Er kämpft gegen die Abholzung der letzten Baumriesen im Regenwald,
bezahlte seinen mutigen Einsatz fast mit dem Leben: Der Journalist Abi
Nachran (61) wurde von Schergen der indonesischen Holzmafia schwer verstümmelt.
Im Hamburger Unfallkrankenhaus Boberg versuchen Spezialisten, den rechten
Arm des Umweltschützers zu retten.
Der erste Anblick ist schockierend: Von der linken Hand ist Abi Nachran nur der Daumen geblieben, der rechte Arm ist in einem monströsen Metallgestell fixiert. Über Rücken und Schultern ziehen lange Narben. Freundlich lächelnd nimmt der kleine Mann seinem Gegenüber die Befangenheit: „Nicht so schlimm, ich kann mir schon wieder selbst Zucker nehmen“, sagt er und greift geschickt mit der rechten Hand nach der Dose. Mit Macheten haben 20 Holzfäller Indonesiens bekanntesten Regenwaldschützer überfallen, ließen erst von ihm ab, als sie ihr Opfer für tot hielten. Seinen Lebensmut konnten die Messer-Männer ihm nicht nehmen.
In seiner Heimat gilt der zierliche Mann als Held. Seiner unerschrockenen Recherche ist es zu verdanken, dass im vergangenen November erstmals ein Schiff mit illegal geschlagenen Tropenhölzern im Hafen von Jakarta festgesetzt wurde. „Ich habe es verhaftet“, nennt Abi Nachran seinen Erfolg und lacht. Im April vergangenen Jahres hat die indonesische Regierung die Ausfuhr von Baumstämmen aus dem Regenwald verboten.
Abi Nachran, früher Sprecher des Regionalparlaments von West-Borneo, war zwei weiteren illegalen Tropenholz-Deals auf der Spur, als die Häscher ihm auflauerten. „Ich kam gerade vom Forstminister aus Jakarta“, sagt der Mann mit den freundlichen Augen, „und fuhr auf meinem Mofa vom Flughafen nach Hause, als sie kamen, ungefähr 20 Männer.“
Es war der 28. November 2001, vormittags, nahe seinem Heimatdorf auf Borneo. „Keiner traute sich, mir zu helfen“, sagt das Opfer ohne Bitterkeit, „alle wussten, die sind von der Holzmafia geschickt.“ Die Angreifer trugen nicht einmal Masken, so sicher können sie sich sein, von der verängstigten Bevölkerung nicht verraten zu werden. Verhaftet wurde nur einer. Er ist längst wieder frei.
Die tiefen Wunden, die nahezu abgetrennte linke Hand – in dem blutenden Mann am Boden schien kein Funke Leben mehr zu sein. „Sie brachten mich ins Leichenschauhaus“, berichtet Abi Nachran mit bestürzender Gelassenheit. „Erst als ich den Zeh bewegte, merkten die Sanitäter, dass ich noch lebte.“ Der grauenvolle Überfall konnte das Gottvertrauen des couragierten Journalisten nicht erschüttern: „Die Götter werden sich schon etwas dabei gedacht haben, dass sie mich beschützt haben“, sagt er, lächelt wieder und vermischt unbefangen seine muslimische Religion mit dem Naturglauben seiner Vorfahren.
Das „verhaftete“ Schiff ist seit einigen Wochen spurlos aus dem Hafen verschwunden, doch Abi Nachrans Elan ist ungebrochen: „Der Kampf geht weiter“, sagt er und reckt mit Galgenhumor den ihm verbliebenen linken Daumen in die Höhe. „Die Götter“ haben ihn mit ihrem Schutz bis nach Hamburg begleitet, davon ist Abi Nachran überzeugt. In Indonesien haben sie ihn zu einem Arzt geführt, der in Hamburg studiert hat und seinen Patienten einem Kollegen in Boberg ans Herz legte.
Der Familienvater verkaufte sein Land für das Flugticket nach Deutschland. Hier, im Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus, soll sein rechter Arm gerettet werden. Vor zwei Wochen wurde er zum ersten Mal operiert, heute erneut. Die Kosten – „die Götter beschützen mich“ – werden von Spenden übernommen (s. Infokasten). Sein innigster Wunsch gilt allerdings nicht seinem Arm: „Ich wünsche mir nur, dass die Welt uns hilft, die letzten Wälder zu retten.“
Aktionen
Auch in Hamburg kommt es immer wieder zu Protesten von Umweltschützern gegen die Abholzung von Regenwäldern. Zuletzt protestierten Greenpeace und Robin Wood im Juni gegen die Verlegung von 800 Quadratmetern Mecrusse-Parkett im CCH – Kosten 200 000 Euro. Trotz Senatsbeschlusses von 1992, kein Tropenholz mehr zu verbauen, wurde das Foyer vom Saal 3 mit dem Regenwaldholz aus Mosambik ausgelegt. Im März dieses Jahres blockierten Greenpeace-Aktivisten einen Frachter unter der Flagge von Singapur im Hamburger Hafen, weil er 300 Kubikmeter illegal geschlagenes Tropenholz aus Brasilien an Bord hatte. In Hamburger Heimwerkermärkten protestierten Umweltschützer zudem mehrfach gegen Gartenmöbel aus Raubbau-Tropenholz.
Tropenholz
„Ich sehe mir unsere Wälder in der Großstadt an“, sagte Abi
Nachran bei seinem Besuch in einem Hamburger Heimwerkermarkt. Indonesien
ist der größte Sperrholz-Exporteur der Welt – verboten ist seit
April vergangenen Jahres nur der Export von Tropenholz-Stämmen. Tatsächlich
werden besonders wasserdichte und günstige Sperrholzplatten aus alten
indonesischen Dschungelbäumen hergestellt. Finger weg von rötlichem
„Meranti-Sperrholz“: Meranti wird nicht auf Plantagen angebaut. Auch „Hartholz“
ist Tropenholz. Beim Tropenholz-Siegel „FSC“ nachhaken: Nur Teakholz wird
tatsächlich auf Plantagen angebaut. Am sichersten für die Regenwälder
ist es, bei der Terrassenmöblierung auf heimische Hölzer auszuweichen.
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