Ende Juli verurteilte ein indonesisches Gericht den jüngsten
Sohn des Exdiktators Suharto wegen Anstiftung zum Mord, illegalem Waffenbesitz
und Flucht zu 15 Jahren Haft
„Transparenz und Korruptionsfreiheit in der indonesischen Justiz
bleiben weiterhin nur öffentliche Lippenbekenntnisse“, war der letzte
Satz des ersten Berichts über die Prozesse gegen Hutomo "Tommy" Mandala
Putra (s. Indonesien-Information Nr. 2/02). Nun sitzt er für die nächsten
15 Jahre im Gefängnis. Hat sich die indonesische Justiz also doch
gewandelt?
26. Juli 2002
Als Tommy am 26. Juli 2002 seine Urteilsverkündung wegen akuter Bauchschmerzen, Durchfalls und Schwindelgefühlen in dem durch 200 Polizisten stark gesicherten Gerichtssaal des BMG Gebäudes versäumte, schien alles beim alten. Tommy war schon oft bei Verhandlungen nicht erschienen, immer aus „gesundheitlichen“ Gründen. Ein Ärzteteam wurde ins Cipinang-Gefängnis geschickt, um Tommys Bauchweh zu untersuchen.
Die im Fernsehen live übertragene Gerichtsentscheidung verzögerte sich dadurch erheblich. Am Nachmittag verlas Richter Zakaria den Bericht der Ärzte, wonach Tommy unter Bauch- und Kopfschmerzen litt. Daraufhin beantragten seine Anwälte die Verschiebung der Urteilsverkündung um zwei Tage, damit der Angeklagte anwesend sein und zu dem Urteil Stellung nehmen könnte.
Dies lehnte Richter Amiruddin Zakaria ab, was das Publikum mit Applaus kommentierte. Er begann mit der Urteilsverkündung und dem Verlesen der Hunderte Seiten umfassenden Urteilsbegründung, die Aussagen von 64 Zeugen zusammenfasste. Tommys sechs Verteidiger verließen aus Protest den Gerichtssaal.
„Der Angeklagte wurde in allen Punkten der Anklage für schuldig
befunden“ und zu 15 Jahren Haft verurteilt, so der Beschluss der fünf
Richter. Neben Anstiftung zu Mord wurde er wegen illegalen Waffenbesitzes
und Justizflucht verurteilt.
Der Prozess hatte im März diesen Jahres begonnen und war geprägt
von wiederholten mündlichen Angriffen des Angeklagten auf die Richter,
sich widersprechenden und widerrufenden Zeugen und versuchter Zeugenbestechung.
Die fünf Richter sahen es als erwiesen an, dass Tommy genau vor einem Jahr einen Richter des Obersten Gerichtshofs, Syafuddin Kartasasmita, ermorden ließ. Dieser hatte ihn im September 2000 zu 18 Monaten Haft wegen Korruption verurteilt. Eine Amnestie für den Sohn von Expräsident Suharto wurde von Präsident Wahid abgelehnt. Tommy tauchte unter und konnte von der nur halbherzig suchenden Polizei erst im November 2001 gestellt werden. Seitdem saß er in Untersuchungshaft.
Am 26. Juli 2001 erschossen zwei motorisierte Männer den Richter
Kartasasmita in seinem Auto. Die beiden Verdächtigen, Noval Hadad
und Raden Maulawarman, hatten nach ihrer Festnahme ausgesagt, sie hätten
von Tommy rund 11.000 Dollar (100 Millionen Rupiah) für den Mord erhalten.
Später dementierten sie ihre Aussagen. Im Mai diesen Jahres wurden
beide in einem separaten Prozess zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt.
Tommy bestritt von Anfang jede Verwicklung in den Mord. Seiner Meinung
nach handele es sich bei seinem Gerichtsverfahren um eine Art Schauprozess.
Das politische Klima sei von Anfang an gegen ihn gerichtet gewesen, so
dass niemand an seine Unschuld glaube. Tommy sieht sich selbst als Opfer
eines politisch motivierten Gerichtsverfahrens, bei dem es nicht um wirkliche
Aufklärung der Vorfälle ging, sondern das Urteil schon von Beginn
an feststand /Tempo interaktiv, 1.8.2002/.
Mit seinem Urteil über 15 Jahre Gefängnis folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Ursprünglich hatte Tommy Suharto sogar die Todesstrafe gedroht. Richter Zakaria begründete das relativ milde Urteil. Tommy hätte den Mord beauftragt, da er sich in dem Korruptionsverfahren ungerecht behandelt gefühlt hätte. Weiterhin sei Tommy noch jung und könne somit sein Handeln korrigieren. Tommy hat das Urteil im Cipinang Gefängnis am Abend des 26. Juli 2002 angenommen.
Meinungen
Der politisch brisante Prozess um Hutomo „Tommy“ Mandala Putra galt als Test für die Unabhängigkeit des als korrupt geltenden Justizsystems in Indonesien. Schon im Vorfeld gab es viele Stimmen, die an der Unabhängigkeit der Richter zweifelten. Die wichtigste Frage war, ob sich die indonesische Justiz wagen würde, harte Urteile gegen die bis 1998 als unantastbar geltenden Mitglieder der Familie Suharto auszusprechen. Erst Mitte Juli 2002 hatte der UN-Sonderberichterstatter über die Unabhängigkeit der Justiz, der malaysische Rechtsexperte Param Cumaraswamy, ein vernichtendes Urteil über das indonesische Rechtssystem ausgestellt.
Kritikern gilt Tommys Verurteilung als zu mild. In der indonesischen Presse sprach man im Vorfeld schon von einem „Witz“, sollten Tommy 15 Jahre Gefängnis bevorstehen. Die Antwort auf die Frage, wieso die Vollstrecker eines Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt werden, der Auftraggeber aber nur 15 Jahren Gefängnis erhält, blieben die Richter schuldig.
Insgesamt kann das Urteil vielleicht die ausländischen Regierungen
und Investoren beruhigen, vielleicht entsteht der Anschein eines unabhängigen
und fairen Justizsystems. Die indonesische Bevölkerung dürfte
dies allerdings anders sehen. <>
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