Indonesien-Information Nr. 3 1995 (Ost-Timor)
Am 5. Juni gingen die intra-timoresischen "all inclusive talks" zu Ende, die drei Tage lang in dem abgelegenen österreichischen Dorf Schlaining, 100 km südlich von Wien, stattgefunden haben. Das Treffen verschiedener ost-timoresischer Fraktionen war das Ergebnis einer Übereinkunft, zu der die Außenminister Indonesiens und Portugals bei ihrer fünften Verhandlungsrunde im Januar des Jahres in Genf gekommen waren.
Die Gespräche in Schlaining sollten, gefördert durch den Generalsekretär der Vereinten Nationen, ein erster Schritt auf dem Weg sein, Ost-TimoresInnen selbst in die Verhandlungen um Ost-Timor mit einzubeziehen. Ursprünglich bereits für den 24. April geplant, wurden die Gespräche auf Anfang Juni verschoben - nach Aussagen des ost-timoresischen Nationalrates CNRM, weil die Regierung Suharto großen Druck auf die Vereinten Nationen ausgeübt und durch diplomatische Manöver versucht hatte, das Stattfinden der Gespräche zu verhindern. Indonesiens Außenminister Alatas war nach Aussagen des CNRM "außer sich, weil der UN-Generalsekretär es gewagt hatte, pro-Unabhängigkeits-TimoresInnen zu den Gesprächen einzuladen". Nach Meinung der indonesischen Regierung war es Aufgabe der UN, nur als Förderer der Gespräche aufzutreten, nicht aber als Organisatoren, und somit hätten sie kein Recht, GesprächsteilnehmerInnen auszusuchen und nach Österreich einzuladen.
Ab Januar hatten die UN bereits damit begonnen, Kontakt zu Ost-TimoresInnen verschiedener politischer Fraktionen - auch aus dem pro-indonesischen Lager - aufzunehmen und verhandelten über einige Monate hinweg mit VertreterInnen in Dili, Jakarta, Lissabon, Sydney und New York. Die Liste der eingeladenen Personen war Ergebnis dieser Sondierungen. Sie umfaßte schließlich 30 TeilnehmerInnen, die sämtliche politischen Richtungen repräsentierten und in Ost-Timor selbst, in Indonesien oder im Exil leben. So reisten u.a. Bischof Belo, apostolischer Administrator der Diözese Dili und bekannter Kritiker der Menschenrechtslage in Ost-Timor, Lopes da Cruz, Indonesiens Sonderbotschafter für Ost-Timor-Fragen, und Jose' Ramos Horta, Vertreter des CNRM, an.
Entsprechend § 2 der Genfer Erklärung vom Januar waren bei dem Treffen jegliche Diskussionen um den rechtlichen Status des Territoriums explizit ausgeschlossen und § 3 appellierte an die TimoresInnen, alle Aktionen zu vermeiden, die eine "günstige Atmosphäre der Gespräche auf's Spiel setzen könnten". Im Vorfeld wurde deshalb von timoresischer Seite auch die kritische Frage nach Sinn, Ziel und möglichem Erfolg gestellt, die ein solches Treffen haben könne.
Ansonsten gab es keine weiteren Richtlinien für die Gespräche, die dementsprechend pessimistisch und gespannt begannen. Die Atmosphäre änderte sich jedoch schon nach dem ersten Tag, da offenbar niemand die Schuld an einem Scheitern der Gespräche tragen oder Indonesien einen Grund für deren Abbruch liefern wollte. Die Ergebnisse der Gesprächsrunde wurden schließlich sehr positiv bewertet. So wurde ein von Bischof Belo präsentiertes 16 Punkte umfassendes Dokument, in dem die indonesische Besatzung kritisiert wird, einstimmig angenommen und dem Schlußdokument des Treffens angefügt. Positiv bewertet hat man auch die Tatsache, daß beide Fraktionen bereit waren, sich die Argumente der Gegenseite anzuhören. Selbst pro-indonesische VertreterInnen forderten eine direkte Teilnahme von Ost-TimoresInnen an den portugiesisch-indonesischen Verhandlungsrunden, die unter Schirmherrschaft der UN stattfinden. Ein ehemaliger von Indonesien eingesetzter Gouverneur Ost-Timors ging sogar soweit, die Vereinten Nationen offen für die Ausklammerung der Diskussion um den politischen Status des umstrittenen Gebietes zu kritisieren. Wichtigstes Ergebnis der Gespräche war jedoch folgende Erklärung - die sogenannte "Burg Schlaining Declaration" -, die einstimmig angenommen wurde:
Die Timoresen, die sich zum "All Inclusive Intra-Timorese Dialogue" vom 3.-5. Juni 1995 in Schlaining, Österreich, im Rahmen der Initiativen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen treffen:
Burg Schlaining, 5. Juni 1995
Das Dokument bestätigte also noch einmal die Rolle Portugals und des UN-Generalsekretärs auf dem Weg zu einer Konfliktlösung. Durch den relativ spannungsfreien Verlauf des Treffens und die Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten bietet sich eine gute Möglichkeit für eine Fortsetzung der Gespräche, die von den TimoresInnen auch gefordert wurde, obwohl die grundlegenden unterschiedlichen politischen Meinungen unverändert blieben. Einzige Kritikpunkte, die am Ablauf geäußert wurden, waren die mangelnde Beteiligung von Frauen, StudentInnen, Jugendorganisationen, VertreterInnen des bewaffneten Widerstandes und von Häftlingen, allen voran Widerstandsführer Xanana Gusmao, der von allen Anti-Integrations-Fraktionen als Führungspersönlichkeit anerkannt wird. <>
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