Daß es eine 'westliche' Demokratie gibt, ist ein Mythos der Suharto-Regierung, schreibt Adnan Buyung Nasution, einer der bekanntesten Oppositionellen, in seiner Dissertation "The Aspiration for constitutional Government in Indonesia, a socio-legal study of the Indonesian Konstituante 1956-1959", die er Anfang November an der Universität Utrecht (Niederlande) verteidigte. Die Neue Ordnung versuche immer, eine Unterscheidung zwischen der westlichen und der indonesischen Demokratie zu machen. Das muß sie auch, denn schließlich kennt die westliche Demokratie offen ausgetragene Konflikte, die von der indonesischen Regierung verdammt werden. Als Alternative bietet Suharto die indonesische Demokratie, als eine nach den Harmonieprinzipien geregelte konfliktfreie Demokratie. Durch die von der Regierung propagierte Ideologie rechtfertigt Suharto die Übermacht des Staates gegenüber den Bürgern ebenso, wie die zentralistische Macht des Präsidenten über den Staat.
Rückschritt für die Demokratie
Adnan Buyung Nasution präsentierte seine Studie über den Versuch des Parlaments in den Jahren 1956 bis 1959 die Grundlagen eines konstitutionellen Staates zu formulieren, nach denen der Staat kontrolliert und seine Macht begrenzt werden sollte. Nach Buyung Nasutions Ansicht hatte es der aus den vorhergegangenen Wahlen von 1956 gebildete Parlamentsausschuß, Badan Konstituante, bis 1959 geschafft, wichtige Rechtsfragen z.B. bezüglich der Menschenrechte zu formulieren wie es eine Demokratie verlangt. Doch die Arbeit wurde ignoriert, nachdem Sukarno und das Militär die Macht an sich gezogen hatten. Die Gelenkte Demokratie von Sukarno bedeutete am Ende nichts anderes, als die Stärkung des staatlichen Machtmonopoles. Die Hoffnung auf Demokratie in der Neuen Ordnung von Suharto müsse ebenfalls begraben werden, da die Neue Ordnung nur die Fortsetzung der Gelenkten Demokratie sei. Denn laut Buyung Nasution greifen sowohl die alte, als auch die Neue Ordnung, auf die Verfassung von 1945 zurück, nach der die Macht sich auf den Präsidenten konzentrierte und die Menschenrechte nicht eindeutig formuliert wurden - im Gegensatz zur Verfassung von 1950, in der u.a. die Menschenrechte ähnlich der UNO-Charta klar festgelegt waren.
Suharto schuld an Massaker
„Unter Suharto ist niemand sicher vor dessen Zorn“, schreibt daher Buyung
Nasution. Die Verantwortung für das Massaker von 1965, wo schätzungsweise
bis zu einer Million Menschen umgebracht wurden, liege allein bei Suharto,
ebenso wie die ohne Gerichtsurteil erfolgte Ermordung sogenannter Krimineller
1983. Diese Schlußfolgerung Buyung Nasutions war die Überraschung
seiner Dissertation. Buyung Nasution war Staatsanwalt unter Sukarno, wurde
aber auch selbst vom Staat verfolgt. Er gehörte neben Suharto zu den
führenden Persönlichkeiten, die die Neue Ordnung begründeten
und war bekannt für seine anti-kommunistische Haltung. Zu Beginn der
Ära der Neuen Ordnung war er Parlamentsmitglied. Buyung Nasution gehörte
zu den ersten, die sich gegen Ende der 60er Jahre offen gegen General Suhartos
Nominierung zum Präsidentenamt stellten. Er gehörte zu den Begründern
der nicht-staatlichen Rechtshilfeorganisation Lembaga Bantuan Hukum (LBH),
heute eine der bekanntesten NGOs in Indonesien. Buyung Nasution organisierte
eine Bewegung von unten. Durch seinen offenen - für Bataker üblichen
- Widerstand gegenüber dem immer auf Harmonie bedachten javanischen
Präsidenten Suharto bekam er zunehmend Schwierigkeiten. Die Übernahme
der Verteidigung des bekannten Dissidenten General Dharsono, ehemaliger
Generalsekretär des ASEAN, bedeutete für ihn zugleich den Entzug
seiner Lizenz als Anwalt. Da er sich nun für eine Weile nicht mehr
als Rechtsanwalt betätigen durfte, lebte er in den 80er Jahren in
Holland und blieb dort bis zum Abschluß seiner Dissertation im November
1992. Adnan Buyung Nasution ist ein Liberaler. Die Liste der Personen,
für deren Hilfe er sich in seiner Dissertation, umfaßt Leute
von links bis rechts. Er hört sich ihre Meinung an und diskutiert
ohne Scheu sowohl mit Kommunisten, die im Exil leben, als auch mit den
Rechtsextremisten aus dem islamischen Lager. Gegenüber Watch Indonesia!
erzählte er, daß das Leben im Westen nützlich gewesen sei.
Als Indonesier spüre man mit Leib und Seele wie man auch mal beschimpft
wird - eine Erfahrung, die er als Angehöriger der oberen Klasse zuvor
nie erlebt hatte. Diese Beschimpfungen seien positiv, da man durch sie
doch merke, daß alle Menschen gleich sind. Beeindruckt zeigte sich
Buyung Nasution auch vom europäischen Rechtswesen. Eine unabhängige
Justiz entscheide über die Rechte der Menschen. Aus diesem Grund auch
verlangt Buyung Nasution in seiner Dissertation, daß die Indonesier
die Arbeit der Badan Konstituante fortsetzen mögen, damit in Indonesien
die Demokratie errichtet werden kann. Sein Buch ist deshalb „for the people
of Indonesia, and to all those who strive for democracy“ gewidmet. Er vergißt
dabei nicht die Machtkonstellation in Indonesien: er schlägt vor,
daß das Militär partizipieren möge. <>
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