Indonesien-Information Nr. 3 2000 (Wirtschaft)

Tagungsbericht:

Entschuldung für Indonesien?

von Marianne Klute

Am 29. und 30. September 2000 fand in Wuppertal ein Vernetzungsseminar statt, das, aufbauend auf Jubilee 2000, auch für Indonesien eine Schuldenerlasskampagne ins Auge fasst. Aus Indonesien waren Binny Buchori von INFID, Jakarta, und Wahyu Basrij von IDEA aus Yogyakarta angereist.

INFID und Jubilee 2000 befürworten eine Entschuldung für Indonesien, vor allem wegen der hohen Lasten, die die verarmte Bevölkerung tragen muss. Immerhin betrugen Indonesiens Auslandsschulden im März 2000 US$ 145 Mrd., das sind 96% des Bruttosozialprodukts. Deutschland ist mit US$ 3,1 Mrd. einer der größeren Gläubiger. Die Folgen der hohen Verschuldung sind gravierend: Verarmung, Unterernährung, eine verlorene Generation - genug Gründe also, für eine Aufnahme Indonesiens in die Liste der völlig verarmten Länder zu plädieren.

Eine Schuldenerlasskampagne für Indonesien wäre gleichzeitig eine Herausforderung an den IWF und die Weltbank. Bisher verband der IWF Schuldenerleichterung mit Bedingungen, die vor allem Privatisierung der nationalen Wirtschaft, Liberalisierung und Programme zur Strukturanpassung umfassten und immer eine Verschlechterung der sozialen Bedingungen zur Folge hatten. Entschuldung für Indonesien nach dem alten IWF-Modell wäre also keineswegs eine Verbesserung für die Bevölkerung. Daher verbinden Jubilee 2000 und INFID die Idee einer Entschuldungskampagne mit Bedingungen, die das Wohl der Menschen an erste Stelle setzen, Bedingungen, die sowohl von IWF und Weltbank als auch von Indonesien Fairness und Transparenz erzwingen würden und, falls sie erfüllt würden, Umwälzungen zur Folge hätten, die jeden Kritiker der beiden globalen Finanzinstitutionen und der in Indonesien etablierten Finanzierungsmechanismen werden aufhorchen lassen.

Der Fall Indonesien könnte die im Zeitalter der Globalisierung, in der Ära von Seattle und Prag heftig als unsozial kritisierten Prinzipien von IWF und Weltbank über den Haufen werfen. Indonesien wäre die Kutsche, am Menschen orientierte Bedingungen in den Maßnahmenkatalog von WB und IWF einzuführen.

Auch die Bedingungen, die Indonesien erfüllen müsste, wären umwälzend: Politische Reformen, Neuregelung der Landrechte, Aufdecken der korrupten Gelder, Gerichtsverfahren, Verurteilung und Zerschlagung der Mafiastrukturen, Reform der Finanzstruktur, das heißt in erster Linie der Finanzierungsmethoden der Armee... Wahyu Basrij versprach sich durch eine Verbesserung der Wirtschaftslage schlechtere Aussichten für das Militär, aktiv zu werden, und Binny Buchori erinnerte daran, dass Indonesien 1970 Schuldenerlass gewährt wurde, um Suharto zu stützen. Warum also zur Abwechslung nicht mal einen demokratisch gewählten Präsidenten unterstützen?

Doch es gibt Gründe, an einem Erfolg einer Schuldenerlasskampagne zu zweifeln: fast die Hälfte der Schulden Indonesiens sind dem Privatsektor zuzurechnen und stehen von vorneherein nicht zur Debatte. Die unsichere politische Situation und die Unfähigkeit der Regierung lassen eine Umorientierung in Indonesien unwahrscheinlich erscheinen. Eine Garantie, dass die erlassenen Gelder tatsächlich für Bildungs- und Gesundheitswesen ausgegeben werden, gibt es nicht. Korruption wird weiter blühen und macht die Nutzung der Gelder für die Bevölkerung unsicher.

Eine Zivilgesellschaft und eine NGO-Bewegung, die eine solche Kampagne tragen könnten, existieren erst in Ansätzen. Vor allem lehnt die indonesische Regierung bisher Schuldenerlass ab, um potentielle Investoren nicht abzuschrecken.

Die kontroverse Diskussion der Teilnehmer des Vernetzungsseminars "Entschuldung für Indonesien" endete mit der gemeinsamen Plattform: "Schuldenerlass als Teil einer finanziellen und politischen Reform". <>  
 

Zurück zur Hauptseite Watch Indonesia! e.V. Back to Mainpage