taz, 26.11.1992
Als Osttimor Mitte der siebziger Jahre scheinbar auf die Unabhängigkeit zusteuerte, gehörte Xanana Gusmao nicht zu den bekannten Aktivisten. Seine Qualitäten zeigten sich erst in der kritischen Phase des timoresischen Widerstandes drei Jahre nach der indonesischen Invasion vom Dezember 1975. Die Fretilin und ihr bewaffneter Arm, die Falintil, schienen am Ende. Xanana Gusmao ist es zu verdanken, daß die Annektion nicht so schnell in Vergessenheit geriet. Im Osten der Inselhälfte sammelte der am Wochenende verhaftete Fretilin-Präsident die versprengten Verbände und schuf daraus eine schlagkräftige Truppe.
Dabei war er keinesfalls ein engstirniger Militarist. Bis kurz vor seiner Verhaftung hat er sich in Interviews, die er im Untergrund gab, immer wieder für eine Verhandlungslösung eingesetzt. Darüber hinaus hat er auch die Teile der timoresischen Gesellschaft in den Widerstand integriert, die in den siebziger Jahren nicht unbedingt der linken Fretilin nahestanden. Dieser nationalen Allianz opferte er den Führungsanspruch der Fertilin. Die geschickte und weitsichtige Politik machte ihn vor allem zum Idol der Jugend in den Städten, die unter der indonesischen Besetzung aufgewachsen ist und niemals direkten Kontakt mit der Fretilin aufnehmen konnte.
Seinen größten Erfolg erzielte Xanana Gusmao im Frühjahr 1983, als sich der indonesische Oberkommandierende, Oberst Purwanto, angesichts militärischer Mißerfolge zu Verhandlungen in die von der Fretilin beherrschten Gebiete begab. Ein gleichzeitiger Waffenstillstand ließ die Menschen für kurze Zeit hoffen. Bald jedoch setzten sich die Falken in Jakarta durch und starteten eine neue Offensive. Seit der Zeit war Xanana Gusmao der meistgesuchte Mann im indonesischen Machtbereich.
Mit nur wenigen Getreuen entkam er immer wieder den gigantischen Militäroperationen
mit Tausenden von Soldaten. Bei der Menschenjagd scheute Indonesien nicht
vor psychologischer Kriegführung zurück. So warfen Soldaten aus
Hubschraubern einmal Flugblätter über einem Gebiet ab, in dem
sie Xanana Gusmao vermuteten. Die Blätter enthielten einen angeblichen
Appell seiner Frau und Kinder, die ihn baten, den Kampf aufzugeben. Jetzt
kann ihn nur noch die internationale Öffentlichkeit schützen.
Klemens Ludwig
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