!“, kommentierte Indonesiens Außenminister Ali Alatas die von Belo im Spiegel erhobenen Vorwürfe, er sei bereits 9 Attentatsversuchen des Militärs entkommen und die Osttimoresen würden von Indonesiern wie „räudige Hunde“ behandelt /Media Indonesia, 8.11.96/.

Das indonesische Parlament und andere offizielle Stellen forderten Belo auf, sich zu den umstrittenen Äußerungen zu erklären /Bisnis Indonesia, 8.11.96/. Doch Belo verweigerte zunächst jede Stellungnahme mit dem Hinweis, es lägen ihm von den beiden Interviews noch keine Protokolle vor.

Auffällig ist, daß die umstrittenen Zitate erst 14 Tage nach Helmut Kohls Abreise problematisiert wurden, obwohl sie von Spiegel und Focus bereits am 14. Oktober, also gut 10 Tage vor Beginn der Kanzlerreise, veröffentlicht worden waren. Politische BeobachterInnen befürchten, daß die Angriffe auf Belo nun zum Anlaß genommen werden, ihm die Ausreise zur Entgegennahme des Nobelpreises am 10. Dezember in Oslo zu verweigern, bzw. um ihm strenge Auflagen für seine Auslandsreise zu machen.

Als Belo am 11. November zu einer kirchlichen Tagung nach Jakarta reiste, wurde er dort von etwa 2.000 regierungstreuen DemonstrantInnen empfangen, die forderten, Belo solle sich „bei der indonesischen Regierung und dem indonesischen Volk entschuldigen“. 'Show your loyalty to the People and the State', 'Tell the truth about your interview with Der Spiegel', 'Without you, the unity of the Nation has been achieved', war auf den mitgeführten Transparenten zu lesen.

Belo sah sich genötigt, sich vorsichtig von dem Interview im Spiegel zu distanzieren. „Fand dieses Interview mit dem Spiegel wirklich statt? Ich habe meine Zweifel daran, denn da heißt es, daß mir neun mal nach dem Leben getrachtet wurde. Es waren keine neun mal...“, sagte der Bischof süffissant /Republika, 12.11.96/.

Vier ost-timoresische Jugendliche, die an der Demonstration gegen Belo teilgenommen hatten, suchten noch am selben Tag in der spanischen Botschaft um Asyl. Andere Demonstranten erklärten, sie seien für die Teilnahme an der Demo bezahlt worden /tapol, 12.11.96/. Am selben Tag kam es in Ost-Timor zu friedlichen Demonstrationen zum Gedenken an den 5. Jahrestag des Santa-Cruz-Massakers. Einen Tag später demonstrierten ca. 800 Jugendliche in Dili und bewarfen das Provinzparlament mit Steinen /Voice of America, 13.11.96/. Die bislang wohl größte Demonstration, die Ost-Timor jemals gesehen hat, fand am 17. November statt. Mindestens 70.000 Menschen empfingen ihren Bischof in Dili bei dessen Rückkehr aus Jakarta mit einer friedlichen Demonstration um ihre Solidarität unter Beweis zu stellen /taz, 18.11.96/.

Trotz dieser machtvollen Unterstützung nahm der Druck, der von Jakarta aus auf Belo ausgeübt wurde, weiter zu. Außenminister Ali Alatas hatte die Gelegenheit seiner Teilnahme an der Welternährungskonferenz in Rom dazu genutzt, im Vatikan vorstellig zu werden. Der Vatikan ermahnte Belo daraufhin, sich auf seine kirchlichen Pflichten zu konzentrieren und von politischen Äußerungen Abstand zu nehmen /Voice of America, 25.11.96/.

Belo sah sich schließlich gezwungen, die Echtheit des Spiegel-Interviews zu dementieren und sich für seine harten Worte zu entschuldigen. Es sei nicht seine Absicht gewesen, das Militär in seiner Gesamtheit anzugreifen. Vielmehr hätten sich seine Worte gegen „unethische Einzelpersonen“ gerichtet, erklärte der Bischof /Voice of America, 20.11.96/. Belo forderte den Spiegel auf, sich bei der Regierung Indonesiens und dem Militär zu entschuldigen. Er stellte die Frage, warum ein Interview, „das vor mehreren Monaten oder vor fünf Jahren“ gemacht wurde, erst im Oktober veröffentlicht wurde /Straits Times, 21.11.96/.

Augenscheinlich war man in Indonesiens Regierungskreisen nur allzu bereit, aus Belos Dementi eine Anklage gegen den Spiegel zu schmieden. Die staatliche Nachrichtenagentur ANTARA zitiert Ost-Timors Polizeichef Yusuf Muharram wie folgt: „Diese kontroversen Äußerungen wurden absichtlich von einem ausländischen Journalisten lanciert, der etwas gegen die indonesische Regierung hat.“ Der Bischof sei nicht direkt, sondern per Telefon, interviewt worden. Das Interview habe vor fünf Jahren stattgefunden und Belos Worte stünden in scharfem Widerspruch zu dem, was im Spiegel zu lesen war. Nach Belos Erinnerung sei das Interview von einer Frau geführt worden, aber offenbar stamme die abgedruckte Version aus der Feder von jemand anders, jedenfalls nicht von der Interviewerin. „Vielleicht sollte diese geschriebene Version dazu dienen, das Militär, die indonesische Regierung oder Bischof Belo selbst zu stürzen oder aber es sollte Unfrieden in der indonesischen Gesellschaft geschürt werden,“ sagte Yusuf Muharram. /Antara, 19.11.96/

Vom Spiegel war dagegen zu erfahren, das Interview sei vor einigen Monaten von Jürgen Kremb, Spiegel-Redakteur in China, geführt worden. Kremb habe mit offizieller Genehmigung Ost-Timor besucht und sich von Bischof Belo mehrmals versichern lassen, daß er mit dem Interviewtext einverstanden sei /Der Spiegel, 47/96, 18.11.96/.
 

Eine Ära der Verständigung

Bischof Belo machte inzwischen deutlich, daß er sich an bestimmte Regeln zu halten habe. Er wolle eine neue Ära der verbesserten Beziehungen zur indonesischen Regierung beginnen, erklärte er. Mit Seitenblick auf die aus dem Vatikan erhaltene Ermahnung sagte Belo weiter: „Ich bin mir sehr wohl bewußt über die Normen der katholischen Kirche, die einem religiösen Würdenträger abverlangen, sich von konkreten politischen Aktivitäten ... fernzuhalten. Aber als Bischof habe ich die Verpflichtung, für die Stimmen der Armen und der einfachen Leute zu sprechen, die sich, wenn sie verfolgt oder terrorisiert werden, nicht selbst verteidigen oder ihrem Leiden Gehör verschaffen können.“ /Voice of America, 25.11.96/

Am selben Tag sorgte Belo dafür, daß die Gläubigen Ost-Timors zukünftig die von Suharto feierlich eingeweihte Christus-Statue gebührend zu würdigen wissen. Die Statue wurde nun den Regeln der katholischen Kirche entsprechend geweiht. /Hong Kong Standard, 25.11.96/ <>

 
 

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