Indonesien-Information Nr. 3 2000 (Aceh)

Presseerklärung

Internationale Menschenrechts-NRO Delegation besucht Aceh

Jakarta, 28. September 2000

"Menschenrechtler und humanitäre Helfer sind, im Hinblick auf die kürzlich verübten Morde auf angesehene acehnesische Persönlichkeiten wie den Anwalt Jafar Siddiq und Prof. Safwan Idris, stark eingeschüchtert und fühlen sich außerordentlich bedroht in iher Arbeit", berichtet der Direktor des Islamischen Friedensforums in Kuala Lumpur, Dr. Karim Crow. Dr. Crow nahm an einer ad hoc Delegation internationaler Menschenrechts-NROs nach Aceh teil. Die Delegation von Repräsentanten von Menschenrechtsorganisationen aus vier Ländern, besuchte Aceh in der Zeit vom 19. September bis zum 26. September 2000.

Ein Menschenrechtsaktivist sagte der Delegation in Banda Aceh, dass "es absolut unmöglich ist neutral zu bleiben in Aceh, da jeder abhängig wird von entweder der einen oder anderen Konfliktpartei". Die gewalttätigen Auseinandersetzungen polarisieren zunehmend das politische Klima und lassen der Zivilgesellschaft wenig Raum. Angesichts dieser Umstände stehen Menschenrechtsorganisationen, humanitäre Helfer und Tausende von IDPs (internally displaced persons) vor extremen Schwierigkeiten nicht selber in den Konflikt hineingezogen zu werden.

Die am 2. Juni begonnene Humanitäre Pause hat die Sicherheitslage für Menschenrechtsaktivisten bislang nicht verbessert. Zwei internationale Hilfsorganisationen mussten ihre Arbeit in Aceh abbrechen, da sie die Sicherheit ihrer Mitarbeiter nicht mehr garantieren konnten. Dennoch ist die Humanitäre Pause positiv zu bewerten in einem Kontext der wenig andere Alternativen anbietet.

Michael Beer, Teilnehmer an der Delegation und Direktor von Nonviolance International (USA) sagt: "Wir sind sehr erfreut, dass die Humanitäre Pause verlängert worden ist, da dies der erste wichtige Schritt zu einer gerechten und friedlichen Lösung in Aceh ist. Trotzdem beobachteten wir auch die tiefe Enttäuschung der Acehnesen, da die Humanitäre Pause ihre Sicherheit nicht gefördert hat. Ohne die dringend benötigte internationale Finanzhilfe konnte das Ziel, die humanitäre Lage zu verbessern auch nicht ansatzweise erreicht werden."

Die mangelnde Professionalität seitens der Polizei im Umgang mit Menschenrechtsverstößen und die fehlende Anwendung von Recht und Gesetz sind ursächlich für die sich stetig verschlechternde Situation in Aceh. Die Gewalttäter sind bisher nicht gestoppt worden, und die Zahl der Opfer von Menschenrechtsverletzungen ist steigend. Um zu verhindern, dass noch weitere Personen, insbesondere innerhalb der Zivilgesellschaft, zu Opfern solcher Verbrechen werden, muss die Polizei die ihr zur Verfügung stehenden Mittel und Instrumente voll ausschöpfen. "Im Fall von Jafar Siddiq muss die Polizei besonders sorgfältig und gewissenhaft arbeiten, da er internationale Aufmerksamkeit erregt hat und das Ergebnis ein Zeichen dafür ist, wie erfolgreich die Polizei gegen Kriminalität in diesem Land vorgeht", sagte A.H. Semendawai, S.H., Koordinator der indonesischen Menschenrechtsorganisation ELSAM

"Ich bin überzeugt, dass es der größte Wunsch der Bevölkerung von Aceh ist, ein normales Leben in Frieden und Gerechtigkeit führen zu können," sagt Alex Flor von Watch Indonesia! (Deutschland).

Als Ergebnis ihrer Mission empfehlen die Teilnehmer der Internationalen Menschenrechts-NRO Delegation folgende Punkte:

· Die indonesische Regierung soll die Sicherheit der humanitären Helfer garantieren.

· Die indonesische Regierung soll den internationalen Organisationen ermöglichen humanitäre Hilfe zu leisten.

· Die Polizei der Republik Indonesien muss Recht und Gesetz befolgen und die Unersetzlichkeit von Recht und Gesetz im Umgang mit Menschenrechtsverletzungen respektieren.

· Menschenrechts-NROs, humanitäre Helfer und IDPs in Aceh sollen Neutralität gegenüber den Konfliktparteien wahren.

· Während der Humanitären Pause soll die internationale Gemeinschaft dem acehnesischen Volk humanitäre und finanzielle Hilfe zur Verfügung stellen, so dass die Not der Bevölkerung Acehs, die durch die anhaltende wirtschaftliche Krise noch verschärft wird, erleichtert werden kann.

Die Delegation bestand aus Dr. Karim Crow, Direktor des Islamischen Friedensforums in Kuala Lumpur (Malaysia), Michael Beer, Direktor von Nonviolance International (USA), Alex Flor, Watch Indonesia! (Deutschland) und A.H. Semendawai, Koordinator von ELSAM (Indonesien). Aufgabe der Delegation war es, der Familie und Freunden unseres sehr geschätzten Freundes und Kollegen Jafar Siddiq Hamzah, unser Beileid auszudrücken. Weiterhin beobachtete die Delegation die gegenwärtige Situation in Aceh und sprach das Thema Menschenrechtsverletzungen in Aceh an. Sie versuchte größere internationale Aufmerksamkeit auf den Mord an Jafar zu und die Notwendigkeit einer gründlichen und transparenten Aufklärung lenken. Auch die Morde an den vier Personen, die am 3. September zusammen mit seiner Leiche gefunden worden waren, sowie das Schicksal von Hunderten, im vergangenen Jahr in Aceh verschwundener und getöteter Personen müssen untersucht werden. Die Delegation hofft auf diese Weise das Gedenken an Jafar zu ehren und der Gerechtigkeit in Aceh einen Schritt näher zu kommen.
   
 

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