Indonesien-Information Nr. 3 2000 (Wirtschaft)

Deutsche Großbanken in der Kreide

von Marianne Klute

Deutsche Großbanken sind globale Spieler, sie sind die größten privaten Kreditgeber und Anleger weltweit. Mit ihrer Finanzpolitik betreiben sie gleichzeitig Entwicklungspolitik. Ob diese nachhaltig ist, so wie die deutschen Großbanken gern glauben machen wollen, oder ob die von den Banken finanzierten Projekte eine an Sozial- und Umweltstandards orientierte Entwicklungspolitik zum Entgleisen bringen, untersucht die Studie von Karin Astrid Siegmann am Beispiel Indonesiens und Brasiliens.

Das Südwind Textbuch Nr. 12 "Deutsche Großbanken entwicklungspolitisch in der Kreide? - Entwicklungsverträglichkeit deutscher Bankengeschäfte am Beispiel Brasiliens und Indonesiens", erschienen im Oktober 2000 in Siegburg, bietet auf 172 Seiten eine Fülle an Informationen zu den Aktivitäten der Deutschen Bank, der Dresdner Bank und der HypoVereinsbank als Kreditgeber, Anleger und Gläubiger in den beiden Ländern. Gespickt mit Tabellen und durch Fotos und Fallbeispiele aufgelockert liest sich das Bankenchinesisch wie ein spannender Krimi, auch wenn die Frage nach den Mitverursachern von Umweltzerstörung und unmenschlichen Arbeitsbedingungen schon auf den ersten Seiten beantwortet ist. Schnell wird deutlich, dass die Bankengeschäfte zur Verschuldung der Länder und zwangsläufig zur Verarmung der Bevölkerung führen. Statt nachhaltige Entwicklung zu fördern, stören ihre Projekte und hemmen sie sogar. Die Autorin benennt die Bringschuld der Banken nicht nur, sondern beziffert sie und fordert, sie im Sinne entwicklungspolitischer Verantwortung zu begleichen.

Am Beispiel des Kohlekraftwerks Paiton I in Ost-Java zeigt die Autorin, wie verlockende Gewinne die Deutsche Bank und die Dresdner Kleinwort Benson dazu drängten, ein von Anfang (1994) an überdimensioniertes und unwirtschaftliches Projekt zu finanzieren. Seit einem guten Jahr ist Paiton I mit einer Kapazität von 1.230 Megawatt fertiggestellt, doch ob das Kraftwerk jemals ans Netz gehen wird, bleibt fraglich. Paiton I gehört nämlich zur "Weltklasse bei Preisaufschlägen", nicht nur wegen der Bestechungsgelder, die über PT Batu Hitam Perkasa der Suharto-Familie zugute kamen, sondern auch wegen der überteuerten Kohle für den Dauerbetrieb des Kraftwerks. Obwohl die Deutsche Bank wusste, dass die Kohle 40% teurer als der übliche Marktpreis sein und der Aufschlag Hashim Djojohadikusumo (Schwager einer Tochter Suhartos) eine regelmäßige Einkommensverbesserung bringen würde, gewährte sie ohne öffentliche Ausschreibung des Projektes Kredite. Inzwischen hat PLN bekanntlich die erzwungenen Verträge mit der PT Paiton Energy für ungültig erklärt, das Kraftwerk steht still, und die Banken warten auf ihr Geld.

Kredite der Deutschen Bank und der Dresdner Bank für den Kohletagebau der PT Kaltim Prima Coal in unmittelbarer Nähe des Kutai-Nationalparks in Ost-Kalimantan (die Autorin formuliert hintersinnig: "Kohle für Kohle"), haben mit dazu beigetragen, dass der Regenwald großflächig gerodet wurde und Flora und Fauna des Nationalparks gefährdet werden. Der Fluss Sangatta ist mit Säuren verseucht, Fischfang ist unmöglich und die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung ist gefährdet. Die PT Kaltim Prima Coal und unsere Banken sind verantwortlich für die Enteignung und Vertreibung der indigenen Anwohner.

Die Banken finanzieren in Sumatra die Schwefeloxid- und Chloremissionen der Papier- und Zellstoffproduktion von PT TEL, die als hochtoxische Produkte die Luft und die Gewässer belasten und die Gesundheit der Bevölkerung gefährden. Auch für den Bau dieser Anlage wurden wieder Menschen enteignet und Wälder abgeholzt. Die Proteste gegen die Zellstoffproduktion sind seit langem bekannt, doch hielten sie die Banken nicht von einer Kreditvergabe ab, denn, laut Project Finance International, bei den Banken "weckt dies keine größeren Sorgen; sie gehen davon aus, dass die Abfederung von Marktrisiken von größerer Bedeutung sei".

Auch zur Umweltzerstörung und den tragischen Menschenrechtsverletzungen in West-Papua durch PT Freeport Indonesia trägt die Deutsche Bank "ihr Scherflein bei": sie ist an der Finanzierung der Kupferschmelze in Gresik bei Surabaya beteiligt, in der das vom Grasberg in West-Papua stammende Kupfererz verarbeitet wird. Die Grasberg Gold- und Kupfermine "gilt als Symbol der Zerstörung des lokalen Ökosystems und der Verletzung von Menschenrechten", schreibt die Autorin. Es wäre hinzuzufügen: sowie für die profitable Kooperation der internationalen Finanzwelt mit Militärregimes. Traditionelle Landrechte der Amungme wurden missachtet, die Bewohner misshandelt, manche getötet. Vergifteter Abraum und verseuchte Flüsse sind nun der Lebensraum der Überlebenden. Das Beispiel der Kupferschmelze in Gresik wäre geeignet zu zeigen, wie Gelder aus Deutschland nicht nur für Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen ausgegeben werden, sondern wie sie zur Manifestierung und Etablierung einer gewalttätigen Herrschaft gedient haben, an deren Folgen jetzt ganz Indonesien leidet.

Die Studie zeigt Ansatzmöglichkeiten auf, um zu verhindern, dass in Zukunft Kredite für Projekte vergeben werden, die die Existenz- und Lebensgrundlagen der Bevölkerung bedrohen. Die Autorin plädiert dafür, auf Banken in vielfältiger Weise einzuwirken. Ein Glossar und umfangreiche Anmerkungen vervollständigen die Studie.

Deutsche Großbanken entwicklungspolitisch in der Kreide? - Entwicklungsverträglichkeit deutscher Bankengeschäfte am Beispiel Brasiliens und Indonesiens, Südwind Texte 12, für DM 15,- zzgl. Versandkosten zu beziehen bei:

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