Indonesien-Information Februar 1993 (Rüstungsexporte)

 

Billige Schiffe aus Deutschland

 

Endlich kauft Indonesien 39 Kriegsschiffe aus der ehemaligen DDR sowie, neuesten Berichten zufolge, auch 3 U-Boote. Der Marineoberbefehlshaber der West-Flotte, Konteradmiral Yusuf Effendi, und ein Vertreter der Bundesregierung haben am 4.1.93 in Peenemünde den Übergabevertrag für die Schiffe unterzeichnet. Der Übergabevertrag sei eine Implementation des Kaufvertrages, dessen Unterzeichnung am 24. November 1992 in Jakarta zwischen dem Bundesverteidigungsminister und dem indonesischen Minister für Forschung und Technologie, BJ. Habibie stattgefunden habe, erklärte der Konteradmiral Yusuf Efendi /Kompas 14.1.93/.

Der Kauf von Kriegsschiffen aus Deutschland hat das indonesische Militär verärgert. Denn da Habibie den Vertrag unterzeichnete, erhält er - und nicht die Generäle - die Kommission von mindestens 3 % des Schiffspreises, heißt es in Informationen aus Jakarta gegenüber Watch Indonesia!.

Die 39 Kriegsschiffe bestünden aus 16 Korvetten, 9 Minensuchbooten und 14 Landungsschiffen, sagte der Informationschef der indonesischen Marine, Oberst zur See Hendrosanjoto. /Tempo 28.11.92/

Zwar stammen die Schiffe aus alten Beständen, sind aber mit 15 Jahren im Durchschnitt noch relativ neu. Ein Großteil der Schiffe vom Typ Korvette wurde 1985 gebaut, einige sind Baujahr 1981. Während die Landungsschiffe Baujahr 1976-79 sind, stammen die Minensuchboote aus den Jahren 1971-1973. /Kompas 14.1.93/

Ursprünglich wollte die indonesische Marine ihre Kriegsschiffe aus der Werft P.T. PAL in Surabaya kaufen. Doch leider, so sagte Admiral Sumartono, kann die Werft P.T. PAL erst Schiffe vom Typ fast patrol boat entwickeln, aber noch keinen Fregattentyp. Deshalb müßten Kriegsschiffe aus dem Ausland eingeführt werden. Dafür brauchte man grünes Licht vom Präsidenten. „Der Präsident gab dem Institut für Technologieentwicklung und - anwendung (BPPT) Anweisung zur Durchführung der Kriegsschiffbeschaffung“, erklärte der Marineoberbefehlshaber, Admiral Sumartono. /Tempo, 7.11.92/

Die Anweisung vom 3. September 1992 wurde dem Chef des BPPT übergeben. Der Präsident beauftragte den Chef des Institutes, B.J. Habibie, der zugleich Vorsitzender des Ausschusses für die Entwicklung der Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie ist, sich nach einer Möglichkeit der Kriegsschiffbeschaffung zu erkundigen. Und B.J. Habibie, Vizedirektor des deutschen Flugzeug- und Rüstungskonzerns Messerschmidt Bölkow Blohm (MBB), besitzt bekanntlich gute Kontakte zu führenden deutschen Persönlichkeiten, einschließlich Bundeskanzler Helmut Kohl, welcher sich sehr für den Verkauf der NVA-Schiffe nach Indonesien engagiert hat. /Tempo, 7.11.92/

Diese Darstellung widerspricht den Beteuerungen der Bundesregierung gegenüber Watch Indonesia!. In seinem Schreiben vom 10.8.92 schrieb der Auswärtige Ausschuß des Deutschen Bundestages: „Zu Ihrer Forderung nach Einstellung von Militärhilfe an Indonesien hat die Bundesregierung mitgeteilt, daß eine solche von der Bundesrepublik Deutschland nicht geleistet werde“. Aber „der Abgabe der Schiffe wurde daher nur mit Auflagen zugestimmt“, hieß es in einem Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 18.1.93 an Watch Indonesia!. „Die indonesische Regierung verpflichtete sich vertraglich, die teilweise demilitarisierten Schiffe ausschließlich für Zwecke des Küstenschutzes, der Seewegsicherung sowie der Bekämpfung des Schmuggels, insbesondere des Drogenschmuggels, zu nutzen“.

Die Verhandlungen sollen sich über ein Jahr lang hingezogen haben und wären beinahe geplatzt wegen des Massakers in Dill am 12. November 1991. Aber es ist gelungen, die deutsche Regierung zu überzeugen, daß die Kriegsschiffe nur zu Überwachungszwecken der sehr ausgedehnten indonesischen Küsten gedacht seien. Dies bedeutet zugleich eine Hilfestellung für die Stabilität in Sudostasien - es wird damit also ein günstiges Klima für Investitionen in dieser Region geschaffen, gerade auch für deutsches Kapital. Erst im März dieses Jahres hat die Bundesregierung grünes Licht signalisiert: Indonesien erhält die 39 Schiffe zu einem sehr „billigen“ Preis von 1 Milliarde Rupiah pro Schiff, umgerechnet ungefähr eine dreiviertel Mio DM /Tempo, 7.11.92/. Für Waffenlieferungen in Länder des ASEAN-Paktes gelten dieselben Richtlinien wie innerhalb der NATO, es gibt keinerlei Beschränkungen. Ungeachtet der völkerrechtswidrigen gewaltsamen Besetzung Ost-Timors durch Indonesien gilt die Region offiziell nicht als Krisengebiet. Als der Waffendeal im August letzten Jahres bekannt wurde, gab es kaum Proteste. Nach den heftigen Diskussionen um Rüstungsexporte in die Türkei und nach Taiwan, hat nun zumindest die SPD ihre Einwände am NVA-lndonesien-Deal geäußert, s. taz vom 4.2.1993.

Die Demilitarisierung der Schiffe wird in Indonesien mit folgenden Argumenten begründet: „Vor ihrer Überführung nach Indonesien werden die Schiffe in Deutschland modifiziert. Sie sollen später nicht nur an das indonesische Klima, sondern auch an die Bedürfnisse der indonesischen Flotte angepaßt werden“ /Kompas 14.1.93/. In Deutschland selbst wird gelogen, daß sich die Balken biegen. Vertreter der Peenewerft erklärten gegenüber der Presse, die Schiffe würden „abgerüstet“, um sie in die Handelsflotte Indonesiens einzugliedern, s. Berliner Zeitung vom 23.12.1992. Man darf gespannt sein, welche Waren wohl demnächst in Indonesien per U-Boot transportiert werden.

Vor der Ankunft der Schiffe wurde eine indonesische Marinedelegation bislang bereits dreimal nach Deutschland geschickt, um den Zustand der Schiffe zu inspizieren /Tempo, 7.11. 92/. Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Indonesien und der Bundesrepublik sei nötig, um einige Prozesse zu erleichtern, erklärte der Konteradmiral Yusuf Effendi. „Dazu gehört der schnelle Modifikationsprozeß in der Peenewerft GmbH und die Schulungsmöglichkeiten für die indonesische Marine in Neustadt vor der Überführung der Schiffe“, sagte er /Kompas, 14.1.93/. Nach zuverlässigen Informationen befinden sich zur Zeit 25 indonesische Marineoffiziere in Wolgast.

Zur Zeit besitzt Indonesien 80 Kriegsschiffe. „Im Vergleich zu unserem Bedarf ist diese Anzahl zu gering“, erklärte Admiral Sumartono. Denn nicht alle Kriegsschiffe können täglich eingesetzt werden. Ein Drittel davon wird für Kriegsübungen benutzt, ein Drittel steht in der Reparatur und nur die restlichen 20 bis 25 Schiffe sind einsatzbereit, um die indonesischen Küstengewässer zu überwachen. Von diesen 20-25 Schiffen nehmen aber nicht alle diese Aufgabe wahr, denn ein Teil bleibt im Hafen des jeweiligen Operationsgebietes. Es sind daher nur 10 bis 15 Kriegsschiffe, die effektiv auf See auslaufen. Dies sei zuwenig für die weit ausgedehnten indonesischen Gewässer.

Informationen zufolge beabsichtigt die indonesische Marine Kriegsschiffe aus westeuropäischen Ländern zu kaufen. Wozu und wieviel braucht Indonesien tatsächlich? „Für so was gibt es Theorien und es kostet zuviel Zeit, wenn ich sie erklären soll. Kurz und bündig ist es so: diese Schiffe werden für zwei Zwecke gebraucht, nämlich für die Kriegsführung und für die Sicherheitsüberwachung“, erklärte Admiral Arifin. Indonesien brauchte mindestens 76 Patrouillenboote vom Typ fast patrol boat und mehr als 17 Kriegsschiffe vom Typ Fregatte wie die aus Deutschland. /Tempo, 7.11.92/

„Die Kriegsschiffe aus NVA-Beständen werden später in unseren westlichen und östlichen Gewässern eingesetzt“, erklärte der Marineinformationschef des westlichen Territoriums, Oberstleutnant zur See Soenarto Wibowo. Von den 39 Schiffen „wird die West-Flotte voraussichtlich 19 Schiffe erhalten“ /Kompas 14-.1.93/.

Zweifellos brauchen die West- und Ost-Flanke Verstärkung: Im Westen, um die Flucht von Acehnesen nach Malaysia zu verhindern, und im Osten, um sie gegen die Ost-Timoresen einzusetzen. Die Korvetten beispielsweise sind dazu geeignet. Laut Kompas besitzen sie 57 mm-Kanonen, 82 mm-‚Shaft’-Raketen, Abschußrampen für Torpedos sowie Seeminen,

Solche Waffen sind nach Ansicht der Bundesregierung geeignet, „um die fortschrittlichen Kräfte innerhalb der Indonesischen Regierung zu stützen“, wie es in dem Schreiben an Watch Indonesia! vom 10.8.92 heißt. <>
 

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